Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

Bild:
<< vorherige Seite

einer Gruppe fröhlich von der Hühnerjagd heimkehrender Jäger, mit Gewehren, Hühnerhunden, ein buntes fröhliches Gewimmel. Auch ich kehrte einst fröhlich und heiteren Muthes unbefangen dorthin zurück, ein junger frischer Weidmann mit reichlicher Jagdbeute für der Großmutter Küche. Am andern Tage erfolgte der Abschied von ihr, der theueren Greisin, und der Sohn des Hauses sah dieses Haus mit dem Rücken an. Neben Schloß Varel hängt Schloß Kniphausen, von demselben Meister. Hier ist es eine Gesellschaft edler Damen und Herren zu Roß und zu Fuß, die mit Falken zur Reiherbeize ausziehen. O, wie tief hat sich mir jener Tag in die Seele geprägt, immer denke ich des Falken von Kniphausen, des Wunderpokals, den ihre Lippen für ewig weihten! Dieses Kleinod möchte ich besitzen und sonst kein anderes in der Welt, nicht die Diamanten der reichsten Krone! Was war mein Glück? Wie heißt es? Scheiden und Meiden."

"Und neben dem Bild von Kniphausen hängt das von Schloß Doorwerth, von der Rheinseite aus betrachtet; im Vordergrund der Strom, zur Seite das Fährhaus, in der Tiefe das stattliche mächtige Kastell mit seinen Thürmen, Basteien, Schießscharten und der Zugbrücke. Kriegerisch blickt es auf die flache Landschaft nieder, und so hat der Meister auch nach der ihm eigenthümlichen Weise den Vordergrund belebt; ein Schiff liegt am Uferbord, Kriegergruppen tummeln sich dort umher zu Fuß und Roß, eine Schanze wird aufgeworfen, es ist die Dünenschanze. Erlebte ich dort nicht des kriegerischen Wesens genug? Mußte ich nicht auch dort scheiden von Seelen, die mein Herz im Stillen liebte?"

"Und ein viertes Schloß, davon ich kein Bild kenne außer demjenigen, welches in meinem Innern in glühenden Farben prangt, das nicht in Friesland liegt, nicht in Holland, wie war es dort so schön, wie umblühte es der holdeste Zauber der allliebenden Natur, zwei Gestalten wandeln auf diesem Bilde -- und was nahm ich mit hinweg? Wieder den tiefsten Schmerz einer Trennung. Trennung, und immer Trennung, so wird es fortgehen, bis ich ganz allein stehe, ich werde keine Seele, die ich liebe, mehr um mich haben, ungenannt, ungekannt wird das dunkle Leben des Dunkelgrafen verklingen, der durch das Leben seinen Schatten trug. Vom wackersten Freunde mußte ich zuletzt mich trennen, den geliebtesten Freund mußte ich begraben,

einer Gruppe fröhlich von der Hühnerjagd heimkehrender Jäger, mit Gewehren, Hühnerhunden, ein buntes fröhliches Gewimmel. Auch ich kehrte einst fröhlich und heiteren Muthes unbefangen dorthin zurück, ein junger frischer Weidmann mit reichlicher Jagdbeute für der Großmutter Küche. Am andern Tage erfolgte der Abschied von ihr, der theueren Greisin, und der Sohn des Hauses sah dieses Haus mit dem Rücken an. Neben Schloß Varel hängt Schloß Kniphausen, von demselben Meister. Hier ist es eine Gesellschaft edler Damen und Herren zu Roß und zu Fuß, die mit Falken zur Reiherbeize ausziehen. O, wie tief hat sich mir jener Tag in die Seele geprägt, immer denke ich des Falken von Kniphausen, des Wunderpokals, den ihre Lippen für ewig weihten! Dieses Kleinod möchte ich besitzen und sonst kein anderes in der Welt, nicht die Diamanten der reichsten Krone! Was war mein Glück? Wie heißt es? Scheiden und Meiden.“

„Und neben dem Bild von Kniphausen hängt das von Schloß Doorwerth, von der Rheinseite aus betrachtet; im Vordergrund der Strom, zur Seite das Fährhaus, in der Tiefe das stattliche mächtige Kastell mit seinen Thürmen, Basteien, Schießscharten und der Zugbrücke. Kriegerisch blickt es auf die flache Landschaft nieder, und so hat der Meister auch nach der ihm eigenthümlichen Weise den Vordergrund belebt; ein Schiff liegt am Uferbord, Kriegergruppen tummeln sich dort umher zu Fuß und Roß, eine Schanze wird aufgeworfen, es ist die Dünenschanze. Erlebte ich dort nicht des kriegerischen Wesens genug? Mußte ich nicht auch dort scheiden von Seelen, die mein Herz im Stillen liebte?“

