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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Stammbäume und seine irdischen Besitzthümer streitig machen wird. Darum bedecke Vergessenheit auch dieses Ereigniß mit ihrem ewigen Dunkel. --

Graf Ludwig nährte immer mehr den Vorsatz, sich und sein hohes Glück den Augen der Welt zu entziehen. Die reichen Mittel, über welche er zu gebieten hatte, unterstützten den Plan und erleichterten ihm dessen Ausführung; sie vergönnten ihm selbst einen gewissen Nimbus des Geheimnißvollen um sich und seine nächste Umgebung zu verbreiten.

Da es ihm auch in der Vorstadt noch zu geräuschvoll war, so strebte er unablässig nach einem noch stilleren Asyl, und fand dies zuletzt zu seiner Freude in dem herrschaftlichen Schloß im Dorfe Eishausen. Dieses Schloß, früher im Besitz reicher Edelleute, jetzt aber sammt seinen Liegenschaften herzogliches Kammergut, stand bis auf den unteren Raum, der einem Verwalter zur Wohnung angewiesen war, völlig leer. Drei Stockwerke umfaßten eine große Anzahl heller Zimmerräume und einen schönen geräumigen Saal.

In diesem Hause gedachte Graf Ludwig sich seines Glückes still und ungetrübt erfreuen zu können und gewann auch bald einen zuverlässigen Mann, der sich des Geschäfts unterziehen wollte, das Schloß von der herzoglichen Kammer für ihn zu miethen. Schon am 22. September des Jahres 1810, feierte Ludwig mit Sophie die Wiederkehr seines Geburtstages still und glücklich in den Räumen dieses Hauses.

Die wirthschaftliche Einrichtung wurde nun nach einem wohlüberdachten Plane geordnet und geregelt: da aber dieselbe von den einfachen ländlichen Bedürfnissen der Bewohner des Dorfes so ganz abweichend war, so wurde Alles, was davon zur öffentlichen Kunde gelangte, bis in's Kleinste bekritelt und romantisch ausgeschmückt. Bald war auch hier der Graf als ein Sonderling ersten Ranges bekannt und wiewohl der große Haufe ihn kaum kannte, wußte er doch Allerlei an ihm auszusetzen. Es erschien den guten Leuten gegen alles Herkommen, daß der Mann sich so abgeschlossen hielt und jedem Umgang ängstlich aus dem Wege ging. Außerdem hatte er unverzeihlich viel Geld, und selbst, als er durch reiche Spenden an Arme und Bedürftige dem Volke Wohlthaten erwies, erntete er nur Undank und Mißdeutung seiner guten Absichten. Nie stand in der ganzen

Stammbäume und seine irdischen Besitzthümer streitig machen wird. Darum bedecke Vergessenheit auch dieses Ereigniß mit ihrem ewigen Dunkel. —

Graf Ludwig nährte immer mehr den Vorsatz, sich und sein hohes Glück den Augen der Welt zu entziehen. Die reichen Mittel, über welche er zu gebieten hatte, unterstützten den Plan und erleichterten ihm dessen Ausführung; sie vergönnten ihm selbst einen gewissen Nimbus des Geheimnißvollen um sich und seine nächste Umgebung zu verbreiten.

Da es ihm auch in der Vorstadt noch zu geräuschvoll war, so strebte er unablässig nach einem noch stilleren Asyl, und fand dies zuletzt zu seiner Freude in dem herrschaftlichen Schloß im Dorfe Eishausen. Dieses Schloß, früher im Besitz reicher Edelleute, jetzt aber sammt seinen Liegenschaften herzogliches Kammergut, stand bis auf den unteren Raum, der einem Verwalter zur Wohnung angewiesen war, völlig leer. Drei Stockwerke umfaßten eine große Anzahl heller Zimmerräume und einen schönen geräumigen Saal.

