Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].

Bild:
<< vorherige Seite

Seelen-Weißheit.
lernete/ darzu Apparatus Eruditionis, Pansophiae
und Polymathiae genug vorhanden/ und ja nützli-
cher wäre/ ein solches Buch zu lesen/ als allerhand
andere Zeitvertreib/ und närrische Roman: Jn-
sonderheit wird das Lesen dieser Psychosophie und
die Praxis darauf/ jedem so viel Licht geben/ daß er
beyläuffig sehen könne/ wie es allhier in diesem Le-
ben beschaffen. Vor allem aber ist nötig/ nach
beyderley vorerwehnten Generalien, ad particu-
laria
zu gehen/ und absonderlich darinnen zum
meisten sich zu üben/ worinnen man seine meiste
Profession und Stand zu leben macht/ um darin-
nen fürtreflich zu werden/ dann dieses ist man Ge-
wissen halben/ seiner selbsten und seines Nächsten
wegen zu thun schuldig/ damit man aus Unwis-
senheit und Unverstande nicht sich selbsten/ noch
andern/ welche man bedient/ in seiner Profession
schaden thue. Zum Exempel: Wann ein Bar-
bierer sich in seiner Kunst nicht üben/ sondern sich
auf das Doctoriren begeben wolte/ indessen nicht
einmal eine Ader sicher schlagen könte/ der thäte
schädlich/ vor sich und seinen Nächsten; und so
von allen Professionen/ darinnen ein jeglicher in
der seinen fürtrefflich seyn soll. Derentwe-
gen auch einem jeden in seiner Erfahrung und
Kunst geglaubt werden soll/ nemlich/ ex
supposito,
daß ein jeder sich in seiner Profession/
Stand und Beruff übe/ darzu dann Zeit und Be-

stän-
D jv

Seelen-Weißheit.
lernete/ darzu Apparatus Eruditionis, Panſophiæ
und Polymathiæ genug vorhanden/ und ja nuͤtzli-
cher waͤre/ ein ſolches Buch zu leſen/ als allerhand
andere Zeitvertreib/ und naͤrriſche Roman: Jn-
ſonderheit wird das Leſen dieſer Pſychoſophie und
die Praxis darauf/ jedem ſo viel Licht geben/ daß er
beylaͤuffig ſehen koͤnne/ wie es allhier in dieſem Le-
ben beſchaffen. Vor allem aber iſt noͤtig/ nach
beyderley vorerwehnten Generalien, ad particu-
laria
zu gehen/ und abſonderlich darinnen zum
meiſten ſich zu uͤben/ worinnen man ſeine meiſte
Profeſſion und Stand zu leben macht/ um darin-
nen fuͤrtreflich zu werden/ dann dieſes iſt man Ge-
wiſſen halben/ ſeiner ſelbſten und ſeines Naͤchſten
wegen zu thun ſchuldig/ damit man aus Unwiſ-
ſenheit und Unverſtande nicht ſich ſelbſten/ noch
andern/ welche man bedient/ in ſeiner Profeſſion
ſchaden thue. Zum Exempel: Wann ein Bar-
bierer ſich in ſeiner Kunſt nicht uͤben/ ſondern ſich
auf das Doctoriren begeben wolte/ indeſſen nicht
einmal eine Ader ſicher ſchlagen koͤnte/ der thaͤte
ſchaͤdlich/ vor ſich und ſeinen Naͤchſten; und ſo
von allen Profeſſionen/ darinnen ein jeglicher in
der ſeinen fuͤrtrefflich ſeyn ſoll. Derentwe-
gen auch einem jeden in ſeiner Erfahrung und
Kunſt geglaubt werden ſoll/ nemlich/ ex
ſuppoſito,
daß ein jeder ſich in ſeiner Profeſſion/
Stand und Beruff uͤbe/ darzu dann Zeit und Be-

