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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Gasthaus zurückblieb, zunächst in das Haus, das der Graf Johann bewohnte. Es kam ihm ein flottes Bürschchen entgegen, auf dem Kopf die leichte Mütze mit der dreifarbigen Cocarde der Republik, nöthigte ihn in das Zimmer und fragte höflich: Was wünschen Sie, Bürger? Wünschen Sie Wein oder Liqueur, Curacao, Extrait d'Absynthe, Eau de Genever?

Windt sah den Mann groß an, ob das Gastfreundschaft sein sollte, oder ob er es mit einem Kaffeewirth zu thun habe? Er sah sich in dem Saale um, da stand noch das Prachtmobiliar, das einst auf seine Bestellung in Hamburg gefertigt und dem Enkel bei dessen Verheirathung von der Großmutter zur Aussteuer gesendet worden war; auf dem schönsten Sammt-Polsterstuhle lag ein Hund, ein fauler Rattenfänger, mit einem so ächt confiscirten Gesicht, als nur irgend ein Rattenfänger haben kann, und knurrte den Gast, in welchem er den Aristokraten sogleich herauswitterte, grimmig an.

Nicht das Eine, nicht das Andere wünsche ich, Bürger, erwiederte Windt: ich wünsche den Hausherrn zu sprechen.

O, die nicht sein hier -- gab der Franzose zur Antwort: wenn sie werden sein hier, ich nicht werden sein hier, il est emigree -- sie sind gegangen fort. Ich aben die Err su sein un Vivantier, si voulez vous de vin, ou si voulez vous des liqueures. Von die slecht emigrees weißen ik nix."

Windt drehte sich rasch um und ging fort; er suchte die Wohnung des Milord Athlone, des Schwiegervaters des Grafen Johann Carl auf, welcher eine Zeitlang in Utrecht Wohnsitz genommen. Das Haus war voll französischer Soldaten, keine Spur mehr von der Familie vorhanden.

Die Freunde setzten nun ihre Reise nach Amsterdam fort, wo Leonardus seinen Begleiter mit zu seiner Mutter nahm, die hochbeglückt war, den Sohn wiederzusehen, und doch auch zugleich erschreckt durch dessen verändertes und krankhaftes Aussehen. Leonardus schob dasselbe auf die Mühen seiner Reisen, die nachtheiligen Einflüsse der Witterung und suchte die Besorgniß seiner Mutter soviel als möglich zu zerstreuen. Windt besorgte alle seine Geschäfte in Amsterdam, ging nach der vormaligen Wohnung des Erbherrn auf dem sogenannten Prinzenhof, den er zum Seecomptoir umgewandelt fand, und erfuhr hier, daß das Haus

Gasthaus zurückblieb, zunächst in das Haus, das der Graf Johann bewohnte. Es kam ihm ein flottes Bürschchen entgegen, auf dem Kopf die leichte Mütze mit der dreifarbigen Cocarde der Republik, nöthigte ihn in das Zimmer und fragte höflich: Was wünschen Sie, Bürger? Wünschen Sie Wein oder Liqueur, Curaçao, Extrait d’Absynthe, Eau de Genever?

Windt sah den Mann groß an, ob das Gastfreundschaft sein sollte, oder ob er es mit einem Kaffeewirth zu thun habe? Er sah sich in dem Saale um, da stand noch das Prachtmobiliar, das einst auf seine Bestellung in Hamburg gefertigt und dem Enkel bei dessen Verheirathung von der Großmutter zur Aussteuer gesendet worden war; auf dem schönsten Sammt-Polsterstuhle lag ein Hund, ein fauler Rattenfänger, mit einem so ächt confiscirten Gesicht, als nur irgend ein Rattenfänger haben kann, und knurrte den Gast, in welchem er den Aristokraten sogleich herauswitterte, grimmig an.

Nicht das Eine, nicht das Andere wünsche ich, Bürger, erwiederte Windt: ich wünsche den Hausherrn zu sprechen.

