Die Dienstgewerbsteuer endlich trifft das am mühesamsten errungene, und, was die Ersparnisse zur Sicherung der Dienstlei- stenden in Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, sowie der Familie nach dem Tode desselben anbelangt, unsicherste reine Einkommen. Es ist daher höchst fehlerhaft, daß man die dienstleistende Klasse mit den eigentlichen Unternehmern in gleiches Steuerverhältniß setzt. Hierzu steuerpflichtig erscheinen alle Dienstleistende vom gemeinsten Arbeiter bis zum höchsten Künstler, Gelehrten und Staatsbeamten, unter der Voraussetzung, daß nach Abzug des standesmäßigen Le- bensunterhaltes für den Diener und seine Familie nach Durch- schnittssätzen noch ein reines Einkommen übrig bleibt. Man hat aber noch näher die Privat- und die Staatsdienstleistenden zu unterscheiden. Die Besteuerung der Ersteren, oder, wie man sonst sich ausdrückt, des Arbeitslohnes erscheint als gerecht, wenn sie das reine Einkommen trifft1), wenn der richtige, d. h. niedrigste Steuersatz gewählt, und wenn die Umlagsmethode zweck- mäßig ist2). Die Andere oder Besoldungssteuer3) darf mit jener dem Grundsatze nach nicht verwechselt werden, denn das rechtliche Verhältniß der Staatsdiener zum Staate, zugleich als Gesetzgeber und Dienstherrn, ist ein ganz anderes, als jenes zwi- schen dem Arbeiter und Lohnherrn4), die Anstellungen und Ver- setzungen der Staatsdiener gehen nach andern Gesetzen und Rück- sichten als nach freier Concurrenz vor sich und die Fixirung und Auszahlung der Besoldungen geschieht mit möglichster Anpassung an die standesmäßigen Bedürfnisse der Staatsdiener, so daß die po- litische oder finanzielle Frage nur diejenige ist, ob die Besol- dung der Staatsdiener hoch genug ist, um einen steuerbaren rei- nen Ueberschuß über jene möglich zu machen, und ob es nicht bes- ser sei, die Umlags- und Erhebungskosten einer solchen Abgabe zu ersparen, indem man die Besoldungen so hoch stellt, daß eine Steuer nicht mehr erhoben werden kann. Während also jeder Staats- diener mit seinem als Staatsbürger bezogenen Einkommen und für seine Genüsse wie jedes andere Staatsglied steuerpflichtig ist, so wird die Besteuerung ihrer Besoldung stets aus demselben Ge- sichtspunkte zu betrachten und unnöthig sein, wie die Besteuerung der Staatskasse, sie muß aber um so mehr als ungerecht erschei- nen, als der Staat seinem Beamten die Belohnung, welche er als Gesetzgeber und contrahirender Dienstherr denselben unter der Be- dingung zugesagt hat, daß sie seinem Dienste ihre Kräfte aus-
§. 495. Fortſetzung. e)Dienſtgewerbſteuer.
Die Dienſtgewerbſteuer endlich trifft das am müheſamſten errungene, und, was die Erſparniſſe zur Sicherung der Dienſtlei- ſtenden in Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, ſowie der Familie nach dem Tode deſſelben anbelangt, unſicherſte reine Einkommen. Es iſt daher höchſt fehlerhaft, daß man die dienſtleiſtende Klaſſe mit den eigentlichen Unternehmern in gleiches Steuerverhältniß ſetzt. Hierzu ſteuerpflichtig erſcheinen alle Dienſtleiſtende vom gemeinſten Arbeiter bis zum höchſten Künſtler, Gelehrten und Staatsbeamten, unter der Vorausſetzung, daß nach Abzug des ſtandesmäßigen Le- bensunterhaltes für den Diener und ſeine Familie nach Durch- ſchnittsſätzen noch ein reines Einkommen übrig bleibt. Man hat aber noch näher die Privat- und die Staatsdienſtleiſtenden zu unterſcheiden. Die Beſteuerung der Erſteren, oder, wie man ſonſt ſich ausdrückt, des Arbeitslohnes erſcheint als gerecht, wenn ſie das reine Einkommen trifft1), wenn der richtige, d. h. niedrigſte Steuerſatz gewählt, und wenn die Umlagsmethode zweck- mäßig iſt2). Die Andere oder Beſoldungsſteuer3) darf mit jener dem Grundſatze nach nicht verwechſelt werden, denn das rechtliche Verhältniß der Staatsdiener zum Staate, zugleich als Geſetzgeber und Dienſtherrn, iſt ein ganz anderes, als jenes zwi- ſchen dem Arbeiter und Lohnherrn4), die Anſtellungen und Ver- ſetzungen der Staatsdiener gehen nach andern Geſetzen und Rück- ſichten als nach freier Concurrenz vor ſich und die Fixirung und Auszahlung der Beſoldungen geſchieht mit möglichſter Anpaſſung an die ſtandesmäßigen Bedürfniſſe der Staatsdiener, ſo daß die po- litiſche oder finanzielle Frage nur diejenige iſt, ob die Beſol- dung der Staatsdiener hoch genug iſt, um einen ſteuerbaren rei- nen Ueberſchuß über jene möglich zu machen, und ob es nicht beſ- ſer ſei, die Umlags- und Erhebungskoſten einer ſolchen Abgabe zu erſparen, indem man die Beſoldungen ſo hoch ſtellt, daß eine Steuer nicht mehr erhoben werden kann. Während alſo jeder Staats- diener mit ſeinem als Staatsbürger bezogenen Einkommen und für ſeine Genüſſe wie jedes andere Staatsglied ſteuerpflichtig iſt, ſo wird die Beſteuerung ihrer Beſoldung ſtets aus demſelben Ge- ſichtspunkte zu betrachten und unnöthig ſein, wie die Beſteuerung der Staatskaſſe, ſie muß aber um ſo mehr als ungerecht erſchei- nen, als der Staat ſeinem Beamten die Belohnung, welche er als Geſetzgeber und contrahirender Dienſtherr denſelben unter der Be- dingung zugeſagt hat, daß ſie ſeinem Dienſte ihre Kräfte aus-
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§. 495.
