Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.Anwartschaften auf Jever geltend zu machen? Er war sehr dringend, und ich habe ihm ein Jahrgehalt von fünftausend Silberrubeln als Entschädigungssumme auf Lebenszeit zugesichert, mehr konnte ich nicht thun. Ich habe dem Souverän von Varel und Kniphausen mein aufrichtiges Bedauern darüber ausgesprochen, daß die Verhältnisse gebieterisch fordern, die Ueberzahl dieser reichsgräflichen und reichsfreiunmittelbaren deutschen Standesherrn, da factisch das deutsche Reich aufhört, zu mediatisiren. -- Wollen Sie, Herr Graf, in meinen Militärdienst treten, so sollen Sie mir willkommen sein. Bei dieser Anrede des Kaisers durchzuckte blitzesschnell ein Gedanke Ludwig's Seele. Ich soll von Sophie getrennt leben, sie soll am Ende gar Hofdame in Sarskoe-Selo werden -- und wozu dies Alles? Bedürfen wir dieser kaiserlichen Gnaden? Allerunterthänigst muß ich für das Glück und die Auszeichnung danken, Eurer Majestät Offizier zu werden, antwortete Ludwig im bescheidensten Tone: ich bin körperlich zum Militärdienst untauglich. Die Prinzessin Sophie wird die Huld Eurer Majestät zu würdigen wissen und sich für die Annahme einer der Gnaden entscheiden, die allerhöchst ihr anzubieten Eure Majestät geruht haben. Majestät geruhen den Ausdruck unterthänigsten Dankes im Voraus entgegen zu nehmen. Der Kaiser nickte gnädig zum Zeichen der Entlassung, und bat Sophie noch, ihre schöne Mutter von ihm zu grüßen. Die Prinzessin zitterte an Ludwig's Arme, als sie, in ihren Schleier gehüllt, durch die mit besternten Kammerherren und hohen Militärchargen angefüllten Vorsäle, durch die Schaar goldbetreßter Diener schritt; sie athmete tief auf, da sie endlich im Wagen saßen, um nach ihrem Hotel zurückzufahren. Verwundert sahen die Höflinge dem Paare nach. Wer war der Mann, der eine Prinzessin, wie man sprach, zur Audienz beim Kaiser führte, im schlichten schwarzen Bürgerkleid und hatte nicht einmal einen Orden auf der Brust! Was sagten Sie dem Kaiser, Graf? Ich hörte es nicht genau vor Zittern und Zagen, fragte Sophie. Ich würde mich für Annahme einer der mir angebotenen Gnaden entscheiden? War es nicht so? Allerdings, ich konnte nicht anders sprechen, entgegnete Ludwig: ich konnte, nachdem ich für meine Person abgelehnt hatte, nicht Anwartschaften auf Jever geltend zu machen? Er war sehr dringend, und ich habe ihm ein Jahrgehalt von fünftausend Silberrubeln als Entschädigungssumme auf Lebenszeit zugesichert, mehr konnte ich nicht thun. Ich habe dem Souverän von Varel und Kniphausen mein aufrichtiges Bedauern darüber ausgesprochen, daß die Verhältnisse gebieterisch fordern, die Ueberzahl dieser reichsgräflichen und reichsfreiunmittelbaren deutschen Standesherrn, da factisch das deutsche Reich aufhört, zu mediatisiren. — Wollen Sie, Herr Graf, in meinen Militärdienst treten, so sollen Sie mir willkommen sein. Bei dieser Anrede des Kaisers durchzuckte blitzesschnell ein Gedanke Ludwig’s Seele. Ich soll von Sophie getrennt leben, sie soll am Ende gar Hofdame in Sarskoe-Selo werden — und wozu dies Alles? Bedürfen wir dieser kaiserlichen Gnaden? Allerunterthänigst muß ich für das Glück und die Auszeichnung danken, Eurer Majestät Offizier zu werden, antwortete Ludwig im bescheidensten Tone: ich bin körperlich zum Militärdienst untauglich. Die Prinzessin Sophie wird die Huld Eurer Majestät zu würdigen wissen und sich für die Annahme einer der Gnaden entscheiden, die allerhöchst ihr anzubieten Eure Majestät geruht haben. Majestät geruhen den Ausdruck unterthänigsten Dankes im Voraus entgegen zu nehmen. Der Kaiser nickte gnädig zum Zeichen der Entlassung, und bat Sophie noch, ihre schöne Mutter von ihm zu grüßen. Die Prinzessin zitterte an Ludwig’s Arme, als sie, in ihren Schleier gehüllt, durch die mit besternten Kammerherren und hohen Militärchargen angefüllten Vorsäle, durch die Schaar goldbetreßter Diener schritt; sie athmete tief auf, da sie endlich im Wagen saßen, um nach ihrem Hotel zurückzufahren. Verwundert sahen die Höflinge dem Paare nach. Wer war der Mann, der eine Prinzessin, wie man sprach, zur Audienz beim Kaiser führte, im schlichten schwarzen Bürgerkleid und hatte nicht einmal einen Orden auf der Brust! Was sagten Sie dem Kaiser, Graf? Ich hörte es nicht genau vor Zittern und Zagen, fragte Sophie. Ich würde mich für Annahme einer der mir angebotenen Gnaden entscheiden? War es nicht so? 