und es ist deutlich zu erkennen, wie die Ausbreitung des Christentums den alten phönizischen Ansiedelungen folgt. Auf Cypern waren die ersten phönizischen Kolonieen, auf Cypern entstand die erste christliche Gemeinde, die sich dann weiter nach Kleinasien, Griechenland bis nach Rom verbreiteten.
Die Phönizier waren ein Weltvolk, ihre Kultur war deshalb durch viele Faktoren beeinflusst. Die Grundlage aber bildete die semitische Kultur der Chaldäer. Die Griechen schrieben ihnen die Erfindung der Schrift zu und doch haben sie nur die Keilschrift der Assyrer in einer praktischen Weise umgestaltet. Praktisch waren sie aber überhaupt, wie dies bei ihrer materialistischen Richtung nicht anders möglich war. Wie ihre Schrift, so war ihr Mass-, Gewichts- und Münzsystem chal- däisch. Dabei hatten sie für den Geldverkehr infolge ihres Reichtums an Silber die Silberwährung angenommen. Sie führten, wie es scheint, zuerst Geld im eigentlichen Sinne des Wortes ein. Es waren dies allerdings keine geprägten Münzen, sondern nach Mass zugeschnittene Täfelchen, die nach altem Gebrauche noch zugewogen wurden. Das höchst rationelle, chaldäische Gewichtssystem basierte auf einem ge- wissen Kubikmass Wasser. Diese Kubikeinheit Wasser hatte nach unserem Gewichte 822 kg. Dieses war das babylonische Talent. Es wurde eingeteilt in 60 Mana (griechisch Mienen), eine Mana in 50 Scheckel (Säckel). Dem chaldäischen Längenmass, welches ebenfalls von den Phöniziern und durch diese von den Griechen angenommen wurde, lag die "babylonische Elle" gleich 234 Pariser Linien zu Grunde. Zwei Drittel der Elle war der babylonische Fuss. Nicht nur die Phönizier und Griechen, sondern auch die Assyrer und Perser bedienten sich dieses Mass- und Gewichtssystems. 750 v. Chr. prägte man zuerst zu Argos und Aegina eine Münze, die Drachme, gleich einem halben Scheckel, von denen 6000 auf das Talent gingen, aus. In späterer Zeit war in Syrien auch Kupfergeld gebräuchlich, wenigstens steht in Ezechiel 16, 36, das Wort Kupfer n'choschet, für Geld.
Fragen wir nach der Gewinnung und Verwendung der Metalle bei den Phöniziern, so haben wir auch mehr von ihrem Handel, als von ihrer Industrie zu berichten.
Das Gold gewannen sie im eigenen Lande nicht, auch wohl kaum in Cölesyrien. Dagegen hatten sie berühmte Bergwerke in ihren Kolonieen, besonders zu Siphnos und Thasos, wo die Phönizier und zwar die Sidonier schon fünf Geschlechter vor Herkules (1500 v. Chr.) eine Stadt erbaut haben sollen. Diese Bergwerke lagen gegenüber Samotrake, und Herodot erzählt bewundernd, die Phönizier hätten dort
Syrien.
und es ist deutlich zu erkennen, wie die Ausbreitung des Christentums den alten phönizischen Ansiedelungen folgt. Auf Cypern waren die ersten phönizischen Kolonieen, auf Cypern entstand die erste christliche Gemeinde, die sich dann weiter nach Kleinasien, Griechenland bis nach Rom verbreiteten.
Die Phönizier waren ein Weltvolk, ihre Kultur war deshalb durch viele Faktoren beeinfluſst. Die Grundlage aber bildete die semitische Kultur der Chaldäer. Die Griechen schrieben ihnen die Erfindung der Schrift zu und doch haben sie nur die Keilschrift der Assyrer in einer praktischen Weise umgestaltet. Praktisch waren sie aber überhaupt, wie dies bei ihrer materialistischen Richtung nicht anders möglich war. Wie ihre Schrift, so war ihr Maſs-, Gewichts- und Münzsystem chal- däisch. Dabei hatten sie für den Geldverkehr infolge ihres Reichtums an Silber die Silberwährung angenommen. Sie führten, wie es scheint, zuerst Geld im eigentlichen Sinne des Wortes ein. Es waren dies allerdings keine geprägten Münzen, sondern nach Maſs zugeschnittene Täfelchen, die nach altem Gebrauche noch zugewogen wurden. Das höchst rationelle, chaldäische Gewichtssystem basierte auf einem ge- wissen Kubikmaſs Wasser. Diese Kubikeinheit Wasser hatte nach unserem Gewichte 822 kg. Dieses war das babylonische Talent. Es wurde eingeteilt in 60 Mana (griechisch Mienen), eine Mana in 50 Scheckel (Säckel). Dem chaldäischen Längenmaſs, welches ebenfalls von den Phöniziern und durch diese von den Griechen angenommen wurde, lag die „babylonische Elle“ gleich 234 Pariser Linien zu Grunde. Zwei Drittel der Elle war der babylonische Fuſs. Nicht nur die Phönizier und Griechen, sondern auch die Assyrer und Perser bedienten sich dieses Maſs- und Gewichtssystems. 750 v. Chr. prägte man zuerst zu Argos und Aegina eine Münze, die Drachme, gleich einem halben Scheckel, von denen 6000 auf das Talent gingen, aus. In späterer Zeit war in Syrien auch Kupfergeld gebräuchlich, wenigstens steht in Ezechiel 16, 36, das Wort Kupfer n’choschet, für Geld.
