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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Syrien.
Affen und Pfauen mit heim. Den grossen Gewinn dieser Unterneh-
mungen teilten sie untereinander.

Der phönizische Handel war wesentlich ein Hausierhandel, den sie
in seiner beschränkteren Form im Nachbargebiete, z. B. in Israel oder
von den Koloniestädten aus betrieben, im grossartigeren Massstabe aber
zu Land als Karawanenhandel, auf dem Meere als Seehandel. Die Waren,
die sie verkauften, produzierten sie nur zum kleineren Teil selbst.
Meistens kauften sie Waren an einem Orte auf, um sie an einem andern
mit möglichst hohem Gewinn wieder zu verhandeln, so hatten ihre Ge-
schäfte manchmal den Charakter des Tauschhandels, manchmal den
des Grossadventurgeschäftes (z. B. die Ophirfahrten). In Zahlung
nahmen sie am liebsten Gold und Silber, dann auch Kupfer und Zinn.
Diese waren die Quellen ihres Reichtums 1). Sie verarbeiteten sowohl
die rohen Metalle, als wie die sonstigen Rohstoffe zu hunderterlei fertigen
Handelsartikeln, die sie dem Geschmack und den Gewohnheiten der
Völker, mit denen sie handelten, auf das Gewandteste anzupassen ver-
standen. "Spitzbuben" nennt sie Homer, "die tausenderlei Tand mit-
bringen im dunklen Meerschiff 2)."

Die Schiffe, deren sich die Phönizier bedienten, waren grosse, breit
gebaute Handelsschiffe mit flachem Boden, meist mit zwei übereinander-
gebauten Ruderreihen auf beiden Seiten, so dass also vier Reihen von
Ruderern sie vorwärts bewegten. Sie waren berühmt wegen ihrer
Schnelligkeit, die grösser war als die der Kriegs- und Piratenschiffe
und nach den uns übermittelten Angaben nicht geringer als die unserer
Seedampfer gewesen sein muss. Sie waren schwarz, jedenfalls geteert,
daher Homers Bezeichnung "dunkeles Meerschiff".

Der Kultureinfluss der Phönizier auf Europa war ein ganz eminenter.
Es waren nicht nur ihre Kolonieen, nicht nur die Faktoreien, die sie
auch in fremden Städten anlegten, sondern zu allermeist war es der
unermüdliche Hausierhandel, der teils von den Städten Phöniziens direkt,
mehr aber noch von den phönizischen Kolonieen ausgehend, ganz Europa
mit einer Art von Netz umspann, dessen Hauptfäden die natürlichen
Handelsstrassen, die den grossen Wasserläufen folgten, bildeten. Der
phönizische Händler brachte nicht allein fremde Waren, sondern er
brachte auch fremde Bedürfnisse in die barbarischen Länder. Der
fremde Tand wurde Mode und Bedürfnis. Dazu verstanden die semi-
tischen Kaufleute das Aufschneiden wie keine anderen. "Phönizische
Lügen" waren im ganzen Altertume etwa das was wir Münchhausiaden

1) Siehe Diodor 5, 35.
2) Odyssee 15, 416.
12*

Syrien.
Affen und Pfauen mit heim. Den groſsen Gewinn dieser Unterneh-
mungen teilten sie untereinander.

Der phönizische Handel war wesentlich ein Hausierhandel, den sie
in seiner beschränkteren Form im Nachbargebiete, z. B. in Israel oder
von den Koloniestädten aus betrieben, im groſsartigeren Maſsstabe aber
zu Land als Karawanenhandel, auf dem Meere als Seehandel. Die Waren,
die sie verkauften, produzierten sie nur zum kleineren Teil selbst.
Meistens kauften sie Waren an einem Orte auf, um sie an einem andern
mit möglichst hohem Gewinn wieder zu verhandeln, so hatten ihre Ge-
schäfte manchmal den Charakter des Tauschhandels, manchmal den
des Groſsadventurgeschäftes (z. B. die Ophirfahrten). In Zahlung
nahmen sie am liebsten Gold und Silber, dann auch Kupfer und Zinn.
Diese waren die Quellen ihres Reichtums 1). Sie verarbeiteten sowohl
die rohen Metalle, als wie die sonstigen Rohstoffe zu hunderterlei fertigen
Handelsartikeln, die sie dem Geschmack und den Gewohnheiten der
Völker, mit denen sie handelten, auf das Gewandteste anzupassen ver-
standen. „Spitzbuben“ nennt sie Homer, „die tausenderlei Tand mit-
bringen im dunklen Meerschiff 2).“

Die Schiffe, deren sich die Phönizier bedienten, waren groſse, breit
gebaute Handelsschiffe mit flachem Boden, meist mit zwei übereinander-
gebauten Ruderreihen auf beiden Seiten, so daſs also vier Reihen von
Ruderern sie vorwärts bewegten. Sie waren berühmt wegen ihrer
Schnelligkeit, die gröſser war als die der Kriegs- und Piratenschiffe
und nach den uns übermittelten Angaben nicht geringer als die unserer
Seedampfer gewesen sein muſs. Sie waren schwarz, jedenfalls geteert,
daher Homers Bezeichnung „dunkeles Meerschiff“.

