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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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oder seine Thalwiesen wässernd zu befruchten. Alles war gepackt, geordnet und zur Reise bereit. Zwei Wagen sollten die Reisenden aufnehmen, im ersten sollten der Graf, Sophie und Anges, im zweiten die Dienerschaft fahren.

Als es nun zum Einsteigen kam, weigerte sich Anges entschieden, sich zu Ludwig und Sophie in den Wagen zu setzen, behauptete das Rückwärtsfahren nicht gut zu vertragen, und was sie sonst für Vorwände zur Hand nahm; der wahre Grund aber lag in Anges zartem Sinn, sie wollte Sophie jetzt einzig beim Schmerz über diese Trennung von den geliebten Eltern der Tröstung ihres Begleiters überlassen, denn es gibt Augenblicke im Leben, wo zwischen zwei Personen auch die allervertrauteste Dritte stört.

Der Postillon des ersten Wagens stieß in's Horn, stimmte die Melodie eines schwarzwälder Volksliedes an und dasselbe schien allen bewaldeten Bergwänden des Münsterthals so wohl zu gefallen, daß sie's im Echo nachtönten. -- Diese Posthornklänge und des Wagens Rollen auf harter Straße, die frisch mit Bergkies bedeckt war, ließ einen gellenden Aufschrei überhören, der plötzlich hinter ihnen dicht am zweiten Wagen ausgestoßen wurde, einen Schrei, der herzzerschneidend alle Diejenigen durchdrang, welche ihn vernahmen.



4. Katastrophen.


Der anbrechende Morgen war trüb und düster, und über der Straße, die durch das Gebirge nach Tübingen zu führte, hingen schwere Nebel, die an den Waldbergen hinzogen. Ein solcher Morgen weckt keine frohe Stimmung, und der heutige entsprach außerdem noch so ganz der Lage der Reisenden. Sophie war still und ergeben, sie fühlte sich geschützt, einer drohenden Gefahr entrissen, von der Zukunft hoffte sie nichts; ihre Gedanken kehrten zurück zu den geliebten Herzen, die sie hatte verlassen müssen; ihre einzige Hoffnung war die Verheißung des baldigen Wiedersehens.

oder seine Thalwiesen wässernd zu befruchten. Alles war gepackt, geordnet und zur Reise bereit. Zwei Wagen sollten die Reisenden aufnehmen, im ersten sollten der Graf, Sophie und Angés, im zweiten die Dienerschaft fahren.

Als es nun zum Einsteigen kam, weigerte sich Angés entschieden, sich zu Ludwig und Sophie in den Wagen zu setzen, behauptete das Rückwärtsfahren nicht gut zu vertragen, und was sie sonst für Vorwände zur Hand nahm; der wahre Grund aber lag in Angés zartem Sinn, sie wollte Sophie jetzt einzig beim Schmerz über diese Trennung von den geliebten Eltern der Tröstung ihres Begleiters überlassen, denn es gibt Augenblicke im Leben, wo zwischen zwei Personen auch die allervertrauteste Dritte stört.

Der Postillon des ersten Wagens stieß in’s Horn, stimmte die Melodie eines schwarzwälder Volksliedes an und dasselbe schien allen bewaldeten Bergwänden des Münsterthals so wohl zu gefallen, daß sie’s im Echo nachtönten. — Diese Posthornklänge und des Wagens Rollen auf harter Straße, die frisch mit Bergkies bedeckt war, ließ einen gellenden Aufschrei überhören, der plötzlich hinter ihnen dicht am zweiten Wagen ausgestoßen wurde, einen Schrei, der herzzerschneidend alle Diejenigen durchdrang, welche ihn vernahmen.



4. Katastrophen.


Der anbrechende Morgen war trüb und düster, und über der Straße, die durch das Gebirge nach Tübingen zu führte, hingen schwere Nebel, die an den Waldbergen hinzogen. Ein solcher Morgen weckt keine frohe Stimmung, und der heutige entsprach außerdem noch so ganz der Lage der Reisenden. Sophie war still und ergeben, sie fühlte sich geschützt, einer drohenden Gefahr entrissen, von der Zukunft hoffte sie nichts; ihre Gedanken kehrten zurück zu den geliebten Herzen, die sie hatte verlassen müssen; ihre einzige Hoffnung war die Verheißung des baldigen Wiedersehens.

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[372/0376] oder seine Thalwiesen wässernd zu befruchten. Alles war gepackt, geordnet und zur Reise bereit. Zwei Wagen sollten die Reisenden aufnehmen, im ersten sollten der Graf, Sophie und Angés, im zweiten die Dienerschaft fahren. Als es nun zum Einsteigen kam, weigerte sich Angés entschieden, sich zu Ludwig und Sophie in den Wagen zu setzen, behauptete das Rückwärtsfahren nicht gut zu vertragen, und was sie sonst für Vorwände zur Hand nahm; der wahre Grund aber lag in Angés zartem Sinn, sie wollte Sophie jetzt einzig beim Schmerz über diese Trennung von den geliebten Eltern der Tröstung ihres Begleiters überlassen, denn es gibt Augenblicke im Leben, wo zwischen zwei Personen auch die allervertrauteste Dritte stört. Der Postillon des ersten Wagens stieß in’s Horn, stimmte die Melodie eines schwarzwälder Volksliedes an und dasselbe schien allen bewaldeten Bergwänden des Münsterthals so wohl zu gefallen, daß sie’s im Echo nachtönten. — Diese Posthornklänge und des Wagens Rollen auf harter Straße, die frisch mit Bergkies bedeckt war, ließ einen gellenden Aufschrei überhören, der plötzlich hinter ihnen dicht am zweiten Wagen ausgestoßen wurde, einen Schrei, der herzzerschneidend alle Diejenigen durchdrang, welche ihn vernahmen. 4. Katastrophen. Der anbrechende Morgen war trüb und düster, und über der Straße, die durch das Gebirge nach Tübingen zu führte, hingen schwere Nebel, die an den Waldbergen hinzogen. Ein solcher Morgen weckt keine frohe Stimmung, und der heutige entsprach außerdem noch so ganz der Lage der Reisenden. Sophie war still und ergeben, sie fühlte sich geschützt, einer drohenden Gefahr entrissen, von der Zukunft hoffte sie nichts; ihre Gedanken kehrten zurück zu den geliebten Herzen, die sie hatte verlassen müssen; ihre einzige Hoffnung war die Verheißung des baldigen Wiedersehens.

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/376>, abgerufen am 22.11.2024.