Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.Amerika. gebracht wurde, läuft stets auf gehaltlose Phrasen hinaus, die einerwissenschaftlichen Beachtung gar nicht wert sind 1). Wenn demnach die niedere, mit Steinen arbeitende Klasse der 1) De Gama (l. c. P. I, p. 4) versichert höchst unbefangen, die harten Ge- steine der altmexikanischen Bildwerke und Bauten seien "mit noch dichteren und härteren Steinen" bearbeitet, vergass aber leider uns diese letzteren näher zu bezeichnen. Norman (Rambles in Yucatan, p. 184) entscheidet sich kurzweg für die Verwendung des Flintsteines als Werkzeug bei der Bearbeitung harter Stein- arten, ohne weiter zu untersuchen, ob derselbe in jenen Ländern vorkommt, und ob er überhaupt brauchbar gewesen wäre. Wenn neuerdings Emile Soldi (Bulle- tins de la Soc. d'Anthrop. de Paris, T. IV, Serie III, Annee 1881, p. 34 und 37) mit der Behauptung hervortrat, der ägyptische Diorit lasse sich mit Jaspis, der Granit aber schon mit Silex bearbeiten, so hätte, wenn überhaupt Verständnis von solchen Dingen bei ihm vorhanden wäre, Herr Soldi sich selber sagen müssen, dass ein Silex, mit dem er den Granit, und zwar "mit grösster Mühe", etwas zu ritzen vermochte, indem er mit einem anderen Steine darauf los schlug, niemals ein ge- eignetes Werkzeug zum Skulptieren des Granits sein konnte. Und was den Jas- pis anbetrifft, mit dem sogar der Diorit, seiner Meinung nach, sich bearbeiten lassen sollte, so liegt ein handliches Stück von der besten ägyptischen Sorte vor mir. Er zeigt allerdings eine grössere Härte als Chalcedon; auch seine Kanten schneiden scharf wie Stahl, aber an Zähigkeit fehlt es in solchem Grade, dass die Schneiden sehr leicht zu zerbröckeln sind und der ganze Stein beim geringsten Schlage auseinander fliegen würde. Mithin ist der Jaspis ein für jede Art Stein- arbeit völlig unbrauchbares Mineral, das nur als Schabmesser von den Eskimo beim Reinigen der Tierhäute mit Nutzen verwendet wird. Wie ein Sachverständiger über die Bearbeitung des Diorit urteilt, erfahren wir durch G. Ebers (Ägypten in Bild und Wort Bd. I, S. 172), wenn er von der bekannten, durch Mariette aufgefundenen Chefren-Statue sagt: "Sie ist aus so hartem Diorit gearbeitet, dass Meister Drake, mit dem wir sie vor Jahren ge- meinsam bewunderten, versicherte, er würde nur mit Zagen seinen Meissel an solchem Material versuchen." 2) Benzoni histor. Indiae occid. lib. III, c. XX, p. 398: Cusco, Inguarum caput
a Magocapa condita est. Cujus mox successores . . . . multa passim aedificia, tum cultui deorum tum Regis usibus destinata exstruxerint. Eorum parietes levissimo lapide, pumice aedificati sunt. Amerika. gebracht wurde, läuft stets auf gehaltlose Phrasen hinaus, die einerwissenschaftlichen Beachtung gar nicht wert sind 1). Wenn demnach die niedere, mit Steinen arbeitende Klasse der 1) De Gama (l. c. P. I, p. 4) versichert höchst unbefangen, die harten Ge- steine der altmexikanischen Bildwerke und Bauten seien „mit noch dichteren und härteren Steinen“ bearbeitet, vergaſs aber leider uns diese letzteren näher zu bezeichnen. Norman (Rambles in Yucatan, p. 184) entscheidet sich kurzweg für die Verwendung des Flintsteines als Werkzeug bei der Bearbeitung harter Stein- arten, ohne weiter zu untersuchen, ob derselbe in jenen Ländern vorkommt, und ob er überhaupt brauchbar gewesen wäre. Wenn neuerdings Emile Soldi (Bulle- tins de la Soc. d’Anthrop. de Paris, T. IV, Série III, Année 1881, p. 34 und 37) mit der Behauptung hervortrat, der ägyptische Diorit lasse sich mit Jaspis, der Granit aber schon mit Silex bearbeiten, so hätte, wenn überhaupt Verständnis von solchen Dingen bei ihm vorhanden wäre, Herr Soldi sich selber sagen müssen, daſs ein Silex, mit dem er den Granit, und zwar „mit gröſster Mühe“, etwas zu ritzen vermochte, indem er mit einem anderen Steine darauf los schlug, niemals ein ge- eignetes Werkzeug zum Skulptieren des Granits sein konnte. Und was den Jas- pis anbetrifft, mit dem sogar der Diorit, seiner Meinung nach, sich bearbeiten lassen sollte, so liegt ein handliches Stück von der besten ägyptischen Sorte vor mir. Er zeigt allerdings eine gröſsere Härte als Chalcedon; auch seine Kanten schneiden scharf wie Stahl, aber an Zähigkeit fehlt es in solchem Grade, daſs die Schneiden sehr leicht zu zerbröckeln sind und der ganze Stein beim geringsten Schlage auseinander fliegen würde. Mithin ist der Jaspis ein für jede Art Stein- arbeit völlig unbrauchbares Mineral, das nur als Schabmesser von den Eskimo beim Reinigen der Tierhäute mit Nutzen verwendet wird. Wie ein Sachverständiger über die Bearbeitung des Diorit urteilt, erfahren wir durch G. Ebers (Ägypten in Bild und Wort Bd. I, S. 172), wenn er von der bekannten, durch Mariette aufgefundenen Chefren-Statue sagt: „Sie ist aus so hartem Diorit gearbeitet, daſs Meister Drake, mit dem wir sie vor Jahren ge- meinsam bewunderten, versicherte, er würde nur mit Zagen seinen Meiſsel an solchem Material versuchen.“ 2) Benzoni histor. Indiae occid. lib. III, c. XX, p. 398: Cusco, Inguarum caput
