Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].Seelen-Weißheit. straffen/ der Frauen Ehr ist des Mannes Ehr/und des Mannes Ehr ist der Frauen Ehr/ gleichwol muß der Mann allezeit gedencken/ daß er Mann über die Frau/ Vatter über die Kinder/ und Herr im Hause über das Gesinde sey/ derentwegen allezeit die Oberhand und den Zaum behalten. Viel Männer haben durch ihre Gutheit/ oder auch bißweilen auß Tollheit/ ihre Weiber/ Kinder und Gesinde selbsten ver- dorben und das Ansehen verlohren. Allzufreund- lich und zugemein mit Weib/ Kindern und Ge- sinde sich machen/ ist nicht rathsam/ stettig über sie zu zörnen und zu scharff seyn/ nützet auch nichts. Jn dem Mann wird erfordert eine ernsthaffte Freundlichkeit/ in der Frauen aber eine freundliche Lieblichkeit. Der zweyte Anstoß in dem Ehestande ist eine Geil- heit/ da man sich des Beyschlaffs miß- braucht/ die Liebe entzündet und zur Hurerey dergestalt gewohnet/ daß man hernach nicht ablas- sen kan/ und hat solcher Gestalt mancher Mann sein eigen Weib verführet und zur Hurerey Anlaß gegeben/ daß sie es hernach auch mit andern hatver- suchen wollen; Wann dann die Weiber nur einmal erfahren/ daß zwey mehr können als einer/ so ist es geschehen. Eben also können auch die Weiber ihre eigene Männer durch viel Liebkosen/ verfüh- ten/ daraus dann der dritte Anstoß in dem Ehe-
Seelen-Weißheit. ſtraffen/ der Frauen Ehr iſt des Mannes Ehr/und des Mannes Ehr iſt der Frauen Ehr/ gleichwol muß der Mann allezeit gedencken/ daß er Mann uͤber die Frau/ Vatter uͤber die Kinder/ und Herꝛ im Hauſe uͤber das Geſinde ſey/ derentwegen allezeit die Oberhand und den Zaum behalten. Viel Maͤnner haben durch ihre Gutheit/ oder auch bißweilen auß Tollheit/ ihre Weiber/ Kinder und Geſinde ſelbſten ver- dorben und das Anſehen verlohren. Allzufreund- lich und zugemein mit Weib/ Kindern und Ge- ſinde ſich machen/ iſt nicht rathſam/ ſtettig uͤber ſie zu zoͤrnen und zu ſcharff ſeyn/ nuͤtzet auch nichts. Jn dem Mann wird erfordert eine ernſthaffte Freundlichkeit/ in der Frauen aber eine freundliche Lieblichkeit. Der zweyte Anſtoß in dem Eheſtande iſt eine Geil- heit/ da man ſich des Beyſchlaffs miß- braucht/ die Liebe entzuͤndet und zur Hurerey dergeſtalt gewohnet/ daß man hernach nicht ablaſ- ſen kan/ und hat ſolcher Geſtalt mancher Mann ſein eigen Weib verfuͤhret und zur Hurerey Anlaß gegebẽ/ daß ſie es hernach auch mit andern hatver- ſuchen wollen; Wañ dañ die Weiber nur einmal erfahren/ daß zwey mehr koͤñen als einer/ ſo iſt es geſchehen. Eben alſo koͤnnen auch die Weiber ihre eigene Maͤnner durch viel Liebkoſen/ verfuͤh- ten/ daraus dann der dritte Anſtoß in dem Ehe-
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Seelen-Weißheit.
ſtraffen/ der Frauen Ehr iſt des Mannes Ehr/
und des Mannes Ehr iſt der Frauen Ehr/
gleichwol muß der Mann allezeit gedencken/
daß er Mann uͤber die Frau/ Vatter uͤber die
Kinder/ und Herꝛ im Hauſe uͤber das Geſinde
ſey/ derentwegen allezeit die Oberhand und den
Zaum behalten. Viel Maͤnner haben durch
ihre Gutheit/ oder auch bißweilen auß Tollheit/
ihre Weiber/ Kinder und Geſinde ſelbſten ver-
dorben und das Anſehen verlohren. Allzufreund-
lich und zugemein mit Weib/ Kindern und Ge-
ſinde ſich machen/ iſt nicht rathſam/ ſtettig uͤber
ſie zu zoͤrnen und zu ſcharff ſeyn/ nuͤtzet auch
nichts. Jn dem Mann wird erfordert eine
ernſthaffte Freundlichkeit/ in der Frauen
aber eine freundliche Lieblichkeit. Der
zweyte Anſtoß in dem Eheſtande iſt eine Geil-
heit/ da man ſich des Beyſchlaffs miß-
braucht/ die Liebe entzuͤndet und zur Hurerey
dergeſtalt gewohnet/ daß man hernach nicht ablaſ-
ſen kan/ und hat ſolcher Geſtalt mancher Mann
ſein eigen Weib verfuͤhret und zur Hurerey Anlaß
gegebẽ/ daß ſie es hernach auch mit andern hatver-
ſuchen wollen; Wañ dañ die Weiber nur einmal
erfahren/ daß zwey mehr koͤñen als einer/ ſo iſt es
geſchehen. Eben alſo koͤnnen auch die Weiber
ihre eigene Maͤnner durch viel Liebkoſen/ verfuͤh-
ten/ daraus dann der dritte Anſtoß in dem
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