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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Arier in Asien.
trägt, wo noch in dem Namen der Stadt Kerasun, der Name des alten
Eisenmarktes Kerasia, der den späteren, aus der klassischen Zeit
stammenden Namen Pharnacia überdauert hat, dort, wo noch so
manches an die Schilderungen Xenophons, an die Mossynöken, Tiba-
renern und Chalyber erinnert, dort besuchte er von Ünieh, dem antiken
Oenoi aus die Demir Maaden, die Eisengruben der Chalyber 1). Wir
lassen die Schilderung W. Hamiltons (Researches in Asia minor Vol. I,
p. 275 bis 280) nach Ritters Übersetzung folgen:

"Zwei Stunden weit gegen Süd-Südost der Stadt, erfuhr der Reisende,
sollte es Eisengruben geben. Pferd und Führer geleiteten ihn durch
ein Felsenthal aus Kalkstein zur Berghöhe, wo viele schwarze Zelte
von Turkomanen und Kurden standen, deren Bewohner in der Nähe
hausen sollten. Ein Weib zeigte den Weg durch ein dickes Wald-
gebüsch zu einer rohen Schmiede und Hütte aus Baumzweigen. Zwei
Männer breiteten einen Teppich aus und luden zum Sitzen ein.
Auf den Wunsch, von ihnen zu erfahren, wo die Eisengruben lägen,
antworteten sie, es gäbe keine, aber Eisenerz finde man überall. Sie
kratzten auf der Stelle nur weniges die Erde auf und fanden sogleich
einen Eisenerzknollen. In dieser Art scheint alles Erz daselbst vor-
zukommen. Der Boden ist ein dunkelgelber Thon oder Lehm (clay),
der 2 bis 3 Fuss mächtig den Kalkfelsen überlagert und tiefer auch in
seine Löcher hinabsinkt. Das Erz ist nur arm, die Schmelzer gleich
den alten Chalybern, mögen ein ziemlich hartes und mühsames Leben
führen. Sie sind alle zugleich Kohlenbrenner, für ihren eigenen Ge-
brauch. Ist eine Gegend an Holz und Erz erschöpft, so schlagen sie
ihre Hütten von Baumzweigen an einer anderen Stelle auf."

So ist das primitive metallurgische Leben dieser heutigen Berg-
und Waldbewohner gewiss sehr ähnlicher Art dem der frühesten Zeiten
gewesen, die Apollonius Rhodius 2) und andere so frappant beschrieben
haben. Auch Virgil (Georg. I, 58) spricht von den nackten Cha-
lybern, die ihr Eisen schicken und Strabo (XII, 549) von den dicht an
das Meer grenzenden Bergen der Chalyber (zu seiner Zeit Chaldäer
genannt), die früher an Silber, zu seiner Zeit aber an Eisen reich waren
(Dionys, Perrieg 768 bis 859 und Eustath, Comment u. a.). Dennoch
wurden längere Zeit die Chalyber für eine poetische Fiktion der Ilias
und der Argonautensänger gehalten, bis sie in ihrer, dem hohen Alter-
tume auf das merkwürdigste entsprechenden Existenz in der Gegen-
wart von dem trefflichen Beobachter nachgewiesen werden konnten.

1) Ritter XVIII, 847 etc.
2) Argon. II, 1002 bis 1010.

Die Arier in Asien.
trägt, wo noch in dem Namen der Stadt Kerasun, der Name des alten
Eisenmarktes Kerasia, der den späteren, aus der klassischen Zeit
stammenden Namen Pharnacia überdauert hat, dort, wo noch so
manches an die Schilderungen Xenophons, an die Mossynöken, Tiba-
renern und Chalyber erinnert, dort besuchte er von Ünieh, dem antiken
Oenoï aus die Demir Máaden, die Eisengruben der Chalyber 1). Wir
lassen die Schilderung W. Hamiltons (Researches in Asia minor Vol. I,
p. 275 bis 280) nach Ritters Übersetzung folgen:

„Zwei Stunden weit gegen Süd-Südost der Stadt, erfuhr der Reisende,
sollte es Eisengruben geben. Pferd und Führer geleiteten ihn durch
ein Felsenthal aus Kalkstein zur Berghöhe, wo viele schwarze Zelte
von Turkomanen und Kurden standen, deren Bewohner in der Nähe
hausen sollten. Ein Weib zeigte den Weg durch ein dickes Wald-
gebüsch zu einer rohen Schmiede und Hütte aus Baumzweigen. Zwei
Männer breiteten einen Teppich aus und luden zum Sitzen ein.
Auf den Wunsch, von ihnen zu erfahren, wo die Eisengruben lägen,
antworteten sie, es gäbe keine, aber Eisenerz finde man überall. Sie
kratzten auf der Stelle nur weniges die Erde auf und fanden sogleich
einen Eisenerzknollen. In dieser Art scheint alles Erz daselbst vor-
zukommen. Der Boden ist ein dunkelgelber Thon oder Lehm (clay),
der 2 bis 3 Fuſs mächtig den Kalkfelsen überlagert und tiefer auch in
seine Löcher hinabsinkt. Das Erz ist nur arm, die Schmelzer gleich
den alten Chalybern, mögen ein ziemlich hartes und mühsames Leben
führen. Sie sind alle zugleich Kohlenbrenner, für ihren eigenen Ge-
brauch. Ist eine Gegend an Holz und Erz erschöpft, so schlagen sie
ihre Hütten von Baumzweigen an einer anderen Stelle auf.“

