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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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3. Das Gelübde


Romantischer Naturfriede und klösterliche Waldeinsamkeit umflossen und umschatteten das reizende Münsterthal zu Sanct Landelin, über das noch vor Kurzem der Krummstab des Hochstifts Straßburg geherrscht hatte. Zum zweiten Male hatte dieses reizende Thal jene beiden Liebenden aufgenommen, welche schon einmal dort weilten, und zwar zu der Zeit, wo gegen Leonardus Cornelius van der Valck die meuchlerische Gewaltthat verübt ward. Man war vorsichtiger geworden, obwohl man eine Wiederholung solchen Ueberfalles nicht befürchtete; denn man hielt sich sicher unter dem unmittelbaren Schutze eines nahe verwandten Kirchenfürsten, der im Schlosse des Städtchens als römischer Hauptpriester und letzter vormaliger Fürstbischof von Straßburg seine Residenz aufgeschlagen hatte, und mit jener Gastfreundschaft, welche vor alten Zeiten schon das Kloster und Münster in großartiger Ausdehnung geübt hatte, Manchem eine gesicherte Zufluchtsstätte bot, und häufig Verwandte und Freunde bei sich sah.

In diesen Gefilden, so nahe sie dem Rheinstrom lagen, herrschte der Friede, und keine Kriegerschaaren, nur Züge andachtsvoller Wallfahrer und Pilger strömten zu dem Gnadenort, an welchem einst der heilige Landelin, der Sage nach, seinen Martyrertod gefunden hatte, und nach dem Tode Wunder übte. Stattliche Gebäude erhoben sich rund umher und gaben dem Klosterhof ein bedeutendes Ansehen. Zahlreiche Dörfer und Höfe der Nachbarschaft waren früher dem Kloster zinsbar gewesen, und gegen das große Weinfaß, welches einst im Keller des Münsters aufbewahrt und von den alljährlich neu zuströmenden Spenden des Weinzinses vollgefüllt gehalten wurde, war das weltberühmte Heidelberger Faß nur ein Zwerg, denn dieses letztere faßt nur 283,000 Flaschen, jenes aber hielt 480,000 Flaschen oder 3000 Ohm edlen Rebensaftes.

Edlen Beschäftigungen und heiterem Naturgenuß hingegeben, verweilten hier die in Liebe und reinen Neigungen verbundenen Personen.

3. Das Gelübde


Romantischer Naturfriede und klösterliche Waldeinsamkeit umflossen und umschatteten das reizende Münsterthal zu Sanct Landelin, über das noch vor Kurzem der Krummstab des Hochstifts Straßburg geherrscht hatte. Zum zweiten Male hatte dieses reizende Thal jene beiden Liebenden aufgenommen, welche schon einmal dort weilten, und zwar zu der Zeit, wo gegen Leonardus Cornelius van der Valck die meuchlerische Gewaltthat verübt ward. Man war vorsichtiger geworden, obwohl man eine Wiederholung solchen Ueberfalles nicht befürchtete; denn man hielt sich sicher unter dem unmittelbaren Schutze eines nahe verwandten Kirchenfürsten, der im Schlosse des Städtchens als römischer Hauptpriester und letzter vormaliger Fürstbischof von Straßburg seine Residenz aufgeschlagen hatte, und mit jener Gastfreundschaft, welche vor alten Zeiten schon das Kloster und Münster in großartiger Ausdehnung geübt hatte, Manchem eine gesicherte Zufluchtsstätte bot, und häufig Verwandte und Freunde bei sich sah.

In diesen Gefilden, so nahe sie dem Rheinstrom lagen, herrschte der Friede, und keine Kriegerschaaren, nur Züge andachtsvoller Wallfahrer und Pilger strömten zu dem Gnadenort, an welchem einst der heilige Landelin, der Sage nach, seinen Martyrertod gefunden hatte, und nach dem Tode Wunder übte. Stattliche Gebäude erhoben sich rund umher und gaben dem Klosterhof ein bedeutendes Ansehen. Zahlreiche Dörfer und Höfe der Nachbarschaft waren früher dem Kloster zinsbar gewesen, und gegen das große Weinfaß, welches einst im Keller des Münsters aufbewahrt und von den alljährlich neu zuströmenden Spenden des Weinzinses vollgefüllt gehalten wurde, war das weltberühmte Heidelberger Faß nur ein Zwerg, denn dieses letztere faßt nur 283,000 Flaschen, jenes aber hielt 480,000 Flaschen oder 3000 Ohm edlen Rebensaftes.

Edlen Beschäftigungen und heiterem Naturgenuß hingegeben, verweilten hier die in Liebe und reinen Neigungen verbundenen Personen.

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[360/0364] 3. Das Gelübde Romantischer Naturfriede und klösterliche Waldeinsamkeit umflossen und umschatteten das reizende Münsterthal zu Sanct Landelin, über das noch vor Kurzem der Krummstab des Hochstifts Straßburg geherrscht hatte. Zum zweiten Male hatte dieses reizende Thal jene beiden Liebenden aufgenommen, welche schon einmal dort weilten, und zwar zu der Zeit, wo gegen Leonardus Cornelius van der Valck die meuchlerische Gewaltthat verübt ward. Man war vorsichtiger geworden, obwohl man eine Wiederholung solchen Ueberfalles nicht befürchtete; denn man hielt sich sicher unter dem unmittelbaren Schutze eines nahe verwandten Kirchenfürsten, der im Schlosse des Städtchens als römischer Hauptpriester und letzter vormaliger Fürstbischof von Straßburg seine Residenz aufgeschlagen hatte, und mit jener Gastfreundschaft, welche vor alten Zeiten schon das Kloster und Münster in großartiger Ausdehnung geübt hatte, Manchem eine gesicherte Zufluchtsstätte bot, und häufig Verwandte und Freunde bei sich sah. In diesen Gefilden, so nahe sie dem Rheinstrom lagen, herrschte der Friede, und keine Kriegerschaaren, nur Züge andachtsvoller Wallfahrer und Pilger strömten zu dem Gnadenort, an welchem einst der heilige Landelin, der Sage nach, seinen Martyrertod gefunden hatte, und nach dem Tode Wunder übte. Stattliche Gebäude erhoben sich rund umher und gaben dem Klosterhof ein bedeutendes Ansehen. Zahlreiche Dörfer und Höfe der Nachbarschaft waren früher dem Kloster zinsbar gewesen, und gegen das große Weinfaß, welches einst im Keller des Münsters aufbewahrt und von den alljährlich neu zuströmenden Spenden des Weinzinses vollgefüllt gehalten wurde, war das weltberühmte Heidelberger Faß nur ein Zwerg, denn dieses letztere faßt nur 283,000 Flaschen, jenes aber hielt 480,000 Flaschen oder 3000 Ohm edlen Rebensaftes. Edlen Beschäftigungen und heiterem Naturgenuß hingegeben, verweilten hier die in Liebe und reinen Neigungen verbundenen Personen.

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/364>, abgerufen am 22.11.2024.