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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Ägypten.
Granite, sowie der festen Porphyre und Basalte des oberen Landes
ohne die Benutzung von Stahlwerkzeugen kaum gedacht werden können.

Die äusseren Gründe, dass sich eiserne Gegenstände aus uralter
Zeit erhalten haben, dass uns die Abbildungen in den ältesten Gräbern
die Benutzung des Eisens zeigen, dass die Inschriften des Eisens er-
wähnen und hieroglyphische Bezeichnungen für dieses Metall bekannt
sind.

Fassen wir die Beweise für die frühe Bekanntschaft der Ägypter
mit dem Eisen in ihrer Aufeinanderfolge, so müssen wir zunächst nach-
weisen, dass sich Eisenerze in dem alten ägyptischen Gebiet vorfanden.
Im eigentlichen Nilthal finden sich diese Erze freilich nicht, wohl aber
in dem Bergland, das östlich vom Nil das Flussthal von dem Roten Meere
scheidet. Dort findet es sich in Spalten und Klüften im Kalkgebirge.
Wilkinson berichtet, dass man die Reste alter Eisenbergwerke dort auf-
gefunden habe. Ob aber in diesem Teile des Landes bedeutende Eisen-
gewinnung statt gehabt hat, ist vorläufig nicht erwiesen. Sicher war
dies dagegen auf der Sinai-Halbinsel der Fall. Ganz in der Nähe
des Thales Maghara, nicht weit von den oben erwähnten Kupferberg-
werken des Königs Sephuris fand Hartland1) bei Surabit-el-Khadur
die Reste ausgedehnter Eisengewinnung. Bei den mächtigen Schlacken-
halden2) fanden sich die Reste eines alten Tempels, sowie einer Militär-
niederlassung. Es ist Grund anzunehmen, dass diese Eisenbergwerke
gleichzeitig mit den benachbarten Kupfergruben betrieben wurden.
H. Bauerman berichtet3): Im ganzen Wadi Nasb oder Baba treten
Bänke von Brauneisenstein und Pyrolusit und Psilomelan auf. Zu Nasb
sind darin kleine Schächte, ebenso auf dem anstossenden Plateau und
alte Arbeiten auf Eisenerz finden sich auf der Westseite des Nasbthales.
Sehr reich an Eisenerzen war das südliche Bergland des alten Ägyptens,
das als Nubien, Äthiopien und Meroe genannt wird. Herodot, Diodor
und Strabo berichten dies. Herodot bemerkt, dass Eisen in Äthiopien
viel häufiger sei, als in Ägypten; Kupfer sei dagegen so selten, dass die
Gefangenen öfter mit Ketten von Gold gefesselt wurden. Letzteres ist
wohl eine Fabel, die sich der Vater der Geschichte aufbinden liess.

Dass die Ägypter hinreichende metallurgische Kenntnisse und Hilfs-
mittel mindestens schon zur Zeit der dritten Dynastie besassen, um im
stande zu sein das Eisen aus seinen Erzen zu reduzieren, geht zur Ge-

1) S. Bericht von F. D. Hartland F. S. A. Proceedings of S. of Antiquaries
of London. Vol. V. 2. series. p. 330 (13 Juni 1877).
2) Die Schlacken enthalten durchschnittlich 52 Proz. Eisen.
3) Quaterly Journ. Geol. Soc. London, Febr. 1869.
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Ägypten.
Granite, sowie der festen Porphyre und Basalte des oberen Landes
ohne die Benutzung von Stahlwerkzeugen kaum gedacht werden können.

Die äuſseren Gründe, daſs sich eiserne Gegenstände aus uralter
Zeit erhalten haben, daſs uns die Abbildungen in den ältesten Gräbern
die Benutzung des Eisens zeigen, daſs die Inschriften des Eisens er-
wähnen und hieroglyphische Bezeichnungen für dieses Metall bekannt
sind.

Fassen wir die Beweise für die frühe Bekanntschaft der Ägypter
mit dem Eisen in ihrer Aufeinanderfolge, so müssen wir zunächst nach-
weisen, daſs sich Eisenerze in dem alten ägyptischen Gebiet vorfanden.
Im eigentlichen Nilthal finden sich diese Erze freilich nicht, wohl aber
in dem Bergland, das östlich vom Nil das Fluſsthal von dem Roten Meere
scheidet. Dort findet es sich in Spalten und Klüften im Kalkgebirge.
Wilkinson berichtet, daſs man die Reste alter Eisenbergwerke dort auf-
gefunden habe. Ob aber in diesem Teile des Landes bedeutende Eisen-
gewinnung statt gehabt hat, ist vorläufig nicht erwiesen. Sicher war
dies dagegen auf der Sinai-Halbinsel der Fall. Ganz in der Nähe
des Thales Maghara, nicht weit von den oben erwähnten Kupferberg-
werken des Königs Sephuris fand Hartland1) bei Surabit-el-Khadur
die Reste ausgedehnter Eisengewinnung. Bei den mächtigen Schlacken-
halden2) fanden sich die Reste eines alten Tempels, sowie einer Militär-
niederlassung. Es ist Grund anzunehmen, daſs diese Eisenbergwerke
gleichzeitig mit den benachbarten Kupfergruben betrieben wurden.
H. Bauerman berichtet3): Im ganzen Wadi Nasb oder Baba treten
Bänke von Brauneisenstein und Pyrolusit und Psilomelan auf. Zu Nasb
sind darin kleine Schächte, ebenso auf dem anstoſsenden Plateau und
alte Arbeiten auf Eisenerz finden sich auf der Westseite des Nasbthales.
Sehr reich an Eisenerzen war das südliche Bergland des alten Ägyptens,
das als Nubien, Äthiopien und Meroe genannt wird. Herodot, Diodor
und Strabo berichten dies. Herodot bemerkt, daſs Eisen in Äthiopien
viel häufiger sei, als in Ägypten; Kupfer sei dagegen so selten, daſs die
Gefangenen öfter mit Ketten von Gold gefesselt wurden. Letzteres ist
wohl eine Fabel, die sich der Vater der Geschichte aufbinden lieſs.