ſtaͤn-
D jv
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0137" n="79"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Seelen-Weißheit.</hi></fw><lb/>
lernete/ darzu <hi rendition="#aq">Apparatus Eruditionis, Pan&#x017F;ophiæ</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">Polymathiæ</hi> genug vorhanden/ und ja nu&#x0364;tzli-<lb/>
cher wa&#x0364;re/ ein &#x017F;olches Buch zu le&#x017F;en/ als allerhand<lb/>
andere Zeitvertreib/ und na&#x0364;rri&#x017F;che Roman: Jn-<lb/>
&#x017F;onderheit wird das Le&#x017F;en die&#x017F;er <hi rendition="#aq">P&#x017F;ycho&#x017F;ophie</hi> und<lb/>
die <hi rendition="#aq">Praxis</hi> darauf/ jedem &#x017F;o viel Licht geben/ daß er<lb/>
beyla&#x0364;uffig &#x017F;ehen ko&#x0364;nne/ wie es allhier in die&#x017F;em Le-<lb/>
ben be&#x017F;chaffen. Vor allem aber i&#x017F;t no&#x0364;tig/ nach<lb/>
beyderley vorerwehnten <hi rendition="#aq">Generali</hi>en, <hi rendition="#aq">ad particu-<lb/>
laria</hi> zu gehen/ und ab&#x017F;onderlich darinnen zum<lb/>
mei&#x017F;ten &#x017F;ich zu u&#x0364;ben/ worinnen man &#x017F;eine mei&#x017F;te<lb/>
Profe&#x017F;&#x017F;ion und Stand zu leben macht/ um darin-<lb/>
nen fu&#x0364;rtreflich zu werden/ dann die&#x017F;es i&#x017F;t man Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en halben/ &#x017F;einer &#x017F;elb&#x017F;ten und &#x017F;eines Na&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
wegen zu thun &#x017F;chuldig/ damit man aus <hi rendition="#fr">U</hi>nwi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enheit und Unver&#x017F;tande nicht &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;ten/ noch<lb/>
andern/ welche man bedient/ in &#x017F;einer Profe&#x017F;&#x017F;ion<lb/>
&#x017F;chaden thue. Zum Exempel: Wann ein Bar-<lb/>
bierer &#x017F;ich in &#x017F;einer Kun&#x017F;t nicht u&#x0364;ben/ &#x017F;ondern &#x017F;ich<lb/>
auf das Doctoriren begeben wolte/ inde&#x017F;&#x017F;en nicht<lb/>
einmal eine Ader &#x017F;icher &#x017F;chlagen ko&#x0364;nte/ der tha&#x0364;te<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;dlich/ vor &#x017F;ich und &#x017F;einen Na&#x0364;ch&#x017F;ten; und &#x017F;o<lb/>
von allen Profe&#x017F;&#x017F;ionen/ darinnen ein jeglicher in<lb/>
der &#x017F;einen fu&#x0364;rtrefflich &#x017F;eyn &#x017F;oll. Derentwe-<lb/>
gen auch einem jeden in &#x017F;einer Erfahrung und<lb/>
Kun&#x017F;t geglaubt werden &#x017F;oll/ nemlich/ <hi rendition="#aq">ex<lb/>
&#x017F;uppo&#x017F;ito,</hi> daß ein jeder &#x017F;ich in &#x017F;einer Profe&#x017F;&#x017F;ion/<lb/>
Stand und Beruff u&#x0364;be/ darzu dann Zeit und Be-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D jv</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ta&#x0364;n-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0137] Seelen-Weißheit. lernete/ darzu Apparatus Eruditionis, Panſophiæ und Polymathiæ genug vorhanden/ und ja nuͤtzli- cher waͤre/ ein ſolches Buch zu leſen/ als allerhand andere Zeitvertreib/ und naͤrriſche Roman: Jn- ſonderheit wird das Leſen dieſer Pſychoſophie und die Praxis darauf/ jedem ſo viel Licht geben/ daß er beylaͤuffig ſehen koͤnne/ wie es allhier in dieſem Le- ben beſchaffen. Vor allem aber iſt noͤtig/ nach beyderley vorerwehnten Generalien, ad particu- laria zu gehen/ und abſonderlich darinnen zum meiſten ſich zu uͤben/ worinnen man ſeine meiſte Profeſſion und Stand zu leben macht/ um darin- nen fuͤrtreflich zu werden/ dann dieſes iſt man Ge- wiſſen halben/ ſeiner ſelbſten und ſeines Naͤchſten wegen zu thun ſchuldig/ damit man aus Unwiſ- ſenheit und Unverſtande nicht ſich ſelbſten/ noch andern/ welche man bedient/ in ſeiner Profeſſion ſchaden thue. Zum Exempel: Wann ein Bar- bierer ſich in ſeiner Kunſt nicht uͤben/ ſondern ſich auf das Doctoriren begeben wolte/ indeſſen nicht einmal eine Ader ſicher ſchlagen koͤnte/ der thaͤte ſchaͤdlich/ vor ſich und ſeinen Naͤchſten; und ſo von allen Profeſſionen/ darinnen ein jeglicher in der ſeinen fuͤrtrefflich ſeyn ſoll. Derentwe- gen auch einem jeden in ſeiner Erfahrung und Kunſt geglaubt werden ſoll/ nemlich/ ex ſuppoſito, daß ein jeder ſich in ſeiner Profeſſion/ Stand und Beruff uͤbe/ darzu dann Zeit und Be- ſtaͤn- D jv

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/137
Zitationshilfe: Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683], S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/137>, abgerufen am 24.11.2024.