Die Quellen der Geschichte des Eisens sind spärlich und zer- streut. Von Arbeiten, welche unser Thema in seiner Allgemeinheit behandeln, existieren nur einige Aufsätze in den grösseren Handbüchern über Eisenhüttenkunde. Unter diesen sind hervorzuheben die Ein- leitung zu Karstens Handbuch der Eisenhüttenkunde, und John Percys Skizze der Geschichte des Eisens im zweiten Bande seiner Metallurgie, doch beschränkt sich die letzterwähnte vor- treffliche Arbeit auf Bemerkungen über das Alter des Eisens und auf Mitteilungen über die Einführung der Steinkohlen und Koks bei der Eisendarstellung in England. Eine neuere Schrift: "La ferronerie" von Liger enthält archäologisch Interessantes, ist aber in technischer Be- ziehung sehr mangelhaft. Das neueste Buch "The prehistorical use of iron and steel" by John V. Day, London 1877 sucht nur den Nachweis für den frühen Gebrauch des Eisens bei den Völkern des Altertums zu führen. Bieten uns die historischen Vorarbeiten wenig für unseren Zweck, so ist die technische Litteratur über das Eisen noch so jugend- lichen Alters, dass sie für die Geschichte der früheren Zeit nur geringe Ausbeute giebt. Die ersten selbständigen Arbeiten, die das Eisen speziell zum Gegenstand technisch wissenschaftlicher Untersuchungen machten, sind die zwei klassischen Abhandlungen von Reaumur über den Zementstahl und die Darstellung des schmiedbaren Gusses aus dem Jahre 1722. Erst 1734 erschien die erste systematische Eisen- hüttenkunde von dem berühmten Swedenborg in lateinischer Sprache unter dem Titel "Regnum subterraneum sive minerale de ferro". Die älteren, hervorragenden metallurgischen Werke, wie das grundlegende Werk des Georg Agricola "De re metallica" (1556) oder die "Pyro- technia" des Italieners Vanuccio Biringuccio (1540) enthalten nur sehr ungenügende Mitteilungen über die Darstellung des Eisens. Zu ihrer Zeit hatte die Wissenschaft von diesem Zweig der Metallurgie noch keine Notiz genommen und während sie und andere gelehrte Männer eingehend die Darstellung des Goldes, des Silbers, des Kupfers, des Bleies und des Quecksilbers studierten und zu verbessern suchten, blieb die Eisengewinnung eine unbeachtete Kunst, den Bauern in den ein- samen Waldschmieden überlassen. Dieselbe untergeordnete Stellung nahm die Eisengewinnung gegenüber der Gewinnung der anderen Metalle im klassischen Altertum ein. Deshalb sind die Mitteilungen der alten Schriftsteller über die Gewinnung und Verarbeitung des Eisens so ausserordentlich spärlich und meist so unklar, dass sie den Eindruck machen, die Berichterstatter erzählten nach Hörensagen und hätten die Prozesse, die sie beschreiben, entweder nicht gekannt oder nicht ver-
Einleitung.
Die Quellen der Geschichte des Eisens sind spärlich und zer- streut. Von Arbeiten, welche unser Thema in seiner Allgemeinheit behandeln, existieren nur einige Aufsätze in den gröſseren Handbüchern über Eisenhüttenkunde. Unter diesen sind hervorzuheben die Ein- leitung zu Karstens Handbuch der Eisenhüttenkunde, und John Percys Skizze der Geschichte des Eisens im zweiten Bande seiner Metallurgie, doch beschränkt sich die letzterwähnte vor- treffliche Arbeit auf Bemerkungen über das Alter des Eisens und auf Mitteilungen über die Einführung der Steinkohlen und Koks bei der Eisendarstellung in England. Eine neuere Schrift: „La ferronerie“ von Liger enthält archäologisch Interessantes, ist aber in technischer Be- ziehung sehr mangelhaft. Das neueste Buch „The prehistorical use of iron and steel“ by John V. Day, London 1877 sucht nur den Nachweis für den frühen Gebrauch des Eisens bei den Völkern des Altertums zu führen. Bieten uns die historischen Vorarbeiten wenig für unseren Zweck, so ist die technische Litteratur über das Eisen noch so jugend- lichen Alters, daſs sie für die Geschichte der früheren Zeit nur geringe Ausbeute giebt. Die ersten selbständigen Arbeiten, die das Eisen speziell zum Gegenstand technisch wissenschaftlicher Untersuchungen machten, sind die zwei klassischen Abhandlungen von Reaumur über den Zementstahl und die Darstellung