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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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das, sie erfuhr auf diese Weise manches Neue, das in ihres Mannes Leben trat und sie oft unmittelbar mit berührte, zu dessen besonderer Mittheilung ihr Mann jedoch keine Zeit fand.

Ich habe von Tag zu Tag weniger Zeit zum Briefschreiben, sprach Windt zu seiner Frau: ach! es ist jammerschade, daß du keine Federheldin geworden bist, liebe Jule, du müßtest sonst mein Geheimschreiber sein, mein Wippermann.

Bin froh, sehr froh, lieber Windt, bin sehr froh darüber, hätte sonst noch mehr zu thun! vertheidigte sich Frau Windt. Hab' ich nicht ohnehin alle Hände voll zu schaffen, und fast Tag und Nacht?

Hast recht, liebe Alte! begütigte Windt. Was wir Beide hier durchmachen, kann uns nimmermehr vergütet werden. Unsere alte Gnädige, oder unsere gnädige Alte hat davon keine Idee, wie es hier zugeht, -- nun, ich hab' es ihr geschrieben, wie mich im Januar die Kaiserlichen aus dem Bette geholt und geplündert, wo ich nur wie durch ein Wunder mit dem Leben davon kam, wie ich mehr wie hundertmal Bajonnette und Carabiner mit aufgezogenen Hahnen auf meiner Brust hatte, wie sie mir mein letztes Geld, meine mühsam gesparten hundert Ducaten, die ich zu einer Brunnenkur in Pyrmont bestimmt, meine beiden Uhren und meine Gewehre stahlen. -- Brunnenkur! Beim Element! Die kann ich jetzt hier auf das Schönste genießen, brauche nicht erst nach Pyrmont, denn meinen Wein haben die Schurken mir ausgetrunken bis auf die letzte Flasche! Was brauch' ich Uhren? Ich armer geschlagener Mann weiß ohnehin, wie viel es geschlagen hat, und wozu Gewehre, da ich doch gänzlich wehrlos war?

O, gerechter Gott, es war schrecklich und jammervoll, Windt! rief Frau Juliane schluchzend und von schmerzlicher Erinnerung bewegt aus: wie du, so wie du gingst und standest, das Kastell verließest.

Um beim französischen General zu Arnhem eine Schutzwache zu erbitten gegen diese wallonischen rohen Teufel und Spitzbuben! ergänzte Windt; und wie ich an das Thor von Arnhem komme, höre ich, daß die Stadt noch gar nicht von den Franzosen besetzt ist. Ich hatte seit vierzehn Tagen in meinen Kleidern und Stiefeln geschlafen, war todmüde, und mußte mich im Geleite eines Trompeters nach Wageningen schleppen, um dort für das Kastell um französischen Schutz zu betteln.

das, sie erfuhr auf diese Weise manches Neue, das in ihres Mannes Leben trat und sie oft unmittelbar mit berührte, zu dessen besonderer Mittheilung ihr Mann jedoch keine Zeit fand.

Ich habe von Tag zu Tag weniger Zeit zum Briefschreiben, sprach Windt zu seiner Frau: ach! es ist jammerschade, daß du keine Federheldin geworden bist, liebe Jule, du müßtest sonst mein Geheimschreiber sein, mein Wippermann.

Bin froh, sehr froh, lieber Windt, bin sehr froh darüber, hätte sonst noch mehr zu thun! vertheidigte sich Frau Windt. Hab’ ich nicht ohnehin alle Hände voll zu schaffen, und fast Tag und Nacht?

Hast recht, liebe Alte! begütigte Windt. Was wir Beide hier durchmachen, kann uns nimmermehr vergütet werden. Unsere alte Gnädige, oder unsere gnädige Alte hat davon keine Idee, wie es hier zugeht, — nun, ich hab’ es ihr geschrieben, wie mich im Januar die Kaiserlichen aus dem Bette geholt und geplündert, wo ich nur wie durch ein Wunder mit dem Leben davon kam, wie ich mehr wie hundertmal Bajonnette und Carabiner mit aufgezogenen Hahnen auf meiner Brust hatte, wie sie mir mein letztes Geld, meine mühsam gesparten hundert Ducaten, die ich zu einer Brunnenkur in Pyrmont bestimmt, meine beiden Uhren und meine Gewehre stahlen. — Brunnenkur! Beim Element! Die kann ich jetzt hier auf das Schönste genießen, brauche nicht erst nach Pyrmont, denn meinen Wein haben die Schurken mir ausgetrunken bis auf die letzte Flasche! Was brauch’ ich Uhren? Ich armer geschlagener Mann weiß ohnehin, wie viel es geschlagen hat, und wozu Gewehre, da ich doch gänzlich wehrlos war?

