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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Liebe angehören. Ueber die holde Tochter soll noch, zu deren eigener Sicherheit, das tiefste Schweigen beobachtet werden.

Nun denn, das Alles ist mir lieb zu hören, sagte die Gräfin: und so bitte ich dich, die Prinzessin mit der Tochter zu mir einzuladen. Jedenfalls weilt sie hier doch incognito?

Sie hat den Namen einer Gräfin von Clermont angenommen, versetzte Ludwig.

So gehe und führe sie zu mir, da ich heute noch einmal einen guten Tag habe, lange wird es nicht mehr dauern, und du, mein liebes Kind, entferne dich nicht allzuweit, daß ich dich kann rufen lassen, wenn der Genius mir die Fackel umstürzt. Noch einmal fesselt dich die alte Großmutter, die dich so lange mit Fesseln der Liebe hielt, an ihr Sterbebette, dann bist du ganz frei und die weite reiche Welt ist dein.

Die reiche Welt, sprach Ludwig bewegt: gibt mir doch nicht, was ich bedarf, wonach mein Herz und mein Seele dürstet -- Liebe!

Harre und hoffe! dir kann noch das höchste, das reinste Glück der Liebe erblühen. Wer mit fünfundzwanzig Jahren schon die schönsten Rosen seines Lebens abgepflückt hat, der hat sich selbst beraubt. Spare dich auf, ich sage dir, Ludwig, du wirst noch viele beglückte Tage sehen.

Der Graf ging und einige Stunden später befand sich die Prinzessin und das liebliche Kind im Zimmer der Reichsgräfin. Als die gewöhnlichen Formeln der Höflichkeit gewechselt waren, klingelte die Gräfin ihrer Kammerfrau und sprach zu der Eintretenden: Zeigen Sie doch der jungen Comtesse die Gemälde und die kleinen Raritäten im grünen Salon, den meine Freunde scherzhafter Weise immer mein "grünes Gewölbe" nennen.

Mittlerweile hatten sich des Kindes Augen schon auf ein Bild an der Wand geheftet, und mit Lebhaftigkeit rief es aus: O Himmel, welch ein schönes Bild! Das ist ja Schloß Doorwerth! Liebe Tante! mit diesen Worten wandte sie sich zu der Prinzessin, bitte, sehen Sie dieses Bild an! In diesem Schlosse bin ich gewesen -- in diesem Thurm hier -- zur rechten Seite -- haben wir gewohnt, meine liebe Anges und ich -- dort von jener Zinne haben wir herabgesehen, als so viele Soldaten um das Schloß versammelt waren, und die Prinzen dorthin kamen -- mein theurer -- Oncle!

Liebe angehören. Ueber die holde Tochter soll noch, zu deren eigener Sicherheit, das tiefste Schweigen beobachtet werden.

Nun denn, das Alles ist mir lieb zu hören, sagte die Gräfin: und so bitte ich dich, die Prinzessin mit der Tochter zu mir einzuladen. Jedenfalls weilt sie hier doch incognito?

Sie hat den Namen einer Gräfin von Clermont angenommen, versetzte Ludwig.

So gehe und führe sie zu mir, da ich heute noch einmal einen guten Tag habe, lange wird es nicht mehr dauern, und du, mein liebes Kind, entferne dich nicht allzuweit, daß ich dich kann rufen lassen, wenn der Genius mir die Fackel umstürzt. Noch einmal fesselt dich die alte Großmutter, die dich so lange mit Fesseln der Liebe hielt, an ihr Sterbebette, dann bist du ganz frei und die weite reiche Welt ist dein.

Die reiche Welt, sprach Ludwig bewegt: gibt mir doch nicht, was ich bedarf, wonach mein Herz und mein Seele dürstet — Liebe!

Harre und hoffe! dir kann noch das höchste, das reinste Glück der Liebe erblühen. Wer mit fünfundzwanzig Jahren schon die schönsten Rosen seines Lebens abgepflückt hat, der hat sich selbst beraubt. Spare dich auf, ich sage dir, Ludwig, du wirst noch viele beglückte Tage sehen.

