Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite
Griechenland.

Drauf erschuf er sodann zwo Städte der redenden Menschen,
Blühende: voll war die ein' hochzeitlicher Fest und Gelage.
Junge Bräut' aus der Kammer, geführt im Scheine der Fackeln,
Zogen umher durch die Stadt; und des Chors Hymenäos erscholl laut:
Jüngling' im Tanz auch drehten behende sich, unter dem Klange
Der von Flöten und Harfen ertönete; aber die Weiber
Standen bewunderungsvoll vor den Wohnungen jede betrachtend.
Auch war Volksversammlung gedrängt auf dem Markte, denn heftig
Zankten sich dort zween Männer, und haderten wegen der Sühnung,
Um den erschlagenen Mann. Es beteuerte dieser dem Volke,
Alles hab' er bezahlt; ihm leugnete jener die Zahlung.
Beide sie wollten so gern vor dem Kundigen kommen zum Ausgang.
Diesem schrieen und jenem begünstigend eifrige Helfer;
Doch Herolde bezähmten die Schreienden. Aber die Obern
Sassen im heiligen Kreis' auf schöngehauenen Steinen;
Und in die Hände den Stab dumpfrufender Herolde nehmend,
Standen sie auf nach einander, und redeten wechselnd ihr Urteil.
Mitten lagen im Kreis' auch zwei Talente des Goldes,
Dem bestimmt, der von ihnen das Recht am gradesten spräche.
Jene Stadt umfassten mit Krieg zwei Heere der Völker,
Hell von Waffen umblinkt. Die Belagerer droheten zwiefach:
Auszutilgen die Stadt der Verteidiger, oder zu teilen,
Was die liebliche Stadt an Besitz inwendig verschlösse.
Jene verwarfen es noch, insgeheim zum Halte sich rüstend.
Ihre Mauer indes bewahreten liebende Weiber,
Und unmündige Kinder, gesellt zu wankenden Greisen.
Jen' enteilten, von Ares geführt und Pallas Athene:
Beide sie waren von Gold und in goldene Kleider gehüllet.
Beide schön in den Waffen und gross, wie unsterbliche Götter,
Weit umher vorstrahlend; denn minder an Wuchs war die Heerschar.
Als sie den Ort nun erreicht, der zum Hinterhalte bequem schien,
Nahe dem Bach, wo zur Tränke das Vieh von der Weide geführt ward;
Siehe, da setzten sich jene, geschirmt mit blendendem Erze.
Abwärts indes sassen zween spähende Wächter des Volkes,
Harrend, wann sie erblickten die Schaf und gehörneten Rinder.
Bald erschienen die Herden, von zween Feldhirten begleitet,
Die, nichts ahnend von Trug, mit Syringengetön sich ergötzten.
Schnell auf die Kommenden stürtzt' aus dem Hinterhalte die Heerschar,
Raubt' und trieb die Herden hinweg der gehörneten Rinder
Und weisswolligen Schaf', und erschlug die begleitenden Hirten.
Jene, sobald sie vernahmen das laute Getös' um die Rinder,
Welche die heiligen Thore belagerten, schnell auf die Wagen
Sprangen sie, eilten im Sturm der Gespann', und erreichten sie plötzlich.
Alle gestellt nun, schlugen sie Schlacht um die Ufer des Baches,
Und hin flogen und her die ehernen Kriegeslanzen.
Zwietracht tobt und Tumult ringsum und des Jammergeschicks Ker,
Die dort lebend erhielt den Verwundeten, jenen vor Wunden
Sicherte, jenen entseelt durch die Schlachten fortzog an den Füssen;
Und ihr Gewand um die Schulter war rot vom Blute der Männer
Gleich wie lebende Menschen durchschalteten diese die Feldschlacht
Und sie entzogen einander die hingesunkenen Toten.

Griechenland.

