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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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der Watten links und der Zuyd-Wal rechts die schmale Fahrstraße einhalten mußte. Die "vergulde Rose" behielt nun auf mehrere Stunden zur Rechten die Inseln Ter Schelling und Vliland näher oder entfernter, die friesländische Küste aber in stets gleicher ziemlicher Nähe zur Linken in Sicht, bis es dieser bei dem sagenreichen Stavoren vorüber am nächsten kam.

Als Kapitän Fluit die erste Flasche entkorkt und die geistige Flut in die Gläser hatte rinnen lassen, und der erste Toast ihm von den Freunden ausgebracht war, verließ Leonardus schnell die Kajüte.

Was hat er? Was ist ihm? fragte Ludwig, einigermaßen bestürzt und verwundert über diesen raschen Aufbruch.

Werden es gleich sehen, mein Herr Graf! Werden gleich sehen, was Herr Leonardus hat, gab der Kapitän lachend zur Antwort, und siehe, bald darauf wurde wieder die Kajütenthüre geöffnet und herein trat mit einem freudestrahlenden Blick Leonardus, auf seinem Arm ein über alle Beschreibung schönes Kind tragend, und dicht hinter ihm folgte mit einem unendlich reizenden keuschen Erröthen Anges Berthelmy.

Ludwig und der Kapitän erhoben sich zum freundlichen Gruße der Eintretenden, und indem sie einen schüchternen Blick auf Ludwig warf, erglühte sie noch höher wie zuvor, und rief: Mein Leonardus, dein Herr Bruder!

Ja, mein Bruder, gute Anges, nimm ihn immer dafür! Nicht wahr, sie darf? fragte Leonardus seinen neuen Freund, und dieser erwiderte in einiger Verwirrung, ja fast mädchenhaft: Wohl, sie darf, welch' eine liebenswürdige Schwester gewinne ich dabei!

Freundlich wurde Anges genöthigt, bei den Freunden sich niederzulassen; sie setzte zwischen sich und Ludwig das Kind, und sich selbst traulich anschmiegend an Leonardus Seite.

Ludwig konnte, nachdem er an Ange's Schönheit seine Augen vollgeweidet, diese Augen kaum von dem Kinde wenden. Die kleine Sophie war von blühendster Frische und von der zartesten Färbung der Haut, sie hatte ein rundes Gesichtchen, weiches blondes Haar, welches in Ringellocken um das Engelsköpfchen fiel, und die herrlichsten dunkeln Augen, die man nur irgend sehen konnte; das kleine Mädchen mochte vier Jahre zählen, erschien aber im Wachsthum schon

der Watten links und der Zuyd-Wal rechts die schmale Fahrstraße einhalten mußte. Die „vergulde Rose“ behielt nun auf mehrere Stunden zur Rechten die Inseln Ter Schelling und Vliland näher oder entfernter, die friesländische Küste aber in stets gleicher ziemlicher Nähe zur Linken in Sicht, bis es dieser bei dem sagenreichen Stavoren vorüber am nächsten kam.

Als Kapitän Fluit die erste Flasche entkorkt und die geistige Flut in die Gläser hatte rinnen lassen, und der erste Toast ihm von den Freunden ausgebracht war, verließ Leonardus schnell die Kajüte.

Was hat er? Was ist ihm? fragte Ludwig, einigermaßen bestürzt und verwundert über diesen raschen Aufbruch.

Werden es gleich sehen, mein Herr Graf! Werden gleich sehen, was Herr Leonardus hat, gab der Kapitän lachend zur Antwort, und siehe, bald darauf wurde wieder die Kajütenthüre geöffnet und herein trat mit einem freudestrahlenden Blick Leonardus, auf seinem Arm ein über alle Beschreibung schönes Kind tragend, und dicht hinter ihm folgte mit einem unendlich reizenden keuschen Erröthen Angés Berthelmy.