des schmiedbaren Gusses aus dem Jahre 1722. Erst 1734 erschien die erste systematische Eisen- hüttenkunde von dem berühmten Swedenborg in lateinischer Sprache unter dem Titel „Regnum subterraneum sive minerale de ferro“. Die älteren, hervorragenden metallurgischen Werke, wie das grundlegende Werk des Georg Agricola „De re metallica“ (1556) oder die „Pyro- technia“ des Italieners Vanuccio Biringuccio (1540) enthalten nur sehr ungenügende Mitteilungen über die Darstellung des Eisens. Zu ihrer Zeit hatte die Wissenschaft von diesem Zweig der Metallurgie noch keine Notiz genommen und während sie und andere gelehrte Männer eingehend die Darstellung des Goldes, des Silbers, des Kupfers, des Bleies und des Quecksilbers studierten und zu verbessern suchten, blieb die Eisengewinnung eine unbeachtete Kunst, den Bauern in den ein- samen Waldschmieden überlassen. Dieselbe untergeordnete Stellung nahm die Eisengewinnung gegenüber der Gewinnung der anderen Metalle im klassischen Altertum ein. Deshalb sind die Mitteilungen der alten Schriftsteller über die Gewinnung und Verarbeitung des Eisens so auſserordentlich spärlich und meist so unklar, daſs sie den Eindruck machen, die Berichterstatter erzählten nach Hörensagen und hätten die Prozesse, die sie beschreiben, entweder nicht gekannt oder nicht ver-
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Einleitung.
Die Quellen der Geschichte des Eisens sind spärlich und zer-
streut. Von Arbeiten, welche unser Thema in seiner Allgemeinheit
behandeln, existieren nur einige Aufsätze in den gröſseren Handbüchern
über Eisenhüttenkunde. Unter diesen sind hervorzuheben die Ein-
leitung zu Karstens Handbuch der Eisenhüttenkunde, und
John Percys Skizze der Geschichte des Eisens im zweiten
Bande seiner Metallurgie, doch beschränkt sich die letzterwähnte vor-
treffliche Arbeit auf Bemerkungen über das Alter des Eisens und auf
Mitteilungen über die Einführung der Steinkohlen und Koks bei der
Eisendarstellung in England. Eine neuere Schrift: „La ferronerie“ von
Liger enthält archäologisch Interessantes, ist aber in technischer Be-
ziehung sehr mangelhaft. Das neueste Buch „The prehistorical use of
iron and steel“ by John V. Day, London 1877 sucht nur den Nachweis
für den frühen Gebrauch des Eisens bei den Völkern des Altertums
zu führen. Bieten uns die historischen Vorarbeiten wenig für unseren
Zweck, so ist die technische Litteratur über das Eisen noch so jugend-
lichen Alters, daſs sie für die Geschichte der früheren Zeit nur geringe
Ausbeute giebt. Die ersten selbständigen Arbeiten, die das Eisen
speziell zum Gegenstand technisch wissenschaftlicher Untersuchungen
machten, sind die zwei klassischen Abhandlungen von Reaumur über
den Zementstahl und die Darstellung des schmiedbaren Gusses aus
dem Jahre 1722. Erst 1734 erschien die erste systematische Eisen-
hüttenkunde von dem berühmten Swedenborg in lateinischer Sprache
unter dem Titel „Regnum subterraneum sive minerale de ferro“. Die
älteren, hervorragenden metallurgischen Werke, wie das grundlegende
Werk des Georg Agricola „De re metallica“ (1556) oder die „Pyro-
technia“ des Italieners Vanuccio Biringuccio (1540) enthalten nur
sehr ungenügende Mitteilungen über die Darstellung des Eisens. Zu
ihrer Zeit hatte die Wissenschaft von diesem Zweig der Metallurgie
noch keine Notiz genommen und während sie und andere gelehrte
Männer eingehend die Darstellung des Goldes, des Silbers, des Kupfers,
des Bleies und des Quecksilbers studierten und zu verbessern suchten,
blieb die Eisengewinnung eine unbeachtete Kunst, den Bauern in den ein-
samen Waldschmieden überlassen. Dieselbe untergeordnete Stellung
nahm die Eisengewinnung gegenüber der Gewinnung der anderen Metalle
im klassischen Altertum ein. Deshalb sind die Mitteilungen der alten
Schriftsteller über die Gewinnung und Verarbeitung des Eisens so
auſserordentlich spärlich und meist so unklar, daſs sie den Eindruck
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/27>, abgerufen am 21.11.2024.
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