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Bedürfen wir dieser kaiserlichen Gnaden?</p> <p>Allerunterthänigst muß ich für das Glück und die Auszeichnung danken, Eurer Majestät Offizier zu werden, antwortete Ludwig im bescheidensten Tone: ich bin körperlich zum Militärdienst untauglich. Die Prinzessin Sophie wird die Huld Eurer Majestät zu würdigen wissen und sich für die Annahme einer der Gnaden entscheiden, die allerhöchst ihr anzubieten Eure Majestät geruht haben. Majestät geruhen den Ausdruck unterthänigsten Dankes im Voraus entgegen zu nehmen.</p> <p>Der Kaiser nickte gnädig zum Zeichen der Entlassung, und bat Sophie noch, ihre schöne Mutter von ihm zu grüßen. Die Prinzessin zitterte an Ludwig’s Arme, als sie, in ihren Schleier gehüllt, durch die mit besternten Kammerherren und hohen Militärchargen angefüllten Vorsäle, durch die Schaar goldbetreßter Diener schritt; sie athmete tief auf, da sie endlich im Wagen saßen, um nach ihrem Hotel zurückzufahren. Verwundert sahen die Höflinge dem Paare nach. 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Anwartschaften auf Jever geltend zu machen? Er war sehr dringend, und ich habe ihm ein Jahrgehalt von fünftausend Silberrubeln als Entschädigungssumme auf Lebenszeit zugesichert, mehr konnte ich nicht thun. Ich habe dem Souverän von Varel und Kniphausen mein aufrichtiges Bedauern darüber ausgesprochen, daß die Verhältnisse gebieterisch fordern, die Ueberzahl dieser reichsgräflichen und reichsfreiunmittelbaren deutschen Standesherrn, da factisch das deutsche Reich aufhört, zu mediatisiren. — Wollen Sie, Herr Graf, in meinen Militärdienst treten, so sollen Sie mir willkommen sein.
Bei dieser Anrede des Kaisers durchzuckte blitzesschnell ein Gedanke Ludwig’s Seele. Ich soll von Sophie getrennt leben, sie soll am Ende gar Hofdame in Sarskoe-Selo werden — und wozu dies Alles? Bedürfen wir dieser kaiserlichen Gnaden?
Allerunterthänigst muß ich für das Glück und die Auszeichnung danken, Eurer Majestät Offizier zu werden, antwortete Ludwig im bescheidensten Tone: ich bin körperlich zum Militärdienst untauglich. Die Prinzessin Sophie wird die Huld Eurer Majestät zu würdigen wissen und sich für die Annahme einer der Gnaden entscheiden, die allerhöchst ihr anzubieten Eure Majestät geruht haben. Majestät geruhen den Ausdruck unterthänigsten Dankes im Voraus entgegen zu nehmen.
Der Kaiser nickte gnädig zum Zeichen der Entlassung, und bat Sophie noch, ihre schöne Mutter von ihm zu grüßen. Die Prinzessin zitterte an Ludwig’s Arme, als sie, in ihren Schleier gehüllt, durch die mit besternten Kammerherren und hohen Militärchargen angefüllten Vorsäle, durch die Schaar goldbetreßter Diener schritt; sie athmete tief auf, da sie endlich im Wagen saßen, um nach ihrem Hotel zurückzufahren. Verwundert sahen die Höflinge dem Paare nach. Wer war der Mann, der eine Prinzessin, wie man sprach, zur Audienz beim Kaiser führte, im schlichten schwarzen Bürgerkleid und hatte nicht einmal einen Orden auf der Brust!
Was sagten Sie dem Kaiser, Graf? Ich hörte es nicht genau vor Zittern und Zagen, fragte Sophie. Ich würde mich für Annahme einer der mir angebotenen Gnaden entscheiden? War es nicht so?
Allerdings, ich konnte nicht anders sprechen, entgegnete Ludwig: ich konnte, nachdem ich für meine Person abgelehnt hatte, nicht
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