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Bebel, August: Die Sozialdemokratie und das Allgemeine Stimmrecht. Berlin, 1895.

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Jn der Sitzung vom 13. März 1893 erklärte Herr Bachem weiter, daß die
Vorlage, wie sie aus der Kommission vorliege, ein Kompromiß sei, an dem das
Zentrum festhalte. Dieses Kompromiß bestand, wie wir hier wiederholen wollen,
darin, 1. daß die Berechnung der direkten Steuern nach Zwölfteln - wie die
Regierungsvorlage vorschlug - statt nach Dritteln für die einzelnen Wählerklassen
vorgenommen werde, 2. daß die Einkommensteuer nur bis zum Satz von
2000 Mk. in Anrechnung komme, dagegen 3. die nicht entrichtete Grund-, Gebäude-
und Gewerbesteuer in Orten, in welchen direkte Gemeindesteuern nicht erhoben
würden, in Anrechnung gebracht werden sollten, und 4. die Bindung der Drei-
markmänner in die 3. Wählerklasse stattfinde. Wie die Berechnung der Steuer
nach dem Vorschlag der Regierung, 5/12 des Gesammtsteuerbetrages für die 1. Klasse,
4/12 für die 2. Klasse und 3/12 für die 3. Klasse anzurechnen, in der Praxis gewirkt
haben würde, wenn sie Gesetz geworden wäre, ergiebt die Probeberechnung, welche
die Regierung hatte aufmachen lassen und die wir weiter oben mittheilten.

Betreffs des freisinnigen Antrages Rickert und Genossen erklärte Bachem,
daß das Zentrum zwar für den Antrag stimmen, aber nicht für denselben sprechen
werde. Man bereitete ihm ein stilles Begräbniß. Jn Konsequenz dieser Haltung
vertheidigte er dagegen in der Sitzung vom 16. März 1893 die Kommissions-
vorlage mit einem wahren Feuereifer gegen die Angriffe der Freisinnigen und des
nationalliberalen v. Eynern, der namentlich die 2000 Mk. Grenze angriff.

Ein Antrag auf geheime Abstimmung hatte der Zentrumsabgeordnete
Dasbach gestellt, er vertheidigte denselben aber äußerst matt. Als dann dieser
Antrag in der Kommission gefallen war, ereiferte sich das Zentrum im Plenum
nicht mehr für denselben. Einen ganz anderen Ton schlug aber Bachem gegen
die Vorlage an, als das Herrenhaus die beiden dem Zentrum am Herzen liegen-
den Beschlüsse, die Zwölftelung und die 2000 Mk. Grenze, verworfen hatte. Das
war in der Sitzung vom 27. Juni 1893. Jetzt donnerte er:

"Das Wahlgesetz, wie es gegenwärtig in der Form des Herrenhauses vor-
liegt, ist in unseren Augen geradezu eine Vergewaltigung der Mittelstände
(sehr wahr! im Zentrum, Widerspruch rechts) und eine derartige Benachteiligung
des Wahlrechts der unteren Stände (das war die Vorlage auch in der Fassung,
in welcher das Zentrum ihr zustimmen wollte. D. Verf.), daß wir an dieser
Politik nicht betheiligt sein wollen." (Sehr richtig!)

Die Freundschaft zwischen Konservativen und Zentrum war damit wieder
einmal aus. Man regalirte sich gegenseitig mit den schönsten Vorwürfen. Um-
gekehrt waren die Nationalliberalen von der nunmehrigen Gestalt der Vorlage
durch das Herrenhaus befriedigt und gaben derselben ihre Zustimmung, nachdem
sie früher gegen dieselbe gestimmt hatten. Der Abgeordnete Gneist, dem der ver-
storbene Kriegsminister v. Roon bereits 1868 im Norddeutschen Reichstag ins
Gesicht sagte: "er sei der Mann, der Alles beweisen könnte", hatte schon in der
Sitzung vom 13. Januar 1893 eine Rede gehalten, die ein wahrer Panegyrikus
auf das Dreiklassenwahlsystem war und an der Vorlage gerühmt: "Das Beste an
derselben sei ihm der Grundgedanke, wir wollen Alles beim Alten lassen."

Recht offenherzig sprach sich auch der Konservative von Heydebrand und
der Lasa aus, welcher gegen den freisinnigen Antrag ausführte:

"Das gegenwärtige schlechte Wahlsystem ist mir viel lieber, tausendmal
lieber als das, was der Abgeordnete Rickert will.*)

Und bei einer späteren Gelegenheit äußerte er: "Wir wissen, daß der Tag
einmal kommen kann - und wir erleben ihn vielleicht noch -, wo wir in diesem
festen und gesunden Einfluß des Mittelstandes, in dieser soliden Basis einen Damm
haben gegen die umstürzlerischen Massen der im deutschen Reich durch
das allgemeine Wahlrecht entfesselten Gewalt des vierten Standes
.**)

*) Sitzung vom 13. Januar 1893.
**) Sitzung vom 13. März 1893.