O, gerechter Gott, es war schrecklich und jammervoll, Windt! rief Frau Juliane schluchzend und von schmerzlicher Erinnerung bewegt aus: wie du, so wie du gingst und standest, das Kastell verließest.

Um beim französischen General zu Arnhem eine Schutzwache zu erbitten gegen diese wallonischen rohen Teufel und Spitzbuben! ergänzte Windt; und wie ich an das Thor von Arnhem komme, höre ich, daß die Stadt noch gar nicht von den Franzosen besetzt ist. Ich hatte seit vierzehn Tagen in meinen Kleidern und Stiefeln geschlafen, war todmüde, und mußte mich im Geleite eines Trompeters nach Wageningen schleppen, um dort für das Kastell um französischen Schutz zu betteln.

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[256/0260] das, sie erfuhr auf diese Weise manches Neue, das in ihres Mannes Leben trat und sie oft unmittelbar mit berührte, zu dessen besonderer Mittheilung ihr Mann jedoch keine Zeit fand. Ich habe von Tag zu Tag weniger Zeit zum Briefschreiben, sprach Windt zu seiner Frau: ach! es ist jammerschade, daß du keine Federheldin geworden bist, liebe Jule, du müßtest sonst mein Geheimschreiber sein, mein Wippermann. Bin froh, sehr froh, lieber Windt, bin sehr froh darüber, hätte sonst noch mehr zu thun! vertheidigte sich Frau Windt. Hab’ ich nicht ohnehin alle Hände voll zu schaffen, und fast Tag und Nacht? Hast recht, liebe Alte! begütigte Windt. Was wir Beide hier durchmachen, kann uns nimmermehr vergütet werden. Unsere alte Gnädige, oder unsere gnädige Alte hat davon keine Idee, wie es hier zugeht, — nun, ich hab’ es ihr geschrieben, wie mich im Januar die Kaiserlichen aus dem Bette geholt und geplündert, wo ich nur wie durch ein Wunder mit dem Leben davon kam, wie ich mehr wie hundertmal Bajonnette und Carabiner mit aufgezogenen Hahnen auf meiner Brust hatte, wie sie mir mein letztes Geld, meine mühsam gesparten hundert Ducaten, die ich zu einer Brunnenkur in Pyrmont bestimmt, meine beiden Uhren und meine Gewehre stahlen. — Brunnenkur! Beim Element! Die kann ich jetzt hier auf das Schönste genießen, brauche nicht erst nach Pyrmont, denn meinen Wein haben die Schurken mir ausgetrunken bis auf die letzte Flasche! Was brauch’ ich Uhren? Ich armer geschlagener Mann weiß ohnehin, wie viel es geschlagen hat, und wozu Gewehre, da ich doch gänzlich wehrlos war? O, gerechter Gott, es war schrecklich und jammervoll, Windt! rief Frau Juliane schluchzend und von schmerzlicher Erinnerung bewegt aus: wie du, so wie du gingst und standest, das Kastell verließest. Um beim französischen General zu Arnhem eine Schutzwache zu erbitten gegen diese wallonischen rohen Teufel und Spitzbuben! ergänzte Windt; und wie ich an das Thor von Arnhem komme, höre ich, daß die Stadt noch gar nicht von den Franzosen besetzt ist. Ich hatte seit vierzehn Tagen in meinen Kleidern und Stiefeln geschlafen, war todmüde, und mußte mich im Geleite eines Trompeters nach Wageningen schleppen, um dort für das Kastell um französischen Schutz zu betteln.

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/260>, abgerufen am 24.11.2024.