In diesem Hause gedachte Graf Ludwig sich seines Glückes still und ungetrübt erfreuen zu können und gewann auch bald einen zuverlässigen Mann, der sich des Geschäfts unterziehen wollte, das Schloß von der herzoglichen Kammer für ihn zu miethen. Schon am 22. September des Jahres 1810, feierte Ludwig mit Sophie die Wiederkehr seines Geburtstages still und glücklich in den Räumen dieses Hauses.

Die wirthschaftliche Einrichtung wurde nun nach einem wohlüberdachten Plane geordnet und geregelt: da aber dieselbe von den einfachen ländlichen Bedürfnissen der Bewohner des Dorfes so ganz abweichend war, so wurde Alles, was davon zur öffentlichen Kunde gelangte, bis in’s Kleinste bekritelt und romantisch ausgeschmückt. Bald war auch hier der Graf als ein Sonderling ersten Ranges bekannt und wiewohl der große Haufe ihn kaum kannte, wußte er doch Allerlei an ihm auszusetzen. Es erschien den guten Leuten gegen alles Herkommen, daß der Mann sich so abgeschlossen hielt und jedem Umgang ängstlich aus dem Wege ging. Außerdem hatte er unverzeihlich viel Geld, und selbst, als er durch reiche Spenden an Arme und Bedürftige dem Volke Wohlthaten erwies, erntete er nur Undank und Mißdeutung seiner guten Absichten. Nie stand in der ganzen

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[428/0432] Stammbäume und seine irdischen Besitzthümer streitig machen wird. Darum bedecke Vergessenheit auch dieses Ereigniß mit ihrem ewigen Dunkel. — Graf Ludwig nährte immer mehr den Vorsatz, sich und sein hohes Glück den Augen der Welt zu entziehen. Die reichen Mittel, über welche er zu gebieten hatte, unterstützten den Plan und erleichterten ihm dessen Ausführung; sie vergönnten ihm selbst einen gewissen Nimbus des Geheimnißvollen um sich und seine nächste Umgebung zu verbreiten. Da es ihm auch in der Vorstadt noch zu geräuschvoll war, so strebte er unablässig nach einem noch stilleren Asyl, und fand dies zuletzt zu seiner Freude in dem herrschaftlichen Schloß im Dorfe Eishausen. Dieses Schloß, früher im Besitz reicher Edelleute, jetzt aber sammt seinen Liegenschaften herzogliches Kammergut, stand bis auf den unteren Raum, der einem Verwalter zur Wohnung angewiesen war, völlig leer. Drei Stockwerke umfaßten eine große Anzahl heller Zimmerräume und einen schönen geräumigen Saal. In diesem Hause gedachte Graf Ludwig sich seines Glückes still und ungetrübt erfreuen zu können und gewann auch bald einen zuverlässigen Mann, der sich des Geschäfts unterziehen wollte, das Schloß von der herzoglichen Kammer für ihn zu miethen. Schon am 22. September des Jahres 1810, feierte Ludwig mit Sophie die Wiederkehr seines Geburtstages still und glücklich in den Räumen dieses Hauses. Die wirthschaftliche Einrichtung wurde nun nach einem wohlüberdachten Plane geordnet und geregelt: da aber dieselbe von den einfachen ländlichen Bedürfnissen der Bewohner des Dorfes so ganz abweichend war, so wurde Alles, was davon zur öffentlichen Kunde gelangte, bis in’s Kleinste bekritelt und romantisch ausgeschmückt. Bald war auch hier der Graf als ein Sonderling ersten Ranges bekannt und wiewohl der große Haufe ihn kaum kannte, wußte er doch Allerlei an ihm auszusetzen. Es erschien den guten Leuten gegen alles Herkommen, daß der Mann sich so abgeschlossen hielt und jedem Umgang ängstlich aus dem Wege ging. Außerdem hatte er unverzeihlich viel Geld, und selbst, als er durch reiche Spenden an Arme und Bedürftige dem Volke Wohlthaten erwies, erntete er nur Undank und Mißdeutung seiner guten Absichten. Nie stand in der ganzen

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/432>, abgerufen am 22.11.2024.