Jn der Sitzung vom 13. März 1893 erklärte Herr Bachem weiter, daß die
Vorlage, wie sie aus der Kommission vorliege, ein Kompromiß sei, an dem das
Zentrum festhalte. Dieses Kompromiß bestand, wie wir hier wiederholen wollen,
darin, 1. daß die Berechnung der direkten Steuern nach Zwölfteln – wie die
Regierungsvorlage vorschlug – statt nach Dritteln für die einzelnen Wählerklassen
vorgenommen werde, 2. daß die Einkommensteuer nur bis zum Satz von
2000 Mk. in Anrechnung komme, dagegen 3. die nicht entrichtete Grund-, Gebäude-
und Gewerbesteuer in Orten, in welchen direkte Gemeindesteuern nicht erhoben
würden, in Anrechnung gebracht werden sollten, und 4. die Bindung der Drei-
markmänner in die 3. Wählerklasse stattfinde. Wie die Berechnung der Steuer
nach dem Vorschlag der Regierung, 5/12 des Gesammtsteuerbetrages für die 1. Klasse,
4/12 für die 2. Klasse und 3/12 für die 3. Klasse anzurechnen, in der Praxis gewirkt
haben würde, wenn sie Gesetz geworden wäre, ergiebt die Probeberechnung, welche
die Regierung hatte aufmachen lassen und die wir weiter oben mittheilten.

Betreffs des freisinnigen Antrages Rickert und Genossen erklärte Bachem,
daß das Zentrum zwar für den Antrag stimmen, aber nicht für denselben sprechen
werde. Man bereitete ihm ein stilles Begräbniß. Jn Konsequenz dieser Haltung
vertheidigte er dagegen in der Sitzung vom 16. März 1893 die Kommissions-
vorlage mit einem wahren Feuereifer gegen die Angriffe der Freisinnigen und des
nationalliberalen v. Eynern, der namentlich die 2000 Mk. Grenze angriff.

Ein Antrag auf geheime Abstimmung hatte der Zentrumsabgeordnete
Dasbach gestellt, er vertheidigte denselben aber äußerst matt. Als dann dieser
Antrag in der Kommission gefallen war, ereiferte sich das Zentrum im Plenum
nicht mehr für denselben. Einen ganz anderen Ton schlug aber Bachem gegen
die Vorlage an, als das Herrenhaus die beiden dem Zentrum am Herzen liegen-
den Beschlüsse, die Zwölftelung und die 2000 Mk. Grenze, verworfen hatte. Das
war in der Sitzung vom 27. Juni 1893. Jetzt donnerte er:

„Das Wahlgesetz, wie es gegenwärtig in der Form des Herrenhauses vor-
liegt, ist in unseren Augen geradezu eine Vergewaltigung der Mittelstände
(sehr wahr! im Zentrum, Widerspruch rechts) und eine derartige Benachteiligung
des Wahlrechts der unteren Stände (das war die Vorlage auch in der Fassung,
in welcher das Zentrum ihr zustimmen wollte. D. Verf.), daß wir an dieser
Politik nicht betheiligt sein wollen.“ (Sehr richtig!)

Die Freundschaft zwischen Konservativen und Zentrum war damit wieder
einmal aus. Man regalirte sich gegenseitig mit den schönsten Vorwürfen. Um-
gekehrt waren die Nationalliberalen von der nunmehrigen Gestalt der Vorlage
durch das Herrenhaus befriedigt und gaben derselben ihre Zustimmung, nachdem
sie früher gegen dieselbe gestimmt hatten. Der Abgeordnete Gneist, dem der ver-
storbene Kriegsminister v. Roon bereits 1868 im Norddeutschen Reichstag ins
Gesicht sagte: „er sei der Mann, der Alles beweisen könnte“, hatte schon in der
Sitzung vom 13. Januar 1893 eine Rede gehalten, die ein wahrer Panegyrikus
auf das Dreiklassenwahlsystem war und an der Vorlage gerühmt: „Das Beste an
derselben sei ihm der Grundgedanke, wir wollen Alles beim Alten lassen.“

Recht offenherzig sprach sich auch der Konservative von Heydebrand und
der Lasa aus, welcher gegen den freisinnigen Antrag ausführte:

„Das gegenwärtige schlechte Wahlsystem ist mir viel lieber, tausendmal
lieber als das, was der Abgeordnete Rickert will.*)

Und bei einer späteren Gelegenheit äußerte er: „Wir wissen, daß der Tag
einmal kommen kann – und wir erleben ihn vielleicht noch –, wo wir in diesem
festen und gesunden Einfluß des Mittelstandes, in dieser soliden Basis einen Damm
haben gegen die umstürzlerischen Massen der im deutschen Reich durch
das allgemeine Wahlrecht entfesselten Gewalt des vierten Standes
.**)

