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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Arier in Asien.

Die chemische Zusammensetzung deutet auf nichts weniger als auf
einen vorzüglichen Stahl. Seine Güte kann daher nur der ausser-
ordentlich sorgfältigen Bearbeitung des Materials zugeschrieben werden.
Während der wellige und der eckige Bulat sehr verschieden in ihrer
Güte sind, weist die chemische Untersuchung keinen Unterschied nach.
Die Verschiedenartigkeit beider ist auch nicht veranlasst durch die
Zusammensetzung, sondern durch die Art der Schmelzung. Der wellige
Bulat ist bei einer höheren Temperatur entstanden, als der eckige, bei
der Herstellung des ersteren war die Schlacke flüssiger.

Nach Anossows Angaben ist es nicht schwer den Bulat nachzu-
machen und kann man denselben auf mancherlei Weise erhalten,
nämlich:

1. Durch Schmelzung eines Gemenges von Eisenerz und Gra-
phit
, wobei Reduktion und Kohlung zugleich im Tiegel statt hat.

2. Durch Schmelzung des Schmiedeeisens in Berührung mit koh-
lenden Substanzen, wobei aber wieder eine nachfolgende partielle Ent-
kohlung durch Eisenoxydulschlacke oder durch Glühen an der Luft
nötig ist; dies würde dem oben beschriebenen indischen Verfahren
entsprechen.

3. Durch unmittelbare Verbindung des reinen Eisens mit Kohlen-
stoff durch Schmelzung mit Graphit.

Das erste Verfahren ist bloss möglich bei den reinsten Oxydul-
erzen (Spat und Magneteisenstein), die ganz frei von Schwefel sind.
Auch ist es im grossen deshalb nicht wohl anwendbar, weil grosse Ge-
fässe dazu erforderlich sind und ein beträchtlicher Graphitaufwand
damit verbunden ist. Auch das zweite Verfahren erwies sich als
unvorteilhaft, da das Eisen zu viel Kohlenstoff aufnahm und sich nicht
genugsam durch nachherige Eisenoxydulzuschläge reinigte.

Die dritte Methode zeigte sich bei Beachtung gewisser Vorsichts-
massregeln als die am meisten geeignete.

Der Einsatz an Eisen darf nicht über 6 kg betragen, da grössere
Könige sich zu schwer ausschmieden lassen. Je härter man den Stahl
haben will, desto mehr muss man den Einsatz verringern. Anossow
setzte zu obigem Eisenquantum 0,68 kg reinsten Graphit und ein Fluss-
mittel. Er schmolz sie in einem Ofen mit künstlicher Windzuführung.
Als die Schmelzung nach 31/2 Stunden beendet war, betrug der Graphit-
verlust 0,125 kg; der Rest schwamm oben auf. Das Metall besass einen
blanken Grund und zeigte nur schwache Streifung nach dem Ätzen.

Nach vierstündigem Schmelzen betrug der Graphitverlust 0,185 kg.
Das Metall zeigte nach dem Ätzen deutliche Streifung. Bei 41/2 stün-

Die Arier in Asien.

Die chemische Zusammensetzung deutet auf nichts weniger als auf
einen vorzüglichen Stahl. Seine Güte kann daher nur der auſser-
ordentlich sorgfältigen Bearbeitung des Materials zugeschrieben werden.
Während der wellige und der eckige Bulat sehr verschieden in ihrer
Güte sind, weist die chemische Untersuchung keinen Unterschied nach.
Die Verschiedenartigkeit beider ist auch nicht veranlaſst durch die
Zusammensetzung, sondern durch die Art der Schmelzung. Der wellige
Bulat ist bei einer höheren Temperatur entstanden, als der eckige, bei
der Herstellung des ersteren war die Schlacke flüssiger.

Nach Anossows Angaben ist es nicht schwer den Bulat nachzu-
machen und kann man denselben auf mancherlei Weise erhalten,
nämlich:

1. Durch Schmelzung eines Gemenges von Eisenerz und Gra-
phit
, wobei Reduktion und Kohlung zugleich im Tiegel statt hat.

2. Durch Schmelzung des Schmiedeeisens in Berührung mit koh-
lenden Substanzen, wobei aber wieder eine nachfolgende partielle Ent-
kohlung durch Eisenoxydulschlacke oder durch Glühen an der Luft
nötig ist; dies würde dem oben beschriebenen indischen Verfahren
entsprechen.

