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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Stückchen auf der Guitarre vor, als Windt in Begleitung eines einzigen Aufsehers zu ihm eintrat, und war vor Erstaunen außer sich, als er den alten Bekannten erblickte. Windt fand das Zimmer ganz anständig ausmöblirt, auf einem Tisch lagen Malergeräthschaften und eine angefangene Malerei, auf einem anderen befanden sich Bücher, und der Erbherr bewirthete den alten redlichen Diener, der wahrlich den höheren Rang, den er in des Grafen Herzen einnahm, verdiente, mit einem Glase köstlichen Kapweins.

Patientia-Wein gibt es nicht, lieber Windt -- scherzte der Erbherr, und winkte zum Sitzen: darum trinke ich Constantia-Wein, welcher auch große Tugenden besitzt.

Ich freue mich Ihres Wohlseins, Herr Graf! sprach Windt, und trinke auf dessen fernere Dauer; Sie haben zwar etwas von Ihrer Frische verloren, weil Sie nicht mehr so wie früher gleich einem Seeraben umherschweben können, aber ich sehe schon aus Allem, daß Sie guten Muthes sind, und das ist sehr viel werth, denn ein alter Lateiner soll gesagt haben: Mit gutem Muth die schlimme Zeit zu tragen, frommt.

Das war Plautus, liebster Windt! versetzte der Erbherr. Da war auch ein alter Grieche, hieß Euripides, der sprach: Sei guten Muthes, denn Großes kann Gerechtigkeit dir nützen. Ich habe treu dem Vaterlande gedient, und wäre wohl des bessern Lohnes werth, doch nichts davon. Was bringen Sie mir? Haben Sie Nachrichten aus Deutschland, von der Großmutter, von meiner Frau? Wo ist mein Bruder, wo ist der Vetter Ludwig?

Letzterer war in England und ist hier, Leonardus ist auch mit hier, wir holen den Grafen ab, er fühlt sich leidend und sehnt sich nach Deutschland.

Zur Großmutter, kann mir's denken!

Ihrer Excellenz Frau Gemahlin befinden sich, so viel mir bewußt ist, wieder in Kniphausen, und sind leider immer noch nicht vollkommen genesen.

Leider! leider! seufzte der Erbherr mit einem ironischen Lächeln. Alles leidend -- Sympathie schöner Seelen!

Die alte Excellenz scheint in gleichbleibender Rüstigkeit ihre Tage fortzuleben, sie schreibt mir oft oder läßt mir durch Weisbrod oder

Stückchen auf der Guitarre vor, als Windt in Begleitung eines einzigen Aufsehers zu ihm eintrat, und war vor Erstaunen außer sich, als er den alten Bekannten erblickte. Windt fand das Zimmer ganz anständig ausmöblirt, auf einem Tisch lagen Malergeräthschaften und eine angefangene Malerei, auf einem anderen befanden sich Bücher, und der Erbherr bewirthete den alten redlichen Diener, der wahrlich den höheren Rang, den er in des Grafen Herzen einnahm, verdiente, mit einem Glase köstlichen Kapweins.

Patientia-Wein gibt es nicht, lieber Windt — scherzte der Erbherr, und winkte zum Sitzen: darum trinke ich Constantia-Wein, welcher auch große Tugenden besitzt.

Ich freue mich Ihres Wohlseins, Herr Graf! sprach Windt, und trinke auf dessen fernere Dauer; Sie haben zwar etwas von Ihrer Frische verloren, weil Sie nicht mehr so wie früher gleich einem Seeraben umherschweben können, aber ich sehe schon aus Allem, daß Sie guten Muthes sind, und das ist sehr viel werth, denn ein alter Lateiner soll gesagt haben: Mit gutem Muth die schlimme Zeit zu tragen, frommt.

Das war Plautus, liebster Windt! versetzte der Erbherr. Da war auch ein alter Grieche, hieß Euripides, der sprach: Sei guten Muthes, denn Großes kann Gerechtigkeit dir nützen. Ich habe treu dem Vaterlande gedient, und wäre wohl des bessern Lohnes werth, doch nichts davon. Was bringen Sie mir? Haben Sie Nachrichten aus Deutschland, von der Großmutter, von meiner Frau? Wo ist mein Bruder, wo ist der Vetter Ludwig?

