dieses wunderbaren Wesens konnte nicht zertreten werden, er hat die stolze Pracht Asiens und die Habgier des Römerreiches lange über- dauert.
In ihren heiligen Schriften haben die Kinder Israels sich selbst gerettet. Es war ihr Schatz, den sie verwahrten, sorgsamer als alle Reichtümer des Tempels und sie haben ihn erhalten trotz Brand und Verwüstung. Wie die heiligen Schriften der Juden noch heute der lebendige Born sittlicher Erfrischung sind, so sind sie auch ein reicher Quell geschichtlicher Belehrung, reicher als irgend eine andere Hinter- lassenschaft aus so früher Zeit.
Auch in technischen Dingen gewähren die alten Bücher mancher- lei Aufklärung. Das Volk Israel war zwar weder ein Industrie- noch ein Handelsvolk. Obgleich im Mittelpunkte des Handelsverkehres lebend, verhielten sie sich doch, so lange sie als Nation bestanden, dem Welt- handel gegenüber passiv. Während der reiche Phönizier die ganze damals bekannte Welt bereiste, blieb der Israelit zu Haus, denn nur zu Haus konnte er die strengen Gebote seiner Religion erfüllen, nur im gelobten Lande wohnte Jehovah. Wie konnte er unter Fremden den Sabbat heiligen, wie Jehovah es befohlen hatte? So stand ihre Re- ligion ihrer Handelsthätigkeit im Wege und dies war wieder die Ver- anlassung, dass sich keine bedeutende Industrie in Israel entwickelte, wenigstens hielt die Industrie der israelitischen Städte keinen Vergleich aus mit der von Damaskus, Tyrus und Sidon.
Die Phönizier waren die Händler für Israel, sie lieferten alles, was dies Volk bedurfte, indem sie dafür die reichen Naturprodukte Kanaans in Tausch nahmen. Auf den Lokalverkehr mit Phönizien und Damas- kus beschränkte sich der Handel der Juden ausser in den Zeiten, in welchen sie durch glückliche Kriege und durch die Habgier unter- nehmungslustiger Fürsten, wie namentlich Salomos, vorübergehend in den grossen Weltverkehr mit hineingezogen wurden. Der Handel mit Phönizien fordert fast allein Beachtung 1).
Die Phönizier lieferten den Israeliten vornehmlich alle Luxus- bedürfnisse, Prachtgewänder, geschnittene Steine, Gold und Silber, ferner alle Arten von Metallwaren; dafür bezogen sie aus Israel die Kornfrüchte, besonders Weizen. Hesekiel in seinem Klageliede über Tyrus führt die israelitischen Waren auf 2): "Juda und das Land Israel haben auch mit dir gehandelt und haben dir Weizen von Minnith
1) Über den phönizisch-israelitischen Handel vergleiche Movers, die Phöni- zier II, 3. Abteilung, S. 200 ff.
2) Ezechiel 27, 17.
10*
Syrien.
dieses wunderbaren Wesens konnte nicht zertreten werden, er hat die stolze Pracht Asiens und die Habgier des Römerreiches lange über- dauert.
In ihren heiligen Schriften haben die Kinder Israels sich selbst gerettet. Es war ihr Schatz, den sie verwahrten, sorgsamer als alle Reichtümer des Tempels und sie haben ihn erhalten trotz Brand und Verwüstung. Wie die heiligen Schriften der Juden noch heute der lebendige Born sittlicher Erfrischung sind, so sind sie auch ein reicher Quell geschichtlicher Belehrung, reicher als irgend eine andere Hinter- lassenschaft aus so früher Zeit.
Auch in technischen Dingen gewähren die alten Bücher mancher- lei Aufklärung. Das Volk Israel war zwar weder ein Industrie- noch ein Handelsvolk. Obgleich im Mittelpunkte des Handelsverkehres lebend, verhielten sie sich doch, so lange sie als Nation bestanden, dem Welt- handel gegenüber passiv. Während der reiche Phönizier die ganze damals bekannte Welt bereiste, blieb der Israelit zu Haus, denn nur zu Haus konnte er die strengen Gebote seiner Religion erfüllen, nur im gelobten Lande wohnte Jehovah. Wie konnte er unter Fremden den Sabbat heiligen, wie Jehovah es befohlen hatte? So stand ihre Re- ligion ihrer Handelsthätigkeit im Wege und dies war wieder die Ver- anlassung, daſs sich keine bedeutende Industrie in Israel entwickelte, wenigstens hielt die Industrie der israelitischen Städte keinen Vergleich aus mit der von Damaskus, Tyrus und Sidon.
