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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Gegen diese Gründe, Excellenz, kann ich nichts sagen -- nahm Windt wieder das Wort.

Und was gedenken Sie zu thun? fragte die Gräfin.

Ich gedenke das Beste für Euere Excellenz zu thun, was sich nur immer thun läßt, obschon ich voraussehe, daß es mir ein Stück Lunge kosten wird; ich hoffe, eine wahre, gründliche und dauerhafte Ruhe zu bewirken, aber Ihre Excellenz müssen mich in Gnaden gewähren lassen, und die Erreichung dieser Absicht wäre mir der höchste Ruhm. Ihre Excellenz dürfen auch nicht das Unmögliche weder fordern noch erwarten. Vor Allem muß aller fremde Einfluß abgeschnitten bleiben, denn ich denke, daß, wenn Hochdieselben mit demjenigen, der nächst Höchstihnen Haupt der Familie, regierender Herr, Erstgeborener und eigentlicher Stammhalter ist, einen Vergleich errichten, durchaus kein Dritter, und wäre er der nächste Agnat, hinein zu reden hat.

So schließen Sie den Bruder und meinen Ludwig so zu sagen aus? fragte die Gräfin gespannt.

Hören Ihre Excellenz mich ruhig an, antwortete Windt. Vieles, was gefordert wird, ist dem Herrn Grafen zu erfüllen geradezu unmöglich; er kann nicht die Glieder der gesammten, in England und Holland verstreuten Familie zu einer bindenden Unterschrift bewegen und zusammenbringen; er kann nicht einhundertundfünfzigtausend holländische Gulden zu sechs Procent, wie jetzt üblich, aufnehmen, sie jährlich mit neuntausend Gulden verzinsen; nicht nach zwölf Jahren dieselbe Summe bezahlen und sie mittlerweile mit sechstausend Gulden verzinsen, dazu das zu gewährende Witthum von jährlich viertausend Gulden, und was noch jährlich an das schrecklich vernachlässigte Doorwerth zu wenden ist. Wenn der Herr Graf zu solchen Dingen sich verpflichten, so können Dieselben weder rechnen, noch Wort halten. Er ist und bleibt arm, seine Kinder vielleicht können dereinst fürchterlich reich werden -- er -- wird Reichthum nie besitzen. Doorwerth liebt er, dieses wünscht er gern zu haben, es ist gut und heilsam, wenn die Güter ungetrennt beisammen bleiben. Ich bin überzeugt, daß der Herr Graf redlich und im guten Glauben zu Werke gehen und noch edler und großmüthiger handeln würde, wenn er es hätte, wie er es nicht hat.

Gegen diese Gründe, Excellenz, kann ich nichts sagen — nahm Windt wieder das Wort.

Und was gedenken Sie zu thun? fragte die Gräfin.

Ich gedenke das Beste für Euere Excellenz zu thun, was sich nur immer thun läßt, obschon ich voraussehe, daß es mir ein Stück Lunge kosten wird; ich hoffe, eine wahre, gründliche und dauerhafte Ruhe zu bewirken, aber Ihre Excellenz müssen mich in Gnaden gewähren lassen, und die Erreichung dieser Absicht wäre mir der höchste Ruhm. Ihre Excellenz dürfen auch nicht das Unmögliche weder fordern noch erwarten. Vor Allem muß aller fremde Einfluß abgeschnitten bleiben, denn ich denke, daß, wenn Hochdieselben mit demjenigen, der nächst Höchstihnen Haupt der Familie, regierender Herr, Erstgeborener und eigentlicher Stammhalter ist, einen Vergleich errichten, durchaus kein Dritter, und wäre er der nächste Agnat, hinein zu reden hat.

So schließen Sie den Bruder und meinen Ludwig so zu sagen aus? fragte die Gräfin gespannt.

Hören Ihre Excellenz mich ruhig an, antwortete Windt. Vieles, was gefordert wird, ist dem Herrn Grafen zu erfüllen geradezu unmöglich; er kann nicht die Glieder der gesammten, in England und Holland verstreuten Familie zu einer bindenden Unterschrift bewegen und zusammenbringen; er kann nicht einhundertundfünfzigtausend holländische Gulden zu sechs Procent, wie jetzt üblich, aufnehmen, sie jährlich mit neuntausend Gulden verzinsen; nicht nach zwölf Jahren dieselbe Summe bezahlen und sie mittlerweile mit sechstausend Gulden verzinsen, dazu das zu gewährende Witthum von jährlich viertausend Gulden, und was noch jährlich an das schrecklich vernachlässigte Doorwerth zu wenden ist. Wenn der Herr Graf zu solchen Dingen sich verpflichten, so können Dieselben weder rechnen, noch Wort halten. Er ist und bleibt arm, seine Kinder vielleicht können dereinst fürchterlich reich werden — er — wird Reichthum nie besitzen. Doorwerth liebt er, dieses wünscht er gern zu haben, es ist gut und heilsam, wenn die Güter ungetrennt beisammen bleiben. Ich bin überzeugt, daß der Herr Graf redlich und im guten Glauben zu Werke gehen und noch edler und großmüthiger handeln würde, wenn er es hätte, wie er es nicht hat.

