Hinsichtlich der Inca-peruanischen Sprache beschränken sich meine Nachweise auf die, bei Garcilasso und dem späteren Velasco enthaltene, vereinzelte Notiz, dass man das Eisen Quillay genannt habe 1).
Fernando Montesinos aber, der sich im Anfange des 17. Jahr- hunderts mit den Altertümern Perus und, wie er selbst versichert, "mit viel Mühe und Sorge" auch mit der Auslegung der alten Quippus beschäftigte, teilt die eigentümliche Sage mit (Memor. antig. histor. del Peru, trad. Ternaux, XVII, 75), dass unter der Herrschaft des Ayar- tarco Cupo, während er in Cuzco in der Mitte von Vergnügungen lebte, ein friedliebendes Volk in Peru einwanderte, das die Steine mit Werk- zeugen aus Eisen, welche es aus seiner Heimat mitgebracht hatte, be- arbeitete und in Pachacama dem Schöpfer der Welt einen grossartigen Tempel errichtete. Dies sollen die Chimus gewesen sein, in deren Wohnsitzen, wie Martius (Zur Ethnogr. Amerikas, 457) bemerkt, noch heute Ruinen kolossaler Bauwerke angetroffen werden, welche von einer Kultur zeugen, weit mehr entwickelt und viel älter als das Inca- reich. "Gleich wie in Mexiko," fährt Martius fort, "die einwandernden Azteken monumentale Werke vorfanden, verlassen und in Ruinen, deren Erbauer ihnen unbekannt waren und die sie mit dem Namen der Tol- teken bezeichneten, so überkam die Dynastie der Incakönige Reste einer früheren Epoche und zogen sie in den Kreis ihres Kultursystems."
Es ist nun gewiss beachtenswert und sicher mehr als müssige, schrift- stellerische Phantasie, wenn in den alten Sagen beider Kulturstaaten das Eisen gleichsam an den Anfang der Kultur gestellt, und in unmittel- barer Beziehung zu der Errichtung von Monumentalbauten erwähnt wird. So dürfte wohl auch, wenn es in derselben Chronik (l. c. 52) heisst, dass Inti Capac, Herrscher von Cuzco, an den Caziken Huitara, der einen Sonnentempel errichten wollte, geeignete Arbeiter schickte, und ausser den nötigen Werkzeugen auch "von dem was erforderlich war, um sie anzufertigen", nur an Eisen oder Stahl gedacht werden können.
Doch von grösserer Bedeutung für die frühe Existenz des Eisens in Peru, als diese allerdings sehr mythischen Historien ist endlich die, in den von Montesinos verfassten, leider noch unedierten peruanischen Annalen enthaltene Notiz (Bastian im Archiv für Anthrop. III, 18), dass bereits unter den Incas die Eisengruben von Ancoraimes, einem süd-
1) Garcilasso, Com. Real. P. I, lib. II, c. XXVIII: En el Lenguage llaman al Hierro Quillay; Velasco, Descript. du Royaume de Quito (trad. Ternaux, Vol. XVIII, p. 177): Sie wendeten das Eisen nicht an, obgleich sie es kannten unter dem Namen Quillay, weil sie verstanden, das Kupfer wie Stahl zu härten.
Amerika.
Hinsichtlich der Inca-peruanischen Sprache beschränken sich meine Nachweise auf die, bei Garcilasso und dem späteren Velasco enthaltene, vereinzelte Notiz, daſs man das Eisen Quillay genannt habe 1).
Fernando Montesinos aber, der sich im Anfange des 17. Jahr- hunderts mit den Altertümern Perus und, wie er selbst versichert, „mit viel Mühe und Sorge“ auch mit der Auslegung der alten Quippus beschäftigte, teilt die eigentümliche Sage mit (Memor. antig. histor. del Perú, trad. Ternaux, XVII, 75), daſs unter der Herrschaft des Ayar- tarco Cupo, während er in Cuzco in der Mitte von Vergnügungen lebte, ein friedliebendes Volk in Peru einwanderte, das die Steine mit Werk- zeugen aus Eisen, welche es aus seiner Heimat mitgebracht hatte, be- arbeitete und in Pachacama dem Schöpfer der Welt einen groſsartigen Tempel errichtete. Dies sollen die Chimus gewesen sein, in deren Wohnsitzen, wie Martius (Zur Ethnogr. Amerikas, 457) bemerkt, noch heute Ruinen kolossaler Bauwerke angetroffen werden, welche von einer Kultur zeugen, weit mehr entwickelt und viel älter als das Inca- reich. „Gleich wie in Mexiko,“ fährt Martius fort, „die einwandernden Azteken monumentale Werke vorfanden, verlassen und in Ruinen, deren Erbauer ihnen unbekannt waren und die sie mit dem Namen der Tol- teken bezeichneten, so überkam die Dynastie der Incakönige Reste einer früheren Epoche und zogen sie in den Kreis ihres Kultursystems.“
Es ist nun gewiſs beachtenswert und sicher mehr als müſsige, schrift- stellerische Phantasie, wenn in den alten Sagen beider Kulturstaaten das Eisen gleichsam an den Anfang der Kultur gestellt, und in unmittel- barer Beziehung zu der Errichtung von Monumentalbauten erwähnt wird. So dürfte wohl auch, wenn es in derselben Chronik (l. c. 52) heiſst, daſs Inti Capac, Herrscher von Cuzco, an den Caziken Huitara, der einen Sonnentempel errichten wollte, geeignete Arbeiter schickte, und auſser den nötigen Werkzeugen auch „von dem was erforderlich war, um sie anzufertigen“, nur an Eisen oder Stahl gedacht werden können.