Ludwig und der Kapitän erhoben sich zum freundlichen Gruße der Eintretenden, und indem sie einen schüchternen Blick auf Ludwig warf, erglühte sie noch höher wie zuvor, und rief: Mein Leonardus, dein Herr Bruder!

Ja, mein Bruder, gute Angés, nimm ihn immer dafür! Nicht wahr, sie darf? fragte Leonardus seinen neuen Freund, und dieser erwiderte in einiger Verwirrung, ja fast mädchenhaft: Wohl, sie darf, welch’ eine liebenswürdige Schwester gewinne ich dabei!

Freundlich wurde Angés genöthigt, bei den Freunden sich niederzulassen; sie setzte zwischen sich und Ludwig das Kind, und sich selbst traulich anschmiegend an Leonardus Seite.

Ludwig konnte, nachdem er an Angé’s Schönheit seine Augen vollgeweidet, diese Augen kaum von dem Kinde wenden. Die kleine Sophie war von blühendster Frische und von der zartesten Färbung der Haut, sie hatte ein rundes Gesichtchen, weiches blondes Haar, welches in Ringellocken um das Engelsköpfchen fiel, und die herrlichsten dunkeln Augen, die man nur irgend sehen konnte; das kleine Mädchen mochte vier Jahre zählen, erschien aber im Wachsthum schon

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[91/0095] der Watten links und der Zuyd-Wal rechts die schmale Fahrstraße einhalten mußte. Die „vergulde Rose“ behielt nun auf mehrere Stunden zur Rechten die Inseln Ter Schelling und Vliland näher oder entfernter, die friesländische Küste aber in stets gleicher ziemlicher Nähe zur Linken in Sicht, bis es dieser bei dem sagenreichen Stavoren vorüber am nächsten kam. Als Kapitän Fluit die erste Flasche entkorkt und die geistige Flut in die Gläser hatte rinnen lassen, und der erste Toast ihm von den Freunden ausgebracht war, verließ Leonardus schnell die Kajüte. Was hat er? Was ist ihm? fragte Ludwig, einigermaßen bestürzt und verwundert über diesen raschen Aufbruch. Werden es gleich sehen, mein Herr Graf! Werden gleich sehen, was Herr Leonardus hat, gab der Kapitän lachend zur Antwort, und siehe, bald darauf wurde wieder die Kajütenthüre geöffnet und herein trat mit einem freudestrahlenden Blick Leonardus, auf seinem Arm ein über alle Beschreibung schönes Kind tragend, und dicht hinter ihm folgte mit einem unendlich reizenden keuschen Erröthen Angés Berthelmy. Ludwig und der Kapitän erhoben sich zum freundlichen Gruße der Eintretenden, und indem sie einen schüchternen Blick auf Ludwig warf, erglühte sie noch höher wie zuvor, und rief: Mein Leonardus, dein Herr Bruder! Ja, mein Bruder, gute Angés, nimm ihn immer dafür! Nicht wahr, sie darf? fragte Leonardus seinen neuen Freund, und dieser erwiderte in einiger Verwirrung, ja fast mädchenhaft: Wohl, sie darf, welch’ eine liebenswürdige Schwester gewinne ich dabei! Freundlich wurde Angés genöthigt, bei den Freunden sich niederzulassen; sie setzte zwischen sich und Ludwig das Kind, und sich selbst traulich anschmiegend an Leonardus Seite. Ludwig konnte, nachdem er an Angé’s Schönheit seine Augen vollgeweidet, diese Augen kaum von dem Kinde wenden. Die kleine Sophie war von blühendster Frische und von der zartesten Färbung der Haut, sie hatte ein rundes Gesichtchen, weiches blondes Haar, welches in Ringellocken um das Engelsköpfchen fiel, und die herrlichsten dunkeln Augen, die man nur irgend sehen konnte; das kleine Mädchen mochte vier Jahre zählen, erschien aber im Wachsthum schon

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/95>, abgerufen am 21.11.2024.