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          <p>So schließen Sie den Bruder und meinen Ludwig so zu sagen aus? fragte die Gräfin gespannt.</p>
          <p>Hören Ihre Excellenz mich ruhig an, antwortete Windt. Vieles, was gefordert wird, ist dem Herrn Grafen zu erfüllen geradezu unmöglich; er kann nicht die Glieder der gesammten, in England und Holland verstreuten Familie zu einer bindenden Unterschrift bewegen und zusammenbringen; er kann nicht einhundertundfünfzigtausend holländische Gulden zu sechs Procent, wie jetzt üblich, aufnehmen, sie jährlich mit neuntausend Gulden verzinsen; nicht nach zwölf Jahren dieselbe Summe bezahlen und sie mittlerweile mit sechstausend Gulden verzinsen, dazu das zu gewährende Witthum von jährlich viertausend Gulden, und was noch jährlich an das schrecklich vernachlässigte Doorwerth zu wenden ist. Wenn der Herr Graf zu solchen Dingen sich verpflichten, so können Dieselben weder rechnen, noch Wort halten. Er ist und bleibt arm, seine Kinder vielleicht können dereinst fürchterlich reich werden &#x2014; er &#x2014; wird Reichthum nie besitzen. Doorwerth liebt er, dieses wünscht er gern zu haben, es ist gut und heilsam, wenn die Güter ungetrennt beisammen bleiben. Ich bin überzeugt, daß der Herr Graf redlich und im guten Glauben zu Werke gehen und noch edler und großmüthiger handeln würde, wenn er es hätte, wie er es nicht hat.</p>
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[28/0032] Gegen diese Gründe, Excellenz, kann ich nichts sagen — nahm Windt wieder das Wort. Und was gedenken Sie zu thun? fragte die Gräfin. Ich gedenke das Beste für Euere Excellenz zu thun, was sich nur immer thun läßt, obschon ich voraussehe, daß es mir ein Stück Lunge kosten wird; ich hoffe, eine wahre, gründliche und dauerhafte Ruhe zu bewirken, aber Ihre Excellenz müssen mich in Gnaden gewähren lassen, und die Erreichung dieser Absicht wäre mir der höchste Ruhm. Ihre Excellenz dürfen auch nicht das Unmögliche weder fordern noch erwarten. Vor Allem muß aller fremde Einfluß abgeschnitten bleiben, denn ich denke, daß, wenn Hochdieselben mit demjenigen, der nächst Höchstihnen Haupt der Familie, regierender Herr, Erstgeborener und eigentlicher Stammhalter ist, einen Vergleich errichten, durchaus kein Dritter, und wäre er der nächste Agnat, hinein zu reden hat. So schließen Sie den Bruder und meinen Ludwig so zu sagen aus? fragte die Gräfin gespannt. Hören Ihre Excellenz mich ruhig an, antwortete Windt. Vieles, was gefordert wird, ist dem Herrn Grafen zu erfüllen geradezu unmöglich; er kann nicht die Glieder der gesammten, in England und Holland verstreuten Familie zu einer bindenden Unterschrift bewegen und zusammenbringen; er kann nicht einhundertundfünfzigtausend holländische Gulden zu sechs Procent, wie jetzt üblich, aufnehmen, sie jährlich mit neuntausend Gulden verzinsen; nicht nach zwölf Jahren dieselbe Summe bezahlen und sie mittlerweile mit sechstausend Gulden verzinsen, dazu das zu gewährende Witthum von jährlich viertausend Gulden, und was noch jährlich an das schrecklich vernachlässigte Doorwerth zu wenden ist. Wenn der Herr Graf zu solchen Dingen sich verpflichten, so können Dieselben weder rechnen, noch Wort halten. Er ist und bleibt arm, seine Kinder vielleicht können dereinst fürchterlich reich werden — er — wird Reichthum nie besitzen. Doorwerth liebt er, dieses wünscht er gern zu haben, es ist gut und heilsam, wenn die Güter ungetrennt beisammen bleiben. Ich bin überzeugt, daß der Herr Graf redlich und im guten Glauben zu Werke gehen und noch edler und großmüthiger handeln würde, wenn er es hätte, wie er es nicht hat.

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/32>, abgerufen am 21.11.2024.