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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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treue Diener ihn aus dem Hause stürzen sah, ließ er das Pferd los und eilte Jenem nach. Berthelmy ging zwischen dem Dorf und dem Bach, welcher sich rasch und rauschend ergoß, auf die Wiesenfläche -- augenscheinlich um sich zu sammeln und in seiner kritischen Lage irgend einen Plan zu fassen. Sein Blut kochte in ohnmächtigem Grimme; es war, das sah er selbst wohl ein, kein Spaß mehr mit diesen deutschen Bauern zu machen, die Erinnerung des Landvolkes an den Druck, an den Uebermuth der Franzosen war noch zu neu und lebendig; überall mußten dies die Franzosen auf ihrer Flucht nach dem Rheine empfinden, das Landvolk besonders kannte oft kein Erbarmen mit einzelnen Flüchtlingen und Manchen derselben traf blutig die rächende Nemesis.

Kaum war der Hauptmann aus dem Hause und Philipp ihm vom Hof aus nachgefolgt, indem er rasch einen Steeg überschritt und längs des mit hoher Planke umfriedeten Wiesengartens abwärts, dem Bache der Rodach nachging, so winkte Pachter Kaiser einem Knecht im Hofe und gebot ihm, hinüber in das Dorf zu laufen, die Bauern zur Hülfe zu rufen, und wenn es sein müßte, selbst die Sturmglocke ziehen zu lassen.

Der Hauptmann verschwand unter den Weiden, die ziemlich dicht an einer Stelle der Thalwiesen standen. Als er sein Blut beruhigt glaubte, kehrte er wieder um, -- da stand Philipp vor ihm, wie aus der Erde gewachsen und vertrat ihm den Weg.

Die versprengten Soldaten im Schlosse hielten sich ruhig, sie fielen mit der Gier halbverhungerter Menschen über die Speisen und Getränke her, die man ihnen willig reichte; indessen sammelte sich bald ein Bauernhaufe vor dem Schlosse, mit allerlei Schießgewehr, Säbeln und Dreschflegeln.

Als der Pachter diesen Succurs anlangen sah, rief er den Soldaten zu, daß sie nun suchen sollten davonzukommen.

Die Franzosen riefen vergebens nach ihrem Kapitän, den sie erst jetzt vermißten. Bald sahen sie ein, daß sie dieser Uebermacht gegenüber den Kampf nicht wagen dürften. Die Bauernschaar verstellte den Flüchtigen den Weg ins Dorf und nach der Stadt, nöthigte sie einen Feldweg einzuschlagen, der sich gleich hinter dem Schloß und den Gutsgebäuden nach Streifdorf und südwärts zog, und gab ihnen unter deutschen Kernflüchen noch eine Strecke weit das Geleite.

treue Diener ihn aus dem Hause stürzen sah, ließ er das Pferd los und eilte Jenem nach. Berthelmy ging zwischen dem Dorf und dem Bach, welcher sich rasch und rauschend ergoß, auf die Wiesenfläche — augenscheinlich um sich zu sammeln und in seiner kritischen Lage irgend einen Plan zu fassen. Sein Blut kochte in ohnmächtigem Grimme; es war, das sah er selbst wohl ein, kein Spaß mehr mit diesen deutschen Bauern zu machen, die Erinnerung des Landvolkes an den Druck, an den Uebermuth der Franzosen war noch zu neu und lebendig; überall mußten dies die Franzosen auf ihrer Flucht nach dem Rheine empfinden, das Landvolk besonders kannte oft kein Erbarmen mit einzelnen Flüchtlingen und Manchen derselben traf blutig die rächende Nemesis.

Kaum war der Hauptmann aus dem Hause und Philipp ihm vom Hof aus nachgefolgt, indem er rasch einen Steeg überschritt und längs des mit hoher Planke umfriedeten Wiesengartens abwärts, dem Bache der Rodach nachging, so winkte Pachter Kaiser einem Knecht im Hofe und gebot ihm, hinüber in das Dorf zu laufen, die Bauern zur Hülfe zu rufen, und wenn es sein müßte, selbst die Sturmglocke ziehen zu lassen.