Fortſetzung. e) Dienſtgewerbſteuer.
Die Dienſtgewerbſteuer endlich trifft das am müheſamſten
errungene, und, was die Erſparniſſe zur Sicherung der Dienſtlei-
ſtenden in Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, ſowie der Familie nach
dem Tode deſſelben anbelangt, unſicherſte reine Einkommen. Es
iſt daher höchſt fehlerhaft, daß man die dienſtleiſtende Klaſſe mit
den eigentlichen Unternehmern in gleiches Steuerverhältniß ſetzt.
Hierzu ſteuerpflichtig erſcheinen alle Dienſtleiſtende vom gemeinſten
Arbeiter bis zum höchſten Künſtler, Gelehrten und Staatsbeamten,
unter der Vorausſetzung, daß nach Abzug des ſtandesmäßigen Le-
bensunterhaltes für den Diener und ſeine Familie nach Durch-
ſchnittsſätzen noch ein reines Einkommen übrig bleibt. Man hat
aber noch näher die Privat- und die Staatsdienſtleiſtenden
zu unterſcheiden. Die Beſteuerung der Erſteren, oder, wie man
ſonſt ſich ausdrückt, des Arbeitslohnes erſcheint als gerecht,
wenn ſie das reine Einkommen trifft1), wenn der richtige, d. h.
niedrigſte Steuerſatz gewählt, und wenn die Umlagsmethode zweck-
mäßig iſt2). Die Andere oder Beſoldungsſteuer3) darf mit
jener dem Grundſatze nach nicht verwechſelt werden, denn das
rechtliche Verhältniß der Staatsdiener zum Staate, zugleich als
Geſetzgeber und Dienſtherrn, iſt ein ganz anderes, als jenes zwi-
ſchen dem Arbeiter und Lohnherrn4), die Anſtellungen und Ver-
ſetzungen der Staatsdiener gehen nach andern Geſetzen und Rück-
ſichten als nach freier Concurrenz vor ſich und die Fixirung und
Auszahlung der Beſoldungen geſchieht mit möglichſter Anpaſſung an
die ſtandesmäßigen Bedürfniſſe der Staatsdiener, ſo daß die po-
litiſche oder finanzielle Frage nur diejenige iſt, ob die Beſol-
dung der Staatsdiener hoch genug iſt, um einen ſteuerbaren rei-
nen Ueberſchuß über jene möglich zu machen, und ob es nicht beſ-
ſer ſei, die Umlags- und Erhebungskoſten einer ſolchen Abgabe zu
erſparen, indem man die Beſoldungen ſo hoch ſtellt, daß eine Steuer
nicht mehr erhoben werden kann. Während alſo jeder Staats-
diener mit ſeinem als Staatsbürger bezogenen Einkommen und
für ſeine Genüſſe wie jedes andere Staatsglied ſteuerpflichtig iſt,
ſo wird die Beſteuerung ihrer Beſoldung ſtets aus demſelben Ge-
ſichtspunkte zu betrachten und unnöthig ſein, wie die Beſteuerung
der Staatskaſſe, ſie muß aber um ſo mehr als ungerecht erſchei-
nen, als der Staat ſeinem Beamten die Belohnung, welche er als
Geſetzgeber und contrahirender Dienſtherr denſelben unter der Be-
dingung zugeſagt hat, daß ſie ſeinem Dienſte ihre Kräfte aus-
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 741. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/763>, abgerufen am 25.11.2024.
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