Der Kultureinfluſs der Phönizier auf Europa war ein ganz eminenter.
Es waren nicht nur ihre Kolonieen, nicht nur die Faktoreien, die sie
auch in fremden Städten anlegten, sondern zu allermeist war es der
unermüdliche Hausierhandel, der teils von den Städten Phöniziens direkt,
mehr aber noch von den phönizischen Kolonieen ausgehend, ganz Europa
mit einer Art von Netz umspann, dessen Hauptfäden die natürlichen
Handelsstraſsen, die den groſsen Wasserläufen folgten, bildeten. Der
phönizische Händler brachte nicht allein fremde Waren, sondern er
brachte auch fremde Bedürfnisse in die barbarischen Länder. Der
fremde Tand wurde Mode und Bedürfnis. Dazu verstanden die semi-
tischen Kaufleute das Aufschneiden wie keine anderen. „Phönizische
Lügen“ waren im ganzen Altertume etwa das was wir Münchhausiaden

1) Siehe Diodor 5, 35.
2) Odyssee 15, 416.
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[179/0201] Syrien. Affen und Pfauen mit heim. Den groſsen Gewinn dieser Unterneh- mungen teilten sie untereinander. Der phönizische Handel war wesentlich ein Hausierhandel, den sie in seiner beschränkteren Form im Nachbargebiete, z. B. in Israel oder von den Koloniestädten aus betrieben, im groſsartigeren Maſsstabe aber zu Land als Karawanenhandel, auf dem Meere als Seehandel. Die Waren, die sie verkauften, produzierten sie nur zum kleineren Teil selbst. Meistens kauften sie Waren an einem Orte auf, um sie an einem andern mit möglichst hohem Gewinn wieder zu verhandeln, so hatten ihre Ge- schäfte manchmal den Charakter des Tauschhandels, manchmal den des Groſsadventurgeschäftes (z. B. die Ophirfahrten). In Zahlung nahmen sie am liebsten Gold und Silber, dann auch Kupfer und Zinn. Diese waren die Quellen ihres Reichtums 1). Sie verarbeiteten sowohl die rohen Metalle, als wie die sonstigen Rohstoffe zu hunderterlei fertigen Handelsartikeln, die sie dem Geschmack und den Gewohnheiten der Völker, mit denen sie handelten, auf das Gewandteste anzupassen ver- standen. „Spitzbuben“ nennt sie Homer, „die tausenderlei Tand mit- bringen im dunklen Meerschiff 2).“ Die Schiffe, deren sich die Phönizier bedienten, waren groſse, breit gebaute Handelsschiffe mit flachem Boden, meist mit zwei übereinander- gebauten Ruderreihen auf beiden Seiten, so daſs also vier Reihen von Ruderern sie vorwärts bewegten. Sie waren berühmt wegen ihrer Schnelligkeit, die gröſser war als die der Kriegs- und Piratenschiffe und nach den uns übermittelten Angaben nicht geringer als die unserer Seedampfer gewesen sein muſs. Sie waren schwarz, jedenfalls geteert, daher Homers Bezeichnung „dunkeles Meerschiff“. Der Kultureinfluſs der Phönizier auf Europa war ein ganz eminenter. Es waren nicht nur ihre Kolonieen, nicht nur die Faktoreien, die sie auch in fremden Städten anlegten, sondern zu allermeist war es der unermüdliche Hausierhandel, der teils von den Städten Phöniziens direkt, mehr aber noch von den phönizischen Kolonieen ausgehend, ganz Europa mit einer Art von Netz umspann, dessen Hauptfäden die natürlichen Handelsstraſsen, die den groſsen Wasserläufen folgten, bildeten. Der phönizische Händler brachte nicht allein fremde Waren, sondern er brachte auch fremde Bedürfnisse in die barbarischen Länder. Der fremde Tand wurde Mode und Bedürfnis. Dazu verstanden die semi- tischen Kaufleute das Aufschneiden wie keine anderen. „Phönizische Lügen“ waren im ganzen Altertume etwa das was wir Münchhausiaden 1) Siehe Diodor 5, 35. 2) Odyssee 15, 416. 12*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/201>, abgerufen am 27.11.2024.