a. 1730 schon Schweden mit der Gründung einer kameralistischen Professur auf der deutschen Universität Rinteln, und a. 1741 mit der Professur der Haushaltungskunst und Handelskunst auf der schwedischen Universität zu Upsala. Im Jahre 1742 gab es schon einen Professor des Kameralwesens in Leipzig und a. 1745 einen am Carolinum in Braunschweig. Im J. 1751 wurden Professuren des Kameralwesens in Oxford in England, in Abo und Lund errichtet. In Wien am Collegium Theresianum war schon a. 1752 eine solche. Es folgten a. 1760 eine kameralistische Professur auf der Universität Bützow in Meklenburg, und a. 1761 hatte Göttingen schon einen berühmten Lehrstuhl des Kameralfachs, nachdem schon vor 1755 daselbst Lehrer desselben angestellt gewesen waren. Im J. 1764 ward die neue Professur der Oeconomie und Kameralwissenschaften besetzt, und a. 1768 in Wittenberg eine solche errichtet. In Jena war schon vor 1770 über Kameralwis- senschaften gelesen worden, aber in diesem Jahre ward eine Pro- fessur dieses Faches daselbst bestellt. Im Jahre 1774 ward die Kameralschule in Kaiserslautern errichtet, im Jahre 1777 zu Gießen aber eine fünfte oder ökonomische Fakultät1). Das J. 1782 brachte auch der Akademie in Stuttgart eine ökonomi- sche Sektion2). Bei der Reform der Universität zu Mainza. 1784 trat auch eine kameralistische Facultät ins Leben3). Die Kameral- schule von Kaiserslautern ward aber mit der Universität Hei- delberg vereinigt, und wurde bei der späteren Reform der Uni- versität unter Carl Friedrich eine kameralistische Sektion der philosophischen Facultät4). Im J. 1789 trat das kameralistische Institut zu Marburg ins Leben5). Gleichzeitig ist auch die Entstehung der kameralistischen Abtheilungen in Tübingen und Würzburg. Es geschah also auf diese Weise, so wie durch Un- terstützung mit vielen materiellen Mitteln in dieser Periode von Deutschland allenthalben sehr viel für Verbreitung des Kameral- studiums. Auch wurde von den Regirungen auf das Studium dieses Faches vielfach ausdrücklich gedrungen6). Allein die Neu- heit des Gegenstandes, die Mängel der Wissenschaft in jener Dar- stellung, der Widerspruch zwischen ihr und der Praxis, das Ueber- gewicht der Juristen im Staatsdienste, und die alte Gewohnheit, daß sich die Kameralbeamten, anstatt allgemein wissenschaftlich, blos speziell in der Praxis bildeten, verhinderten eine Selbststän- digkeit der Kameralwissenschaft, und sie ward nicht einmal als nöthig oder besonders nützlich für den Staatsdienst überhaupt erachtet.
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a. 1730 ſchon Schweden mit der Gründung einer kameraliſtiſchen Profeſſur auf der deutſchen Univerſität Rinteln, und a. 1741 mit der Profeſſur der Haushaltungskunſt und Handelskunſt auf der ſchwediſchen Univerſität zu Upſala. Im Jahre 1742 gab es ſchon einen Profeſſor des Kameralweſens in Leipzig und a. 1745 einen am Carolinum in Braunſchweig. Im J. 1751 wurden Profeſſuren des Kameralweſens in Oxford in England, in Abo und Lund errichtet. In Wien am Collegium Theresianum war ſchon a. 1752 eine ſolche. Es folgten a. 1760 eine kameraliſtiſche Profeſſur auf der Univerſität Bützow in Meklenburg, und a. 1761 hatte Göttingen ſchon einen berühmten Lehrſtuhl des Kameralfachs, nachdem ſchon vor 1755 daſelbſt Lehrer deſſelben angeſtellt geweſen waren. Im J. 1764 ward die neue Profeſſur der Oeconomie und Kameralwiſſenſchaften beſetzt, und a. 1768 in Wittenberg eine ſolche errichtet. In Jena war ſchon vor 1770 über Kameralwiſ- ſenſchaften geleſen worden, aber in dieſem Jahre ward eine Pro- feſſur dieſes Faches daſelbſt beſtellt. Im Jahre 1774 ward die Kameralſchule in Kaiſerslautern errichtet, im Jahre 1777 zu Gießen aber eine fünfte oder ökonomiſche Fakultät1). Das J. 1782 brachte auch der Akademie in Stuttgart eine ökonomi- ſche Sektion2). Bei der Reform der Univerſität zu Mainza. 1784 trat auch eine kameraliſtiſche Facultät ins Leben3). Die Kameral- ſchule von Kaiſerslautern ward aber mit der Univerſität Hei- delberg vereinigt, und wurde bei der ſpäteren Reform der Uni- verſität unter Carl Friedrich eine kameraliſtiſche Sektion der philoſophiſchen Facultät4). Im J. 1789 trat das kameraliſtiſche Inſtitut zu Marburg ins Leben5). Gleichzeitig iſt auch die Entſtehung der kameraliſtiſchen Abtheilungen in Tübingen und Würzburg. Es geſchah alſo auf dieſe Weiſe, ſo wie durch Un- terſtützung mit vielen materiellen Mitteln in dieſer Periode von Deutſchland allenthalben ſehr viel für Verbreitung des Kameral- ſtudiums. Auch wurde von den Regirungen auf das Studium dieſes Faches vielfach ausdrücklich gedrungen6). Allein die Neu- heit des Gegenſtandes, die Mängel der Wiſſenſchaft in jener Dar- ſtellung, der Widerſpruch zwiſchen ihr und der Praxis, das Ueber- gewicht der Juriſten im Staatsdienſte, und die alte Gewohnheit, daß ſich die Kameralbeamten, anſtatt allgemein wiſſenſchaftlich, blos ſpeziell in der Praxis bildeten, verhinderten eine Selbſtſtän- digkeit der Kameralwiſſenſchaft, und ſie ward nicht einmal als nöthig oder beſonders nützlich für den Staatsdienſt überhaupt erachtet.