Der Hauptmann verschwand unter den Weiden, die ziemlich dicht an einer Stelle der Thalwiesen standen. Als er sein Blut beruhigt glaubte, kehrte er wieder um, — da stand Philipp vor ihm, wie aus der Erde gewachsen und vertrat ihm den Weg.

Die versprengten Soldaten im Schlosse hielten sich ruhig, sie fielen mit der Gier halbverhungerter Menschen über die Speisen und Getränke her, die man ihnen willig reichte; indessen sammelte sich bald ein Bauernhaufe vor dem Schlosse, mit allerlei Schießgewehr, Säbeln und Dreschflegeln.

Als der Pachter diesen Succurs anlangen sah, rief er den Soldaten zu, daß sie nun suchen sollten davonzukommen.

Die Franzosen riefen vergebens nach ihrem Kapitän, den sie erst jetzt vermißten. Bald sahen sie ein, daß sie dieser Uebermacht gegenüber den Kampf nicht wagen dürften. Die Bauernschaar verstellte den Flüchtigen den Weg ins Dorf und nach der Stadt, nöthigte sie einen Feldweg einzuschlagen, der sich gleich hinter dem Schloß und den Gutsgebäuden nach Streifdorf und südwärts zog, und gab ihnen unter deutschen Kernflüchen noch eine Strecke weit das Geleite.

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[432/0436] treue Diener ihn aus dem Hause stürzen sah, ließ er das Pferd los und eilte Jenem nach. Berthelmy ging zwischen dem Dorf und dem Bach, welcher sich rasch und rauschend ergoß, auf die Wiesenfläche — augenscheinlich um sich zu sammeln und in seiner kritischen Lage irgend einen Plan zu fassen. Sein Blut kochte in ohnmächtigem Grimme; es war, das sah er selbst wohl ein, kein Spaß mehr mit diesen deutschen Bauern zu machen, die Erinnerung des Landvolkes an den Druck, an den Uebermuth der Franzosen war noch zu neu und lebendig; überall mußten dies die Franzosen auf ihrer Flucht nach dem Rheine empfinden, das Landvolk besonders kannte oft kein Erbarmen mit einzelnen Flüchtlingen und Manchen derselben traf blutig die rächende Nemesis. Kaum war der Hauptmann aus dem Hause und Philipp ihm vom Hof aus nachgefolgt, indem er rasch einen Steeg überschritt und längs des mit hoher Planke umfriedeten Wiesengartens abwärts, dem Bache der Rodach nachging, so winkte Pachter Kaiser einem Knecht im Hofe und gebot ihm, hinüber in das Dorf zu laufen, die Bauern zur Hülfe zu rufen, und wenn es sein müßte, selbst die Sturmglocke ziehen zu lassen. Der Hauptmann verschwand unter den Weiden, die ziemlich dicht an einer Stelle der Thalwiesen standen. Als er sein Blut beruhigt glaubte, kehrte er wieder um, — da stand Philipp vor ihm, wie aus der Erde gewachsen und vertrat ihm den Weg. Die versprengten Soldaten im Schlosse hielten sich ruhig, sie fielen mit der Gier halbverhungerter Menschen über die Speisen und Getränke her, die man ihnen willig reichte; indessen sammelte sich bald ein Bauernhaufe vor dem Schlosse, mit allerlei Schießgewehr, Säbeln und Dreschflegeln. Als der Pachter diesen Succurs anlangen sah, rief er den Soldaten zu, daß sie nun suchen sollten davonzukommen. Die Franzosen riefen vergebens nach ihrem Kapitän, den sie erst jetzt vermißten. Bald sahen sie ein, daß sie dieser Uebermacht gegenüber den Kampf nicht wagen dürften. Die Bauernschaar verstellte den Flüchtigen den Weg ins Dorf und nach der Stadt, nöthigte sie einen Feldweg einzuschlagen, der sich gleich hinter dem Schloß und den Gutsgebäuden nach Streifdorf und südwärts zog, und gab ihnen unter deutschen Kernflüchen noch eine Strecke weit das Geleite.

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/436>, abgerufen am 22.11.2024.