a Magocapa condita est. Cujus mox successores . . . . multa passim aedificia, tum cultui deorum tum Regis usibus destinata exstruxerint. Eorum parietes levissimo lapide, pumice aedificati sunt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0385" n="363"/><fw place="top" type="header">Amerika.</fw><lb/> gebracht wurde, läuft stets auf gehaltlose Phrasen hinaus, die einer<lb/> wissenschaftlichen Beachtung gar nicht wert sind <note place="foot" n="1)">De Gama (l. c. P. I, p. 4) versichert höchst unbefangen, die harten Ge-<lb/> steine der altmexikanischen Bildwerke und Bauten seien „mit noch dichteren und<lb/> härteren Steinen“ bearbeitet, vergaſs aber leider uns diese letzteren näher zu<lb/> bezeichnen. Norman (Rambles in Yucatan, p. 184) entscheidet sich kurzweg für<lb/> die Verwendung des Flintsteines als Werkzeug bei der Bearbeitung harter Stein-<lb/> arten, ohne weiter zu untersuchen, ob derselbe in jenen Ländern vorkommt, und<lb/> ob er überhaupt brauchbar gewesen wäre. Wenn neuerdings Emile Soldi (Bulle-<lb/> tins de la Soc. d’Anthrop. de Paris, T. IV, Série III, Année 1881, p. 34 und 37) mit<lb/> der Behauptung hervortrat, der ägyptische Diorit lasse sich mit Jaspis, der Granit<lb/> aber schon mit Silex bearbeiten, so hätte, wenn überhaupt Verständnis von solchen<lb/> Dingen bei ihm vorhanden wäre, Herr Soldi sich selber sagen müssen, daſs ein<lb/> Silex, mit dem er den Granit, und zwar „mit gröſster Mühe“, etwas zu ritzen<lb/> vermochte, indem er mit einem anderen Steine darauf los schlug, niemals ein ge-<lb/> eignetes Werkzeug zum Skulptieren des Granits sein konnte. Und was den Jas-<lb/> pis anbetrifft, mit dem sogar der Diorit, seiner Meinung nach, sich bearbeiten<lb/> lassen sollte, so liegt ein handliches Stück von der besten ägyptischen Sorte vor<lb/> mir. Er zeigt allerdings eine gröſsere Härte als Chalcedon; auch seine Kanten<lb/> schneiden scharf wie Stahl, aber an Zähigkeit fehlt es in solchem Grade, daſs die<lb/> Schneiden sehr leicht zu zerbröckeln sind und der ganze Stein beim geringsten<lb/> Schlage auseinander fliegen würde. Mithin ist der Jaspis ein für jede Art Stein-<lb/> arbeit völlig unbrauchbares Mineral, das nur als Schabmesser von den Eskimo<lb/> beim Reinigen der Tierhäute mit Nutzen verwendet wird.<lb/> Wie ein Sachverständiger über die Bearbeitung des Diorit urteilt, erfahren<lb/> wir durch G. Ebers (Ägypten in Bild und Wort Bd. I, S. 172), wenn er von der<lb/> bekannten, durch Mariette aufgefundenen Chefren-Statue sagt: „Sie ist aus so<lb/> hartem Diorit gearbeitet, daſs Meister Drake, mit dem wir sie vor Jahren ge-<lb/> meinsam bewunderten, versicherte, er würde nur mit Zagen seinen Meiſsel an<lb/> solchem Material versuchen.“</note>.</p><lb/> <p>Wenn demnach die niedere, mit Steinen arbeitende Klasse der<lb/> Bauhandwerker nur auf einige Arten von weichen Gesteinen angewiesen<lb/> war, so darf man darum den Anteil, den sie im allgemeinen an der<lb/> Errichtung von Baulichkeiten hatte, keineswegs gering anschlagen. Es<lb/> bestand in der That, wie viele Trümmerreste bezeugen, ein groſser Teil<lb/> der Steinbauten in Peru, Mexiko und Zentral-Amerika aus einem sehr<lb/> roh bearbeiteten Material von geringer Festigkeit (K. von Scherzer,<lb/> Trop. Amer., S. 204). Benzo, der sich in der Mitte des 16. Jahrhunderts<lb/> in Cuzco aufhielt, fand dort viele Gebäude aus sehr leichtem Bimsstein<lb/> errichtet <note place="foot" n="2)">Benzoni histor. Indiae occid. lib. III, c. XX, p. 398: Cusco, Inguarum caput<lb/> a Magocapa condita est. Cujus mox successores . . . . multa passim aedificia,<lb/> tum cultui deorum tum Regis usibus destinata exstruxerint. Eorum parietes<lb/> levissimo lapide, pumice aedificati sunt.</note>, und ebenso war zu den Wohnhäusern in Tenochtitlan, deren<lb/> Zahl sich auf mehr als 60000 belief, gröſstenteils ein rötlicher, leicht<lb/> zerbrechlicher Tuf (tetzontli) genommen, der sich mit geringer Mühe<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [363/0385]
Amerika.