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a. 1730 ſchon Schweden mit der Gründung einer kameraliſtiſchen
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mit der Profeſſur der Haushaltungskunſt und Handelskunſt auf der
ſchwediſchen Univerſität zu Upſala. Im Jahre 1742 gab es ſchon
einen Profeſſor des Kameralweſens in Leipzig und a. 1745 einen
am Carolinum in Braunſchweig. Im J. 1751 wurden Profeſſuren
des Kameralweſens in Oxford in England, in Abo und Lund
errichtet. In Wien am Collegium Theresianum war ſchon a.
1752 eine ſolche. Es folgten a. 1760 eine kameraliſtiſche Profeſſur
auf der Univerſität Bützow in Meklenburg, und a. 1761 hatte
Göttingen ſchon einen berühmten Lehrſtuhl des Kameralfachs,
nachdem ſchon vor 1755 daſelbſt Lehrer deſſelben angeſtellt geweſen
waren. Im J. 1764 ward die neue Profeſſur der Oeconomie und
Kameralwiſſenſchaften beſetzt, und a. 1768 in Wittenberg eine
ſolche errichtet. In Jena war ſchon vor 1770 über Kameralwiſ-
ſenſchaften geleſen worden, aber in dieſem Jahre ward eine Pro-
feſſur dieſes Faches daſelbſt beſtellt. Im Jahre 1774 ward die
Kameralſchule in Kaiſerslautern errichtet, im Jahre 1777 zu
Gießen aber eine fünfte oder ökonomiſche Fakultät1). Das
J. 1782 brachte auch der Akademie in Stuttgart eine ökonomi-
ſche Sektion2). Bei der Reform der Univerſität zu Mainz a. 1784
trat auch eine kameraliſtiſche Facultät ins Leben3). Die Kameral-
ſchule von Kaiſerslautern ward aber mit der Univerſität Hei-
delberg vereinigt, und wurde bei der ſpäteren Reform der Uni-
verſität unter Carl Friedrich eine kameraliſtiſche Sektion der
philoſophiſchen Facultät4). Im J. 1789 trat das kameraliſtiſche
Inſtitut zu Marburg ins Leben5). Gleichzeitig iſt auch die
Entſtehung der kameraliſtiſchen Abtheilungen in Tübingen und
Würzburg. Es geſchah alſo auf dieſe Weiſe, ſo wie durch Un-
terſtützung mit vielen materiellen Mitteln in dieſer Periode von
Deutſchland allenthalben ſehr viel für Verbreitung des Kameral-
ſtudiums. Auch wurde von den Regirungen auf das Studium
dieſes Faches vielfach ausdrücklich gedrungen6). Allein die Neu-
heit des Gegenſtandes, die Mängel der Wiſſenſchaft in jener Dar-
ſtellung, der Widerſpruch zwiſchen ihr und der Praxis, das Ueber-
gewicht der Juriſten im Staatsdienſte, und die alte Gewohnheit,
daß ſich die Kameralbeamten, anſtatt allgemein wiſſenſchaftlich,
blos ſpeziell in der Praxis bildeten, verhinderten eine Selbſtſtän-
digkeit der Kameralwiſſenſchaft, und ſie ward nicht einmal als
nöthig oder beſonders nützlich für den Staatsdienſt überhaupt
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/57>, abgerufen am 16.02.2025.
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