Daſs die Ägypter hinreichende metallurgische Kenntnisse und Hilfs-
mittel mindestens schon zur Zeit der dritten Dynastie besaſsen, um im
stande zu sein das Eisen aus seinen Erzen zu reduzieren, geht zur Ge-

1) S. Bericht von F. D. Hartland F. S. A. Proceedings of S. of Antiquaries
of London. Vol. V. 2. series. p. 330 (13 Juni 1877).
2) Die Schlacken enthalten durchschnittlich 52 Proz. Eisen.
3) Quaterly Journ. Geol. Soc. London, Febr. 1869.
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[83/0105] Ägypten. Granite, sowie der festen Porphyre und Basalte des oberen Landes ohne die Benutzung von Stahlwerkzeugen kaum gedacht werden können. Die äuſseren Gründe, daſs sich eiserne Gegenstände aus uralter Zeit erhalten haben, daſs uns die Abbildungen in den ältesten Gräbern die Benutzung des Eisens zeigen, daſs die Inschriften des Eisens er- wähnen und hieroglyphische Bezeichnungen für dieses Metall bekannt sind. Fassen wir die Beweise für die frühe Bekanntschaft der Ägypter mit dem Eisen in ihrer Aufeinanderfolge, so müssen wir zunächst nach- weisen, daſs sich Eisenerze in dem alten ägyptischen Gebiet vorfanden. Im eigentlichen Nilthal finden sich diese Erze freilich nicht, wohl aber in dem Bergland, das östlich vom Nil das Fluſsthal von dem Roten Meere scheidet. Dort findet es sich in Spalten und Klüften im Kalkgebirge. Wilkinson berichtet, daſs man die Reste alter Eisenbergwerke dort auf- gefunden habe. Ob aber in diesem Teile des Landes bedeutende Eisen- gewinnung statt gehabt hat, ist vorläufig nicht erwiesen. Sicher war dies dagegen auf der Sinai-Halbinsel der Fall. Ganz in der Nähe des Thales Maghara, nicht weit von den oben erwähnten Kupferberg- werken des Königs Sephuris fand Hartland 1) bei Surabit-el-Khadur die Reste ausgedehnter Eisengewinnung. Bei den mächtigen Schlacken- halden 2) fanden sich die Reste eines alten Tempels, sowie einer Militär- niederlassung. Es ist Grund anzunehmen, daſs diese Eisenbergwerke gleichzeitig mit den benachbarten Kupfergruben betrieben wurden. H. Bauerman berichtet 3): Im ganzen Wadi Nasb oder Baba treten Bänke von Brauneisenstein und Pyrolusit und Psilomelan auf. Zu Nasb sind darin kleine Schächte, ebenso auf dem anstoſsenden Plateau und alte Arbeiten auf Eisenerz finden sich auf der Westseite des Nasbthales. Sehr reich an Eisenerzen war das südliche Bergland des alten Ägyptens, das als Nubien, Äthiopien und Meroe genannt wird. Herodot, Diodor und Strabo berichten dies. Herodot bemerkt, daſs Eisen in Äthiopien viel häufiger sei, als in Ägypten; Kupfer sei dagegen so selten, daſs die Gefangenen öfter mit Ketten von Gold gefesselt wurden. Letzteres ist wohl eine Fabel, die sich der Vater der Geschichte aufbinden lieſs. Daſs die Ägypter hinreichende metallurgische Kenntnisse und Hilfs- mittel mindestens schon zur Zeit der dritten Dynastie besaſsen, um im stande zu sein das Eisen aus seinen Erzen zu reduzieren, geht zur Ge- 1) S. Bericht von F. D. Hartland F. S. A. Proceedings of S. of Antiquaries of London. Vol. V. 2. series. p. 330 (13 Juni 1877). 2) Die Schlacken enthalten durchschnittlich 52 Proz. Eisen. 3) Quaterly Journ. Geol. Soc. London, Febr. 1869. 6*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/105>, abgerufen am 27.04.2024.