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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Semiten.
babylonische Münzsystem bereits in Syrien und bei den Phöniziern
allgemein verbreitet.

Die Metalle, die wir im Gebrauch finden, sind Gold, Silber, Kupfer,
Eisen, Blei und Zinn. Das Gold war den Semiten in ältester Zeit be-
kannt. Zwar findet sich in dem eigentlichen Mesopotamien kein Gold,
aber der Handel führte ihnen das Metall schon in frühester Zeit zu.
In den ältesten chaldäischen Ruinen hat man neben Steinwerkzeugen
Schmucksachen von Gold aufgefunden. Die altassyrische Bezeichnung
für Gold ist huraz @. Daneben erscheinen in den anderen chal-
däischen Dialekten die Bezeichnungen kuraza und kurassu, interessant
durch die Verwandtschaft mit dem griechischen khphusoz. Das meiste
Gold des Handels kam aus dem Süden und zwar durch den arabischen
Zwischenhandel teils aus Midian, teils aus Äthiopien, später auch aus
Indien durch den Küstenhandel über Teredon und Gerrha. Der Krieg
schaffte zwar keine Werte; aber er war die Veranlassung der Anhäufung
ungeheurer Massen von Metallen und insbesonders von Gold in den
Hauptstädten der orientalischen Könige. Wir haben aus den Tribut-
tafeln der assyrischen Könige schon kennen gelernt, welche Menge von
edlen Metallen sie aus ihren Kriegen mit heimbrachten. Der Gold-
reichtum der assyrischen, babylonischen und später der persischen
Könige grenzt ans Unglaubliche. Ktesias, dessen Angaben freilich
meist übertrieben sind, behauptet, dass bei der Eroberung Ninivehs die
verbündeten Babylonier und Meder zehn Millionen Zentner Gold und
hundert Millionen Zentner Silber erbeutet hätten. Aus einem Teil
seines Beuteanteils baute Nebukadnezar in Babylon einen Tempel, in
dem er eine Anzahl Götterbilder aus massivem Golde aufstellen liess.
Das Bild des Bel wog 1000 Zentner, das Bild einer weiblichen Gottheit,
der Rhea, ebenfalls 1000 Zentner, eine Statue der Beltis (Hera) 800 Zent-
ner. Ferner stiftete er ein grosses goldenes Becken, das 1200 Zentner
wog, und zwei kleinere von je 600 Zentner Gewicht. Nach Diodor betrug
der Wert des Goldes, den Xerxes bei der Eroberung Babylons aus dem
Belsistempel nahm, 7350 attische Talente, nahezu 500 Millionen Mark.
Alexander der Grosse häufte bei seinem asiatischen Kriegszug in
der Stadt Ekbatana 180000 Talente an geraubtem Gold und Silber
auf. Wie alt muss die Metallindustrie Westasiens gewesen sein, durch
welche solche Massenansammlungen von Gold in so früher Zeit geschehen
konnten! Die Goldschmiedekunst war auch in den Städten Chaldäas
hoch entwickelt. Wir haben der Arm- und Fussspangen, Ohrringe, der
kunstvollen Schwertgriffe u. s. w. schon gedacht, ebenso wie der Bild-

Die Semiten.
babylonische Münzsystem bereits in Syrien und bei den Phöniziern
allgemein verbreitet.