Fragen wir nach der Gewinnung und Verwendung der Metalle bei den Phöniziern, so haben wir auch mehr von ihrem Handel, als von ihrer Industrie zu berichten.
Das Gold gewannen sie im eigenen Lande nicht, auch wohl kaum in Cölesyrien. Dagegen hatten sie berühmte Bergwerke in ihren Kolonieen, besonders zu Siphnos und Thasos, wo die Phönizier und zwar die Sidonier schon fünf Geschlechter vor Herkules (1500 v. Chr.) eine Stadt erbaut haben sollen. Diese Bergwerke lagen gegenüber Samotrake, und Herodot erzählt bewundernd, die Phönizier hätten dort
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[181/0203]
Syrien.
und es ist deutlich zu erkennen, wie die Ausbreitung des Christentums
den alten phönizischen Ansiedelungen folgt. Auf Cypern waren die
ersten phönizischen Kolonieen, auf Cypern entstand die erste christliche
Gemeinde, die sich dann weiter nach Kleinasien, Griechenland bis nach
Rom verbreiteten.
Die Phönizier waren ein Weltvolk, ihre Kultur war deshalb durch
viele Faktoren beeinfluſst. Die Grundlage aber bildete die semitische
Kultur der Chaldäer. Die Griechen schrieben ihnen die Erfindung der
Schrift zu und doch haben sie nur die Keilschrift der Assyrer in einer
praktischen Weise umgestaltet. Praktisch waren sie aber überhaupt, wie
dies bei ihrer materialistischen Richtung nicht anders möglich war.
Wie ihre Schrift, so war ihr Maſs-, Gewichts- und Münzsystem chal-
däisch. Dabei hatten sie für den Geldverkehr infolge ihres Reichtums
an Silber die Silberwährung angenommen. Sie führten, wie es scheint,
zuerst Geld im eigentlichen Sinne des Wortes ein. Es waren dies
allerdings keine geprägten Münzen, sondern nach Maſs zugeschnittene
Täfelchen, die nach altem Gebrauche noch zugewogen wurden. Das
höchst rationelle, chaldäische Gewichtssystem basierte auf einem ge-
wissen Kubikmaſs Wasser. Diese Kubikeinheit Wasser hatte nach
unserem Gewichte 822 kg. Dieses war das babylonische Talent. Es
wurde eingeteilt in 60 Mana (griechisch Mienen), eine Mana in 50 Scheckel
(Säckel). Dem chaldäischen Längenmaſs, welches ebenfalls von den
Phöniziern und durch diese von den Griechen angenommen wurde, lag
die „babylonische Elle“ gleich 234 Pariser Linien zu Grunde. Zwei
Drittel der Elle war der babylonische Fuſs. Nicht nur die Phönizier
und Griechen, sondern auch die Assyrer und Perser bedienten sich
dieses Maſs- und Gewichtssystems. 750 v. Chr. prägte man zuerst zu
Argos und Aegina eine Münze, die Drachme, gleich einem halben
Scheckel, von denen 6000 auf das Talent gingen, aus. In späterer Zeit
war in Syrien auch Kupfergeld gebräuchlich, wenigstens steht in
Ezechiel 16, 36, das Wort Kupfer n’choschet, für Geld.
Fragen wir nach der Gewinnung und Verwendung der Metalle bei
den Phöniziern, so haben wir auch mehr von ihrem Handel, als von
ihrer Industrie zu berichten.
Das Gold gewannen sie im eigenen Lande nicht, auch wohl kaum
in Cölesyrien. Dagegen hatten sie berühmte Bergwerke in ihren
Kolonieen, besonders zu Siphnos und Thasos, wo die Phönizier und
zwar die Sidonier schon fünf Geschlechter vor Herkules (1500 v. Chr.)
eine Stadt erbaut haben sollen. Diese Bergwerke lagen gegenüber
Samotrake, und Herodot erzählt bewundernd, die Phönizier hätten dort
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/203>, abgerufen am 27.11.2024.
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