Letzterer war in England und ist hier, Leonardus ist auch mit hier, wir holen den Grafen ab, er fühlt sich leidend und sehnt sich nach Deutschland.

Zur Großmutter, kann mir’s denken!

Ihrer Excellenz Frau Gemahlin befinden sich, so viel mir bewußt ist, wieder in Kniphausen, und sind leider immer noch nicht vollkommen genesen.

Leider! leider! seufzte der Erbherr mit einem ironischen Lächeln. Alles leidend — Sympathie schöner Seelen!

Die alte Excellenz scheint in gleichbleibender Rüstigkeit ihre Tage fortzuleben, sie schreibt mir oft oder läßt mir durch Weisbrod oder

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Stückchen auf der Guitarre vor, als Windt in Begleitung eines einzigen Aufsehers zu ihm eintrat, und war vor Erstaunen außer sich, als er den alten Bekannten erblickte. Windt fand das Zimmer ganz anständig ausmöblirt, auf einem Tisch lagen Malergeräthschaften und eine angefangene Malerei, auf einem anderen befanden sich Bücher, und der Erbherr bewirthete den alten redlichen Diener, der wahrlich den höheren Rang, den er in des Grafen Herzen einnahm, verdiente, mit einem Glase köstlichen Kapweins.</p>
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[280/0284] Stückchen auf der Guitarre vor, als Windt in Begleitung eines einzigen Aufsehers zu ihm eintrat, und war vor Erstaunen außer sich, als er den alten Bekannten erblickte. Windt fand das Zimmer ganz anständig ausmöblirt, auf einem Tisch lagen Malergeräthschaften und eine angefangene Malerei, auf einem anderen befanden sich Bücher, und der Erbherr bewirthete den alten redlichen Diener, der wahrlich den höheren Rang, den er in des Grafen Herzen einnahm, verdiente, mit einem Glase köstlichen Kapweins. Patientia-Wein gibt es nicht, lieber Windt — scherzte der Erbherr, und winkte zum Sitzen: darum trinke ich Constantia-Wein, welcher auch große Tugenden besitzt. Ich freue mich Ihres Wohlseins, Herr Graf! sprach Windt, und trinke auf dessen fernere Dauer; Sie haben zwar etwas von Ihrer Frische verloren, weil Sie nicht mehr so wie früher gleich einem Seeraben umherschweben können, aber ich sehe schon aus Allem, daß Sie guten Muthes sind, und das ist sehr viel werth, denn ein alter Lateiner soll gesagt haben: Mit gutem Muth die schlimme Zeit zu tragen, frommt. Das war Plautus, liebster Windt! versetzte der Erbherr. Da war auch ein alter Grieche, hieß Euripides, der sprach: Sei guten Muthes, denn Großes kann Gerechtigkeit dir nützen. Ich habe treu dem Vaterlande gedient, und wäre wohl des bessern Lohnes werth, doch nichts davon. Was bringen Sie mir? Haben Sie Nachrichten aus Deutschland, von der Großmutter, von meiner Frau? Wo ist mein Bruder, wo ist der Vetter Ludwig? Letzterer war in England und ist hier, Leonardus ist auch mit hier, wir holen den Grafen ab, er fühlt sich leidend und sehnt sich nach Deutschland. Zur Großmutter, kann mir’s denken! Ihrer Excellenz Frau Gemahlin befinden sich, so viel mir bewußt ist, wieder in Kniphausen, und sind leider immer noch nicht vollkommen genesen. Leider! leider! seufzte der Erbherr mit einem ironischen Lächeln. Alles leidend — Sympathie schöner Seelen! Die alte Excellenz scheint in gleichbleibender Rüstigkeit ihre Tage fortzuleben, sie schreibt mir oft oder läßt mir durch Weisbrod oder

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/284>, abgerufen am 24.11.2024.