*) Sitzung vom 13. Januar 1893.
**) Sitzung vom 13. März 1893.
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[28/0032] Jn der Sitzung vom 13. März 1893 erklärte Herr Bachem weiter, daß die Vorlage, wie sie aus der Kommission vorliege, ein Kompromiß sei, an dem das Zentrum festhalte. Dieses Kompromiß bestand, wie wir hier wiederholen wollen, darin, 1. daß die Berechnung der direkten Steuern nach Zwölfteln – wie die Regierungsvorlage vorschlug – statt nach Dritteln für die einzelnen Wählerklassen vorgenommen werde, 2. daß die Einkommensteuer nur bis zum Satz von 2000 Mk. in Anrechnung komme, dagegen 3. die nicht entrichtete Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer in Orten, in welchen direkte Gemeindesteuern nicht erhoben würden, in Anrechnung gebracht werden sollten, und 4. die Bindung der Drei- markmänner in die 3. Wählerklasse stattfinde. Wie die Berechnung der Steuer nach dem Vorschlag der Regierung, 5/12 des Gesammtsteuerbetrages für die 1. Klasse, 4/12 für die 2. Klasse und 3/12 für die 3. Klasse anzurechnen, in der Praxis gewirkt haben würde, wenn sie Gesetz geworden wäre, ergiebt die Probeberechnung, welche die Regierung hatte aufmachen lassen und die wir weiter oben mittheilten. Betreffs des freisinnigen Antrages Rickert und Genossen erklärte Bachem, daß das Zentrum zwar für den Antrag stimmen, aber nicht für denselben sprechen werde. Man bereitete ihm ein stilles Begräbniß. Jn Konsequenz dieser Haltung vertheidigte er dagegen in der Sitzung vom 16. März 1893 die Kommissions- vorlage mit einem wahren Feuereifer gegen die Angriffe der Freisinnigen und des nationalliberalen v. Eynern, der namentlich die 2000 Mk. Grenze angriff. Ein Antrag auf geheime Abstimmung hatte der Zentrumsabgeordnete Dasbach gestellt, er vertheidigte denselben aber äußerst matt. Als dann dieser Antrag in der Kommission gefallen war, ereiferte sich das Zentrum im Plenum nicht mehr für denselben. Einen ganz anderen Ton schlug aber Bachem gegen die Vorlage an, als das Herrenhaus die beiden dem Zentrum am Herzen liegen- den Beschlüsse, die Zwölftelung und die 2000 Mk. Grenze, verworfen hatte. Das war in der Sitzung vom 27. Juni 1893. Jetzt donnerte er: „Das Wahlgesetz, wie es gegenwärtig in der Form des Herrenhauses vor- liegt, ist in unseren Augen geradezu eine Vergewaltigung der Mittelstände (sehr wahr! im Zentrum, Widerspruch rechts) und eine derartige Benachteiligung des Wahlrechts der unteren Stände (das war die Vorlage auch in der Fassung, in welcher das Zentrum ihr zustimmen wollte. D. Verf.), daß wir an dieser Politik nicht betheiligt sein wollen.“ (Sehr richtig!) Die Freundschaft zwischen Konservativen und Zentrum war damit wieder einmal aus. Man regalirte sich gegenseitig mit den schönsten Vorwürfen. Um- gekehrt waren die Nationalliberalen von der nunmehrigen Gestalt der Vorlage durch das Herrenhaus befriedigt und gaben derselben ihre Zustimmung, nachdem sie früher gegen dieselbe gestimmt hatten. Der Abgeordnete Gneist, dem der ver- storbene Kriegsminister v. Roon bereits 1868 im Norddeutschen Reichstag ins Gesicht sagte: „er sei der Mann, der Alles beweisen könnte“, hatte schon in der Sitzung vom 13. Januar 1893 eine Rede gehalten, die ein wahrer Panegyrikus auf das Dreiklassenwahlsystem war und an der Vorlage gerühmt: „Das Beste an derselben sei ihm der Grundgedanke, wir wollen Alles beim Alten lassen.“ Recht offenherzig sprach sich auch der Konservative von Heydebrand und der Lasa aus, welcher gegen den freisinnigen Antrag ausführte: „Das gegenwärtige schlechte Wahlsystem ist mir viel lieber, tausendmal lieber als das, was der Abgeordnete Rickert will. *) Und bei einer späteren Gelegenheit äußerte er: „Wir wissen, daß der Tag einmal kommen kann – und wir erleben ihn vielleicht noch –, wo wir in diesem festen und gesunden Einfluß des Mittelstandes, in dieser soliden Basis einen Damm haben gegen die umstürzlerischen Massen der im deutschen Reich durch das allgemeine Wahlrecht entfesselten Gewalt des vierten Standes. **) *) Sitzung vom 13. Januar 1893. **) Sitzung vom 13. März 1893.

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2018-10-30T15:09:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-10-30T15:09:45Z)

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Zitationshilfe: Bebel, August: Die Sozialdemokratie und das Allgemeine Stimmrecht. Berlin, 1895, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bebel_sozialdemokratie_1895/32>, abgerufen am 21.11.2024.