Die Metalle, die wir im Gebrauch finden, sind Gold, Silber, Kupfer,
Eisen, Blei und Zinn. Das Gold war den Semiten in ältester Zeit be-
kannt. Zwar findet sich in dem eigentlichen Mesopotamien kein Gold,
aber der Handel führte ihnen das Metall schon in frühester Zeit zu.
In den ältesten chaldäischen Ruinen hat man neben Steinwerkzeugen
Schmucksachen von Gold aufgefunden. Die altassyrische Bezeichnung
für Gold ist huraz . Daneben erscheinen in den anderen chal-
däischen Dialekten die Bezeichnungen kuraza und kurassu, interessant
durch die Verwandtschaft mit dem griechischen χφῦςόζ. Das meiste
Gold des Handels kam aus dem Süden und zwar durch den arabischen
Zwischenhandel teils aus Midian, teils aus Äthiopien, später auch aus
Indien durch den Küstenhandel über Teredon und Gerrha. Der Krieg
schaffte zwar keine Werte; aber er war die Veranlassung der Anhäufung
ungeheurer Massen von Metallen und insbesonders von Gold in den
Hauptstädten der orientalischen Könige. Wir haben aus den Tribut-
tafeln der assyrischen Könige schon kennen gelernt, welche Menge von
edlen Metallen sie aus ihren Kriegen mit heimbrachten. Der Gold-
reichtum der assyrischen, babylonischen und später der persischen
Könige grenzt ans Unglaubliche. Ktesias, dessen Angaben freilich
meist übertrieben sind, behauptet, daſs bei der Eroberung Ninivehs die
verbündeten Babylonier und Meder zehn Millionen Zentner Gold und
hundert Millionen Zentner Silber erbeutet hätten. Aus einem Teil
seines Beuteanteils baute Nebukadnezar in Babylon einen Tempel, in
dem er eine Anzahl Götterbilder aus massivem Golde aufstellen lieſs.
Das Bild des Bel wog 1000 Zentner, das Bild einer weiblichen Gottheit,
der Rhea, ebenfalls 1000 Zentner, eine Statue der Beltis (Hera) 800 Zent-
ner. Ferner stiftete er ein groſses goldenes Becken, das 1200 Zentner
wog, und zwei kleinere von je 600 Zentner Gewicht. Nach Diodor betrug
der Wert des Goldes, den Xerxes bei der Eroberung Babylons aus dem
Belsistempel nahm, 7350 attische Talente, nahezu 500 Millionen Mark.
Alexander der Groſse häufte bei seinem asiatischen Kriegszug in
der Stadt Ekbatana 180000 Talente an geraubtem Gold und Silber
auf. Wie alt muſs die Metallindustrie Westasiens gewesen sein, durch
welche solche Massenansammlungen von Gold in so früher Zeit geschehen
konnten! Die Goldschmiedekunst war auch in den Städten Chaldäas
hoch entwickelt. Wir haben der Arm- und Fuſsspangen, Ohrringe, der
kunstvollen Schwertgriffe u. s. w. schon gedacht, ebenso wie der Bild-

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[124/0146] Die Semiten. babylonische Münzsystem bereits in Syrien und bei den Phöniziern allgemein verbreitet. Die Metalle, die wir im Gebrauch finden, sind Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Blei und Zinn. Das Gold war den Semiten in ältester Zeit be- kannt. Zwar findet sich in dem eigentlichen Mesopotamien kein Gold, aber der Handel führte ihnen das Metall schon in frühester Zeit zu. In den ältesten chaldäischen Ruinen hat man neben Steinwerkzeugen Schmucksachen von Gold aufgefunden. Die altassyrische Bezeichnung für Gold ist huraz . Daneben erscheinen in den anderen chal- däischen Dialekten die Bezeichnungen kuraza und kurassu, interessant durch die Verwandtschaft mit dem griechischen χφῦςόζ. Das meiste Gold des Handels kam aus dem Süden und zwar durch den arabischen Zwischenhandel teils aus Midian, teils aus Äthiopien, später auch aus Indien durch den Küstenhandel über Teredon und Gerrha. Der Krieg schaffte zwar keine Werte; aber er war die Veranlassung der Anhäufung ungeheurer Massen von Metallen und insbesonders von Gold in den Hauptstädten der orientalischen Könige. Wir haben aus den Tribut- tafeln der assyrischen Könige schon kennen gelernt, welche Menge von edlen Metallen sie aus ihren Kriegen mit heimbrachten. Der Gold- reichtum der assyrischen, babylonischen und später der persischen Könige grenzt ans Unglaubliche. Ktesias, dessen Angaben freilich meist übertrieben sind, behauptet, daſs bei der Eroberung Ninivehs die verbündeten Babylonier und Meder zehn Millionen Zentner Gold und hundert Millionen Zentner Silber erbeutet hätten. Aus einem Teil seines Beuteanteils baute Nebukadnezar in Babylon einen Tempel, in dem er eine Anzahl Götterbilder aus massivem Golde aufstellen lieſs. Das Bild des Bel wog 1000 Zentner, das Bild einer weiblichen Gottheit, der Rhea, ebenfalls 1000 Zentner, eine Statue der Beltis (Hera) 800 Zent- ner. Ferner stiftete er ein groſses goldenes Becken, das 1200 Zentner wog, und zwei kleinere von je 600 Zentner Gewicht. Nach Diodor betrug der Wert des Goldes, den Xerxes bei der Eroberung Babylons aus dem Belsistempel nahm, 7350 attische Talente, nahezu 500 Millionen Mark. Alexander der Groſse häufte bei seinem asiatischen Kriegszug in der Stadt Ekbatana 180000 Talente an geraubtem Gold und Silber auf. Wie alt muſs die Metallindustrie Westasiens gewesen sein, durch welche solche Massenansammlungen von Gold in so früher Zeit geschehen konnten! Die Goldschmiedekunst war auch in den Städten Chaldäas hoch entwickelt. Wir haben der Arm- und Fuſsspangen, Ohrringe, der kunstvollen Schwertgriffe u. s. w. schon gedacht, ebenso wie der Bild-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/146>, abgerufen am 28.04.2024.