Doch von gröſserer Bedeutung für die frühe Existenz des Eisens in Peru, als diese allerdings sehr mythischen Historien ist endlich die, in den von Montesinos verfassten, leider noch unedierten peruanischen Annalen enthaltene Notiz (Bastian im Archiv für Anthrop. III, 18), daſs bereits unter den Incas die Eisengruben von Ancoraimes, einem süd-
1) Garcilasso, Com. Real. P. I, lib. II, c. XXVIII: En el Lenguage llaman al Hierro Quillay; Velasco, Descript. du Royaume de Quito (trad. Ternaux, Vol. XVIII, p. 177): Sie wendeten das Eisen nicht an, obgleich sie es kannten unter dem Namen Quillay, weil sie verstanden, das Kupfer wie Stahl zu härten.
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enthaltene, vereinzelte Notiz, daſs man das Eisen Quillay genannt habe 1).
Fernando Montesinos aber, der sich im Anfange des 17. Jahr-
hunderts mit den Altertümern Perus und, wie er selbst versichert, „mit
viel Mühe und Sorge“ auch mit der Auslegung der alten Quippus
beschäftigte, teilt die eigentümliche Sage mit (Memor. antig. histor. del
Perú, trad. Ternaux, XVII, 75), daſs unter der Herrschaft des Ayar-
tarco Cupo, während er in Cuzco in der Mitte von Vergnügungen lebte,
ein friedliebendes Volk in Peru einwanderte, das die Steine mit Werk-
zeugen aus Eisen, welche es aus seiner Heimat mitgebracht hatte, be-
arbeitete und in Pachacama dem Schöpfer der Welt einen groſsartigen
Tempel errichtete. Dies sollen die Chimus gewesen sein, in deren
Wohnsitzen, wie Martius (Zur Ethnogr. Amerikas, 457) bemerkt, noch
heute Ruinen kolossaler Bauwerke angetroffen werden, welche von
einer Kultur zeugen, weit mehr entwickelt und viel älter als das Inca-
reich. „Gleich wie in Mexiko,“ fährt Martius fort, „die einwandernden
Azteken monumentale Werke vorfanden, verlassen und in Ruinen, deren
Erbauer ihnen unbekannt waren und die sie mit dem Namen der Tol-
teken bezeichneten, so überkam die Dynastie der Incakönige Reste
einer früheren Epoche und zogen sie in den Kreis ihres Kultursystems.“
Es ist nun gewiſs beachtenswert und sicher mehr als müſsige, schrift-
stellerische Phantasie, wenn in den alten Sagen beider Kulturstaaten
das Eisen gleichsam an den Anfang der Kultur gestellt, und in unmittel-
barer Beziehung zu der Errichtung von Monumentalbauten erwähnt
wird. So dürfte wohl auch, wenn es in derselben Chronik (l. c. 52)
heiſst, daſs Inti Capac, Herrscher von Cuzco, an den Caziken Huitara,
der einen Sonnentempel errichten wollte, geeignete Arbeiter schickte,
und auſser den nötigen Werkzeugen auch „von dem was erforderlich
war, um sie anzufertigen“, nur an Eisen oder Stahl gedacht werden
können.
Doch von gröſserer Bedeutung für die frühe Existenz des Eisens
in Peru, als diese allerdings sehr mythischen Historien ist endlich die,
in den von Montesinos verfassten, leider noch unedierten peruanischen
Annalen enthaltene Notiz (Bastian im Archiv für Anthrop. III, 18), daſs
bereits unter den Incas die Eisengruben von Ancoraimes, einem süd-
1) Garcilasso, Com. Real. P. I, lib. II, c. XXVIII: En el Lenguage llaman al
Hierro Quillay; Velasco, Descript. du Royaume de Quito (trad. Ternaux, Vol. XVIII,
p. 177): Sie wendeten das Eisen nicht an, obgleich sie es kannten unter dem
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/394>, abgerufen am 22.11.2024.
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