Die Phönizier waren die Händler für Israel, sie lieferten alles, was dies Volk bedurfte, indem sie dafür die reichen Naturprodukte Kanaans in Tausch nahmen. Auf den Lokalverkehr mit Phönizien und Damas- kus beschränkte sich der Handel der Juden auſser in den Zeiten, in welchen sie durch glückliche Kriege und durch die Habgier unter- nehmungslustiger Fürsten, wie namentlich Salomos, vorübergehend in den groſsen Weltverkehr mit hineingezogen wurden. Der Handel mit Phönizien fordert fast allein Beachtung 1).
Die Phönizier lieferten den Israeliten vornehmlich alle Luxus- bedürfnisse, Prachtgewänder, geschnittene Steine, Gold und Silber, ferner alle Arten von Metallwaren; dafür bezogen sie aus Israel die Kornfrüchte, besonders Weizen. Hesekiel in seinem Klageliede über Tyrus führt die israelitischen Waren auf 2): „Juda und das Land Israel haben auch mit dir gehandelt und haben dir Weizen von Minnith
1) Über den phönizisch-israelitischen Handel vergleiche Movers, die Phöni- zier II, 3. Abteilung, S. 200 ff.
2) Ezechiel 27, 17.
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Syrien.
dieses wunderbaren Wesens konnte nicht zertreten werden, er hat die
stolze Pracht Asiens und die Habgier des Römerreiches lange über-
dauert.
In ihren heiligen Schriften haben die Kinder Israels sich selbst
gerettet. Es war ihr Schatz, den sie verwahrten, sorgsamer als alle
Reichtümer des Tempels und sie haben ihn erhalten trotz Brand und
Verwüstung. Wie die heiligen Schriften der Juden noch heute der
lebendige Born sittlicher Erfrischung sind, so sind sie auch ein reicher
Quell geschichtlicher Belehrung, reicher als irgend eine andere Hinter-
lassenschaft aus so früher Zeit.
Auch in technischen Dingen gewähren die alten Bücher mancher-
lei Aufklärung. Das Volk Israel war zwar weder ein Industrie- noch ein
Handelsvolk. Obgleich im Mittelpunkte des Handelsverkehres lebend,
verhielten sie sich doch, so lange sie als Nation bestanden, dem Welt-
handel gegenüber passiv. Während der reiche Phönizier die ganze
damals bekannte Welt bereiste, blieb der Israelit zu Haus, denn nur
zu Haus konnte er die strengen Gebote seiner Religion erfüllen, nur im
gelobten Lande wohnte Jehovah. Wie konnte er unter Fremden den
Sabbat heiligen, wie Jehovah es befohlen hatte? So stand ihre Re-
ligion ihrer Handelsthätigkeit im Wege und dies war wieder die Ver-
anlassung, daſs sich keine bedeutende Industrie in Israel entwickelte,
wenigstens hielt die Industrie der israelitischen Städte keinen Vergleich
aus mit der von Damaskus, Tyrus und Sidon.
Die Phönizier waren die Händler für Israel, sie lieferten alles, was
dies Volk bedurfte, indem sie dafür die reichen Naturprodukte Kanaans
in Tausch nahmen. Auf den Lokalverkehr mit Phönizien und Damas-
kus beschränkte sich der Handel der Juden auſser in den Zeiten, in
welchen sie durch glückliche Kriege und durch die Habgier unter-
nehmungslustiger Fürsten, wie namentlich Salomos, vorübergehend in
den groſsen Weltverkehr mit hineingezogen wurden. Der Handel mit
Phönizien fordert fast allein Beachtung 1).
Die Phönizier lieferten den Israeliten vornehmlich alle Luxus-
bedürfnisse, Prachtgewänder, geschnittene Steine, Gold und Silber,
ferner alle Arten von Metallwaren; dafür bezogen sie aus Israel die
Kornfrüchte, besonders Weizen. Hesekiel in seinem Klageliede über
Tyrus führt die israelitischen Waren auf 2): „Juda und das Land
Israel haben auch mit dir gehandelt und haben dir Weizen von Minnith
1) Über den phönizisch-israelitischen Handel vergleiche Movers, die Phöni-
zier II, 3. Abteilung, S. 200 ff.
2) Ezechiel 27, 17.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/169>, abgerufen am 04.12.2024.
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