gebracht wurde, läuft stets auf gehaltlose Phrasen hinaus, die einer
wissenschaftlichen Beachtung gar nicht wert sind 1).
Wenn demnach die niedere, mit Steinen arbeitende Klasse der
Bauhandwerker nur auf einige Arten von weichen Gesteinen angewiesen
war, so darf man darum den Anteil, den sie im allgemeinen an der
Errichtung von Baulichkeiten hatte, keineswegs gering anschlagen. Es
bestand in der That, wie viele Trümmerreste bezeugen, ein groſser Teil
der Steinbauten in Peru, Mexiko und Zentral-Amerika aus einem sehr
roh bearbeiteten Material von geringer Festigkeit (K. von Scherzer,
Trop. Amer., S. 204). Benzo, der sich in der Mitte des 16. Jahrhunderts
in Cuzco aufhielt, fand dort viele Gebäude aus sehr leichtem Bimsstein
errichtet 2), und ebenso war zu den Wohnhäusern in Tenochtitlan, deren
Zahl sich auf mehr als 60000 belief, gröſstenteils ein rötlicher, leicht
zerbrechlicher Tuf (tetzontli) genommen, der sich mit geringer Mühe
1) De Gama (l. c. P. I, p. 4) versichert höchst unbefangen, die harten Ge-
steine der altmexikanischen Bildwerke und Bauten seien „mit noch dichteren und
härteren Steinen“ bearbeitet, vergaſs aber leider uns diese letzteren näher zu
bezeichnen. Norman (Rambles in Yucatan, p. 184) entscheidet sich kurzweg für
die Verwendung des Flintsteines als Werkzeug bei der Bearbeitung harter Stein-
arten, ohne weiter zu untersuchen, ob derselbe in jenen Ländern vorkommt, und
ob er überhaupt brauchbar gewesen wäre. Wenn neuerdings Emile Soldi (Bulle-
tins de la Soc. d’Anthrop. de Paris, T. IV, Série III, Année 1881, p. 34 und 37) mit
der Behauptung hervortrat, der ägyptische Diorit lasse sich mit Jaspis, der Granit
aber schon mit Silex bearbeiten, so hätte, wenn überhaupt Verständnis von solchen
Dingen bei ihm vorhanden wäre, Herr Soldi sich selber sagen müssen, daſs ein
Silex, mit dem er den Granit, und zwar „mit gröſster Mühe“, etwas zu ritzen
vermochte, indem er mit einem anderen Steine darauf los schlug, niemals ein ge-
eignetes Werkzeug zum Skulptieren des Granits sein konnte. Und was den Jas-
pis anbetrifft, mit dem sogar der Diorit, seiner Meinung nach, sich bearbeiten
lassen sollte, so liegt ein handliches Stück von der besten ägyptischen Sorte vor
mir. Er zeigt allerdings eine gröſsere Härte als Chalcedon; auch seine Kanten
schneiden scharf wie Stahl, aber an Zähigkeit fehlt es in solchem Grade, daſs die
Schneiden sehr leicht zu zerbröckeln sind und der ganze Stein beim geringsten
Schlage auseinander fliegen würde. Mithin ist der Jaspis ein für jede Art Stein-
arbeit völlig unbrauchbares Mineral, das nur als Schabmesser von den Eskimo
beim Reinigen der Tierhäute mit Nutzen verwendet wird.
Wie ein Sachverständiger über die Bearbeitung des Diorit urteilt, erfahren
wir durch G. Ebers (Ägypten in Bild und Wort Bd. I, S. 172), wenn er von der
bekannten, durch Mariette aufgefundenen Chefren-Statue sagt: „Sie ist aus so
hartem Diorit gearbeitet, daſs Meister Drake, mit dem wir sie vor Jahren ge-
meinsam bewunderten, versicherte, er würde nur mit Zagen seinen Meiſsel an
solchem Material versuchen.“
2) Benzoni histor. Indiae occid. lib. III, c. XX, p. 398: Cusco, Inguarum caput
a Magocapa condita est. Cujus mox successores . . . . multa passim aedificia,
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