So ist das primitive metallurgische Leben dieser heutigen Berg-
und Waldbewohner gewiſs sehr ähnlicher Art dem der frühesten Zeiten
gewesen, die Apollonius Rhodius 2) und andere so frappant beschrieben
haben. Auch Virgil (Georg. I, 58) spricht von den nackten Cha-
lybern, die ihr Eisen schicken und Strabo (XII, 549) von den dicht an
das Meer grenzenden Bergen der Chalyber (zu seiner Zeit Chaldäer
genannt), die früher an Silber, zu seiner Zeit aber an Eisen reich waren
(Dionys, Perrieg 768 bis 859 und Eustath, Comment u. a.). Dennoch
wurden längere Zeit die Chalyber für eine poetische Fiktion der Ilias
und der Argonautensänger gehalten, bis sie in ihrer, dem hohen Alter-
tume auf das merkwürdigste entsprechenden Existenz in der Gegen-
wart von dem trefflichen Beobachter nachgewiesen werden konnten.

1) Ritter XVIII, 847 etc.
2) Argon. II, 1002 bis 1010.
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[265/0287] Die Arier in Asien. trägt, wo noch in dem Namen der Stadt Kerasun, der Name des alten Eisenmarktes Kerasia, der den späteren, aus der klassischen Zeit stammenden Namen Pharnacia überdauert hat, dort, wo noch so manches an die Schilderungen Xenophons, an die Mossynöken, Tiba- renern und Chalyber erinnert, dort besuchte er von Ünieh, dem antiken Oenoï aus die Demir Máaden, die Eisengruben der Chalyber 1). Wir lassen die Schilderung W. Hamiltons (Researches in Asia minor Vol. I, p. 275 bis 280) nach Ritters Übersetzung folgen: „Zwei Stunden weit gegen Süd-Südost der Stadt, erfuhr der Reisende, sollte es Eisengruben geben. Pferd und Führer geleiteten ihn durch ein Felsenthal aus Kalkstein zur Berghöhe, wo viele schwarze Zelte von Turkomanen und Kurden standen, deren Bewohner in der Nähe hausen sollten. Ein Weib zeigte den Weg durch ein dickes Wald- gebüsch zu einer rohen Schmiede und Hütte aus Baumzweigen. Zwei Männer breiteten einen Teppich aus und luden zum Sitzen ein. Auf den Wunsch, von ihnen zu erfahren, wo die Eisengruben lägen, antworteten sie, es gäbe keine, aber Eisenerz finde man überall. Sie kratzten auf der Stelle nur weniges die Erde auf und fanden sogleich einen Eisenerzknollen. In dieser Art scheint alles Erz daselbst vor- zukommen. Der Boden ist ein dunkelgelber Thon oder Lehm (clay), der 2 bis 3 Fuſs mächtig den Kalkfelsen überlagert und tiefer auch in seine Löcher hinabsinkt. Das Erz ist nur arm, die Schmelzer gleich den alten Chalybern, mögen ein ziemlich hartes und mühsames Leben führen. Sie sind alle zugleich Kohlenbrenner, für ihren eigenen Ge- brauch. Ist eine Gegend an Holz und Erz erschöpft, so schlagen sie ihre Hütten von Baumzweigen an einer anderen Stelle auf.“ So ist das primitive metallurgische Leben dieser heutigen Berg- und Waldbewohner gewiſs sehr ähnlicher Art dem der frühesten Zeiten gewesen, die Apollonius Rhodius 2) und andere so frappant beschrieben haben. Auch Virgil (Georg. I, 58) spricht von den nackten Cha- lybern, die ihr Eisen schicken und Strabo (XII, 549) von den dicht an das Meer grenzenden Bergen der Chalyber (zu seiner Zeit Chaldäer genannt), die früher an Silber, zu seiner Zeit aber an Eisen reich waren (Dionys, Perrieg 768 bis 859 und Eustath, Comment u. a.). Dennoch wurden längere Zeit die Chalyber für eine poetische Fiktion der Ilias und der Argonautensänger gehalten, bis sie in ihrer, dem hohen Alter- tume auf das merkwürdigste entsprechenden Existenz in der Gegen- wart von dem trefflichen Beobachter nachgewiesen werden konnten. 1) Ritter XVIII, 847 etc. 2) Argon. II, 1002 bis 1010.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/287>, abgerufen am 21.11.2024.