O, die nicht sein hier — gab der Franzose zur Antwort: wenn sie werden sein hier, ich nicht werden sein hier, il est emigrée — sie sind gegangen fort. Ich aben die Err su sein un Vivantier, si voulez vous de vin, ou si voulez vous des liqueures. Von die slecht emigrées weißen ik nix.«

Windt drehte sich rasch um und ging fort; er suchte die Wohnung des Milord Athlone, des Schwiegervaters des Grafen Johann Carl auf, welcher eine Zeitlang in Utrecht Wohnsitz genommen. Das Haus war voll französischer Soldaten, keine Spur mehr von der Familie vorhanden.

Die Freunde setzten nun ihre Reise nach Amsterdam fort, wo Leonardus seinen Begleiter mit zu seiner Mutter nahm, die hochbeglückt war, den Sohn wiederzusehen, und doch auch zugleich erschreckt durch dessen verändertes und krankhaftes Aussehen. Leonardus schob dasselbe auf die Mühen seiner Reisen, die nachtheiligen Einflüsse der Witterung und suchte die Besorgniß seiner Mutter soviel als möglich zu zerstreuen. Windt besorgte alle seine Geschäfte in Amsterdam, ging nach der vormaligen Wohnung des Erbherrn auf dem sogenannten Prinzenhof, den er zum Seecomptoir umgewandelt fand, und erfuhr hier, daß das Haus

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Gasthaus zurückblieb, zunächst in das Haus, das der Graf Johann bewohnte. Es kam ihm ein flottes Bürschchen entgegen, auf dem Kopf die leichte Mütze mit der dreifarbigen Cocarde der Republik, nöthigte ihn in das Zimmer und fragte höflich: Was wünschen Sie, Bürger? Wünschen Sie Wein oder Liqueur, Curaçao, Extrait d&#x2019;Absynthe, Eau de Genever?</p>
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[275/0279] Gasthaus zurückblieb, zunächst in das Haus, das der Graf Johann bewohnte. Es kam ihm ein flottes Bürschchen entgegen, auf dem Kopf die leichte Mütze mit der dreifarbigen Cocarde der Republik, nöthigte ihn in das Zimmer und fragte höflich: Was wünschen Sie, Bürger? Wünschen Sie Wein oder Liqueur, Curaçao, Extrait d’Absynthe, Eau de Genever? Windt sah den Mann groß an, ob das Gastfreundschaft sein sollte, oder ob er es mit einem Kaffeewirth zu thun habe? Er sah sich in dem Saale um, da stand noch das Prachtmobiliar, das einst auf seine Bestellung in Hamburg gefertigt und dem Enkel bei dessen Verheirathung von der Großmutter zur Aussteuer gesendet worden war; auf dem schönsten Sammt-Polsterstuhle lag ein Hund, ein fauler Rattenfänger, mit einem so ächt confiscirten Gesicht, als nur irgend ein Rattenfänger haben kann, und knurrte den Gast, in welchem er den Aristokraten sogleich herauswitterte, grimmig an. Nicht das Eine, nicht das Andere wünsche ich, Bürger, erwiederte Windt: ich wünsche den Hausherrn zu sprechen. O, die nicht sein hier — gab der Franzose zur Antwort: wenn sie werden sein hier, ich nicht werden sein hier, il est emigrée — sie sind gegangen fort. Ich aben die Err su sein un Vivantier, si voulez vous de vin, ou si voulez vous des liqueures. Von die slecht emigrées weißen ik nix.« Windt drehte sich rasch um und ging fort; er suchte die Wohnung des Milord Athlone, des Schwiegervaters des Grafen Johann Carl auf, welcher eine Zeitlang in Utrecht Wohnsitz genommen. Das Haus war voll französischer Soldaten, keine Spur mehr von der Familie vorhanden. Die Freunde setzten nun ihre Reise nach Amsterdam fort, wo Leonardus seinen Begleiter mit zu seiner Mutter nahm, die hochbeglückt war, den Sohn wiederzusehen, und doch auch zugleich erschreckt durch dessen verändertes und krankhaftes Aussehen. Leonardus schob dasselbe auf die Mühen seiner Reisen, die nachtheiligen Einflüsse der Witterung und suchte die Besorgniß seiner Mutter soviel als möglich zu zerstreuen. Windt besorgte alle seine Geschäfte in Amsterdam, ging nach der vormaligen Wohnung des Erbherrn auf dem sogenannten Prinzenhof, den er zum Seecomptoir umgewandelt fand, und erfuhr hier, daß das Haus

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/279>, abgerufen am 24.11.2024.