„Und ein viertes Schloß, davon ich kein Bild kenne außer demjenigen, welches in meinem Innern in glühenden Farben prangt, das nicht in Friesland liegt, nicht in Holland, wie war es dort so schön, wie umblühte es der holdeste Zauber der allliebenden Natur, zwei Gestalten wandeln auf diesem Bilde — und was nahm ich mit hinweg? Wieder den tiefsten Schmerz einer Trennung. Trennung, und immer Trennung, so wird es fortgehen, bis ich ganz allein stehe, ich werde keine Seele, die ich liebe, mehr um mich haben, ungenannt, ungekannt wird das dunkle Leben des Dunkelgrafen verklingen, der durch das Leben seinen Schatten trug. Vom wackersten Freunde mußte ich zuletzt mich trennen, den geliebtesten Freund mußte ich begraben,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0337" n="333"/>
einer Gruppe fröhlich von der Hühnerjagd heimkehrender Jäger, mit Gewehren, Hühnerhunden, ein buntes fröhliches Gewimmel. Auch ich kehrte einst fröhlich und heiteren Muthes unbefangen dorthin zurück, ein junger frischer Weidmann mit reichlicher Jagdbeute für der Großmutter Küche. Am andern Tage erfolgte der Abschied von ihr, der theueren Greisin, und der Sohn des Hauses sah dieses Haus mit dem Rücken an. Neben Schloß Varel hängt Schloß Kniphausen, von demselben Meister. Hier ist es eine Gesellschaft edler Damen und Herren zu Roß und zu Fuß, die mit Falken zur Reiherbeize ausziehen. O, wie tief hat sich mir jener Tag in die Seele geprägt, immer denke ich des Falken von Kniphausen, des Wunderpokals, den <hi rendition="#g">ihre</hi> Lippen für ewig weihten! Dieses Kleinod möchte ich besitzen und sonst kein anderes in der Welt, nicht die Diamanten der reichsten Krone! Was war mein Glück? Wie heißt es? Scheiden und Meiden.&#x201C; </p>
          <p>&#x201E;Und neben dem Bild von Kniphausen hängt das von Schloß Doorwerth, von der Rheinseite aus betrachtet; im Vordergrund der Strom, zur Seite das Fährhaus, in der Tiefe das stattliche mächtige Kastell mit seinen Thürmen, Basteien, Schießscharten und der Zugbrücke. Kriegerisch blickt es auf die flache Landschaft nieder, und so hat der Meister auch nach der ihm eigenthümlichen Weise den Vordergrund belebt; ein Schiff liegt am Uferbord, Kriegergruppen tummeln sich dort umher zu Fuß und Roß, eine Schanze wird aufgeworfen, es ist die Dünenschanze. Erlebte ich dort nicht des kriegerischen Wesens genug? Mußte ich nicht auch dort scheiden von Seelen, die mein Herz im Stillen liebte?&#x201C; </p>
          <p>&#x201E;Und ein viertes Schloß, davon ich kein Bild kenne außer demjenigen, welches in meinem Innern in glühenden Farben prangt, das nicht in Friesland liegt, nicht in Holland, wie war es dort so schön, wie umblühte es der holdeste Zauber der allliebenden Natur, zwei Gestalten wandeln auf diesem Bilde &#x2014; und was nahm ich mit hinweg? Wieder den tiefsten Schmerz einer Trennung. Trennung, und immer Trennung, so wird es fortgehen, bis ich ganz allein stehe, ich werde keine Seele, die ich liebe, mehr um mich haben, ungenannt, ungekannt wird das dunkle Leben des Dunkelgrafen verklingen, der durch das Leben seinen Schatten trug. Vom wackersten Freunde mußte ich zuletzt mich trennen, den geliebtesten Freund mußte ich begraben,
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[333/0337] einer Gruppe fröhlich von der Hühnerjagd heimkehrender Jäger, mit Gewehren, Hühnerhunden, ein buntes fröhliches Gewimmel. Auch ich kehrte einst fröhlich und heiteren Muthes unbefangen dorthin zurück, ein junger frischer Weidmann mit reichlicher Jagdbeute für der Großmutter Küche. Am andern Tage erfolgte der Abschied von ihr, der theueren Greisin, und der Sohn des Hauses sah dieses Haus mit dem Rücken an. Neben Schloß Varel hängt Schloß Kniphausen, von demselben Meister. Hier ist es eine Gesellschaft edler Damen und Herren zu Roß und zu Fuß, die mit Falken zur Reiherbeize ausziehen. O, wie tief hat sich mir jener Tag in die Seele geprägt, immer denke ich des Falken von Kniphausen, des Wunderpokals, den ihre Lippen für ewig weihten! Dieses Kleinod möchte ich besitzen und sonst kein anderes in der Welt, nicht die Diamanten der reichsten Krone! Was war mein Glück? Wie heißt es? Scheiden und Meiden.“ „Und neben dem Bild von Kniphausen hängt das von Schloß Doorwerth, von der Rheinseite aus betrachtet; im Vordergrund der Strom, zur Seite das Fährhaus, in der Tiefe das stattliche mächtige Kastell mit seinen Thürmen, Basteien, Schießscharten und der Zugbrücke. Kriegerisch blickt es auf die flache Landschaft nieder, und so hat der Meister auch nach der ihm eigenthümlichen Weise den Vordergrund belebt; ein Schiff liegt am Uferbord, Kriegergruppen tummeln sich dort umher zu Fuß und Roß, eine Schanze wird aufgeworfen, es ist die Dünenschanze. Erlebte ich dort nicht des kriegerischen Wesens genug? Mußte ich nicht auch dort scheiden von Seelen, die mein Herz im Stillen liebte?“ „Und ein viertes Schloß, davon ich kein Bild kenne außer demjenigen, welches in meinem Innern in glühenden Farben prangt, das nicht in Friesland liegt, nicht in Holland, wie war es dort so schön, wie umblühte es der holdeste Zauber der allliebenden Natur, zwei Gestalten wandeln auf diesem Bilde — und was nahm ich mit hinweg? Wieder den tiefsten Schmerz einer Trennung. Trennung, und immer Trennung, so wird es fortgehen, bis ich ganz allein stehe, ich werde keine Seele, die ich liebe, mehr um mich haben, ungenannt, ungekannt wird das dunkle Leben des Dunkelgrafen verklingen, der durch das Leben seinen Schatten trug. Vom wackersten Freunde mußte ich zuletzt mich trennen, den geliebtesten Freund mußte ich begraben,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

gutenberg.org: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in HTML. (2013-01-22T14:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus gutenberg.org entsprechen muss.
austrian literature online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-22T14:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von HTML nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-22T14:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/337
Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/337>, abgerufen am 24.11.2024.