Der Graf ging und einige Stunden später befand sich die Prinzessin und das liebliche Kind im Zimmer der Reichsgräfin. Als die gewöhnlichen Formeln der Höflichkeit gewechselt waren, klingelte die Gräfin ihrer Kammerfrau und sprach zu der Eintretenden: Zeigen Sie doch der jungen Comtesse die Gemälde und die kleinen Raritäten im grünen Salon, den meine Freunde scherzhafter Weise immer mein „grünes Gewölbe“ nennen.

Mittlerweile hatten sich des Kindes Augen schon auf ein Bild an der Wand geheftet, und mit Lebhaftigkeit rief es aus: O Himmel, welch ein schönes Bild! Das ist ja Schloß Doorwerth! Liebe Tante! mit diesen Worten wandte sie sich zu der Prinzessin, bitte, sehen Sie dieses Bild an! In diesem Schlosse bin ich gewesen — in diesem Thurm hier — zur rechten Seite — haben wir gewohnt, meine liebe Angés und ich — dort von jener Zinne haben wir herabgesehen, als so viele Soldaten um das Schloß versammelt waren, und die Prinzen dorthin kamen — mein theurer — Oncle!

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[357/0361] Liebe angehören. Ueber die holde Tochter soll noch, zu deren eigener Sicherheit, das tiefste Schweigen beobachtet werden. Nun denn, das Alles ist mir lieb zu hören, sagte die Gräfin: und so bitte ich dich, die Prinzessin mit der Tochter zu mir einzuladen. Jedenfalls weilt sie hier doch incognito? Sie hat den Namen einer Gräfin von Clermont angenommen, versetzte Ludwig. So gehe und führe sie zu mir, da ich heute noch einmal einen guten Tag habe, lange wird es nicht mehr dauern, und du, mein liebes Kind, entferne dich nicht allzuweit, daß ich dich kann rufen lassen, wenn der Genius mir die Fackel umstürzt. Noch einmal fesselt dich die alte Großmutter, die dich so lange mit Fesseln der Liebe hielt, an ihr Sterbebette, dann bist du ganz frei und die weite reiche Welt ist dein. Die reiche Welt, sprach Ludwig bewegt: gibt mir doch nicht, was ich bedarf, wonach mein Herz und mein Seele dürstet — Liebe! Harre und hoffe! dir kann noch das höchste, das reinste Glück der Liebe erblühen. Wer mit fünfundzwanzig Jahren schon die schönsten Rosen seines Lebens abgepflückt hat, der hat sich selbst beraubt. Spare dich auf, ich sage dir, Ludwig, du wirst noch viele beglückte Tage sehen. Der Graf ging und einige Stunden später befand sich die Prinzessin und das liebliche Kind im Zimmer der Reichsgräfin. Als die gewöhnlichen Formeln der Höflichkeit gewechselt waren, klingelte die Gräfin ihrer Kammerfrau und sprach zu der Eintretenden: Zeigen Sie doch der jungen Comtesse die Gemälde und die kleinen Raritäten im grünen Salon, den meine Freunde scherzhafter Weise immer mein „grünes Gewölbe“ nennen. Mittlerweile hatten sich des Kindes Augen schon auf ein Bild an der Wand geheftet, und mit Lebhaftigkeit rief es aus: O Himmel, welch ein schönes Bild! Das ist ja Schloß Doorwerth! Liebe Tante! mit diesen Worten wandte sie sich zu der Prinzessin, bitte, sehen Sie dieses Bild an! In diesem Schlosse bin ich gewesen — in diesem Thurm hier — zur rechten Seite — haben wir gewohnt, meine liebe Angés und ich — dort von jener Zinne haben wir herabgesehen, als so viele Soldaten um das Schloß versammelt waren, und die Prinzen dorthin kamen — mein theurer — Oncle!

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/361>, abgerufen am 22.11.2024.