3. Durch unmittelbare Verbindung des reinen Eisens mit Kohlen-
stoff durch Schmelzung mit Graphit.

Das erste Verfahren ist bloſs möglich bei den reinsten Oxydul-
erzen (Spat und Magneteisenstein), die ganz frei von Schwefel sind.
Auch ist es im groſsen deshalb nicht wohl anwendbar, weil groſse Ge-
fäſse dazu erforderlich sind und ein beträchtlicher Graphitaufwand
damit verbunden ist. Auch das zweite Verfahren erwies sich als
unvorteilhaft, da das Eisen zu viel Kohlenstoff aufnahm und sich nicht
genugsam durch nachherige Eisenoxydulzuschläge reinigte.

Die dritte Methode zeigte sich bei Beachtung gewisser Vorsichts-
maſsregeln als die am meisten geeignete.

Der Einsatz an Eisen darf nicht über 6 kg betragen, da gröſsere
Könige sich zu schwer ausschmieden lassen. Je härter man den Stahl
haben will, desto mehr muſs man den Einsatz verringern. Anossow
setzte zu obigem Eisenquantum 0,68 kg reinsten Graphit und ein Fluſs-
mittel. Er schmolz sie in einem Ofen mit künstlicher Windzuführung.
Als die Schmelzung nach 3½ Stunden beendet war, betrug der Graphit-
verlust 0,125 kg; der Rest schwamm oben auf. Das Metall besaſs einen
blanken Grund und zeigte nur schwache Streifung nach dem Ätzen.

Nach vierstündigem Schmelzen betrug der Graphitverlust 0,185 kg.
Das Metall zeigte nach dem Ätzen deutliche Streifung. Bei 4½ stün-

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[245/0267] Die Arier in Asien. Die chemische Zusammensetzung deutet auf nichts weniger als auf einen vorzüglichen Stahl. Seine Güte kann daher nur der auſser- ordentlich sorgfältigen Bearbeitung des Materials zugeschrieben werden. Während der wellige und der eckige Bulat sehr verschieden in ihrer Güte sind, weist die chemische Untersuchung keinen Unterschied nach. Die Verschiedenartigkeit beider ist auch nicht veranlaſst durch die Zusammensetzung, sondern durch die Art der Schmelzung. Der wellige Bulat ist bei einer höheren Temperatur entstanden, als der eckige, bei der Herstellung des ersteren war die Schlacke flüssiger. Nach Anossows Angaben ist es nicht schwer den Bulat nachzu- machen und kann man denselben auf mancherlei Weise erhalten, nämlich: 1. Durch Schmelzung eines Gemenges von Eisenerz und Gra- phit, wobei Reduktion und Kohlung zugleich im Tiegel statt hat. 2. Durch Schmelzung des Schmiedeeisens in Berührung mit koh- lenden Substanzen, wobei aber wieder eine nachfolgende partielle Ent- kohlung durch Eisenoxydulschlacke oder durch Glühen an der Luft nötig ist; dies würde dem oben beschriebenen indischen Verfahren entsprechen. 3. Durch unmittelbare Verbindung des reinen Eisens mit Kohlen- stoff durch Schmelzung mit Graphit. Das erste Verfahren ist bloſs möglich bei den reinsten Oxydul- erzen (Spat und Magneteisenstein), die ganz frei von Schwefel sind. Auch ist es im groſsen deshalb nicht wohl anwendbar, weil groſse Ge- fäſse dazu erforderlich sind und ein beträchtlicher Graphitaufwand damit verbunden ist. Auch das zweite Verfahren erwies sich als unvorteilhaft, da das Eisen zu viel Kohlenstoff aufnahm und sich nicht genugsam durch nachherige Eisenoxydulzuschläge reinigte. Die dritte Methode zeigte sich bei Beachtung gewisser Vorsichts- maſsregeln als die am meisten geeignete. Der Einsatz an Eisen darf nicht über 6 kg betragen, da gröſsere Könige sich zu schwer ausschmieden lassen. Je härter man den Stahl haben will, desto mehr muſs man den Einsatz verringern. Anossow setzte zu obigem Eisenquantum 0,68 kg reinsten Graphit und ein Fluſs- mittel. Er schmolz sie in einem Ofen mit künstlicher Windzuführung. Als die Schmelzung nach 3½ Stunden beendet war, betrug der Graphit- verlust 0,125 kg; der Rest schwamm oben auf. Das Metall besaſs einen blanken Grund und zeigte nur schwache Streifung nach dem Ätzen. Nach vierstündigem Schmelzen betrug der Graphitverlust 0,185 kg. Das Metall zeigte nach dem Ätzen deutliche Streifung. Bei 4½ stün-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/267>, abgerufen am 21.11.2024.