Drauf erschuf er sodann zwo Städte der redenden Menschen,
Blühende: voll war die ein’ hochzeitlicher Fest und Gelage.
Junge Bräut’ aus der Kammer, geführt im Scheine der Fackeln,
Zogen umher durch die Stadt; und des Chors Hymenäos erscholl laut:
Jüngling’ im Tanz auch drehten behende sich, unter dem Klange
Der von Flöten und Harfen ertönete; aber die Weiber
Standen bewunderungsvoll vor den Wohnungen jede betrachtend.
Auch war Volksversammlung gedrängt auf dem Markte, denn heftig
Zankten sich dort zween Männer, und haderten wegen der Sühnung,
Um den erschlagenen Mann. Es beteuerte dieser dem Volke,
Alles hab’ er bezahlt; ihm leugnete jener die Zahlung.
Beide sie wollten so gern vor dem Kundigen kommen zum Ausgang.
Diesem schrieen und jenem begünstigend eifrige Helfer;
Doch Herolde bezähmten die Schreienden. Aber die Obern
Saſsen im heiligen Kreis’ auf schöngehauenen Steinen;
Und in die Hände den Stab dumpfrufender Herolde nehmend,
Standen sie auf nach einander, und redeten wechselnd ihr Urteil.
Mitten lagen im Kreis’ auch zwei Talente des Goldes,
Dem bestimmt, der von ihnen das Recht am gradesten spräche.
Jene Stadt umfaſsten mit Krieg zwei Heere der Völker,
Hell von Waffen umblinkt. Die Belagerer droheten zwiefach:
Auszutilgen die Stadt der Verteidiger, oder zu teilen,
Was die liebliche Stadt an Besitz inwendig verschlösse.
Jene verwarfen es noch, insgeheim zum Halte sich rüstend.
Ihre Mauer indes bewahreten liebende Weiber,
Und unmündige Kinder, gesellt zu wankenden Greisen.
Jen’ enteilten, von Ares geführt und Pallas Athene:
Beide sie waren von Gold und in goldene Kleider gehüllet.
Beide schön in den Waffen und groſs, wie unsterbliche Götter,
Weit umher vorstrahlend; denn minder an Wuchs war die Heerschar.
Als sie den Ort nun erreicht, der zum Hinterhalte bequem schien,
Nahe dem Bach, wo zur Tränke das Vieh von der Weide geführt ward;
Siehe, da setzten sich jene, geschirmt mit blendendem Erze.
Abwärts indes saſsen zween spähende Wächter des Volkes,
Harrend, wann sie erblickten die Schaf und gehörneten Rinder.
Bald erschienen die Herden, von zween Feldhirten begleitet,
Die, nichts ahnend von Trug, mit Syringengetön sich ergötzten.
Schnell auf die Kommenden stürtzt’ aus dem Hinterhalte die Heerschar,
Raubt’ und trieb die Herden hinweg der gehörneten Rinder
Und weiſswolligen Schaf’, und erschlug die begleitenden Hirten.
Jene, sobald sie vernahmen das laute Getös’ um die Rinder,
Welche die heiligen Thore belagerten, schnell auf die Wagen
Sprangen sie, eilten im Sturm der Gespann’, und erreichten sie plötzlich.
Alle gestellt nun, schlugen sie Schlacht um die Ufer des Baches,
Und hin flogen und her die ehernen Kriegeslanzen.
Zwietracht tobt und Tumult ringsum und des Jammergeschicks Ker,
Die dort lebend erhielt den Verwundeten, jenen vor Wunden
Sicherte, jenen entseelt durch die Schlachten fortzog an den Füſsen;
Und ihr Gewand um die Schulter war rot vom Blute der Männer
Gleich wie lebende Menschen durchschalteten diese die Feldschlacht
Und sie entzogen einander die hingesunkenen Toten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0411" n="389"/>
            </l>
            <fw place="top" type="header">Griechenland.</fw><lb/>
            <l>Drauf erschuf er sodann zwo Städte der redenden Menschen,</l><lb/>
            <l>Blühende: voll war die ein&#x2019; hochzeitlicher Fest und Gelage.</l><lb/>
            <l>Junge Bräut&#x2019; aus der Kammer, geführt im Scheine der Fackeln,</l><lb/>
            <l>Zogen umher durch die Stadt; und des Chors Hymenäos erscholl laut:</l><lb/>
            <l>Jüngling&#x2019; im Tanz auch drehten behende sich, unter dem Klange</l><lb/>
            <l>Der von Flöten und Harfen ertönete; aber die Weiber</l><lb/>
            <l>Standen bewunderungsvoll vor den Wohnungen jede betrachtend.</l><lb/>
            <l>Auch war Volksversammlung gedrängt auf dem Markte, denn heftig</l><lb/>
            <l>Zankten sich dort zween Männer, und haderten wegen der Sühnung,</l><lb/>
            <l>Um den erschlagenen Mann. Es beteuerte dieser dem Volke,</l><lb/>
            <l>Alles hab&#x2019; er bezahlt; ihm leugnete jener die Zahlung.</l><lb/>
            <l>Beide sie wollten so gern vor dem Kundigen kommen zum Ausgang.</l><lb/>
            <l>Diesem schrieen und jenem begünstigend eifrige Helfer;</l><lb/>
            <l>Doch Herolde bezähmten die Schreienden. Aber die Obern</l><lb/>
            <l>Sa&#x017F;sen im heiligen Kreis&#x2019; auf schöngehauenen Steinen;</l><lb/>
            <l>Und in die Hände den Stab dumpfrufender Herolde nehmend,</l><lb/>
            <l>Standen sie auf nach einander, und redeten wechselnd ihr Urteil.</l><lb/>
            <l>Mitten lagen im Kreis&#x2019; auch zwei Talente des Goldes,</l><lb/>
            <l>Dem bestimmt, der von ihnen das Recht am gradesten spräche.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Jene Stadt umfa&#x017F;sten mit Krieg zwei Heere der Völker,</l><lb/>
            <l>Hell von Waffen umblinkt. Die Belagerer droheten zwiefach:</l><lb/>
            <l>Auszutilgen die Stadt der Verteidiger, oder zu teilen,</l><lb/>
            <l>Was die liebliche Stadt an Besitz inwendig verschlösse.</l><lb/>
            <l>Jene verwarfen es noch, insgeheim zum Halte sich rüstend.</l><lb/>
            <l>Ihre Mauer indes bewahreten liebende Weiber,</l><lb/>
            <l>Und unmündige Kinder, gesellt zu wankenden Greisen.</l><lb/>
            <l>Jen&#x2019; enteilten, von Ares geführt und Pallas Athene:</l><lb/>
            <l>Beide sie waren von Gold und in goldene Kleider gehüllet.</l><lb/>
            <l>Beide schön in den Waffen und gro&#x017F;s, wie unsterbliche Götter,</l><lb/>
            <l>Weit umher vorstrahlend; denn minder an Wuchs war die Heerschar.</l><lb/>
            <l>Als sie den Ort nun erreicht, der zum Hinterhalte bequem schien,</l><lb/>
            <l>Nahe dem Bach, wo zur Tränke das Vieh von der Weide geführt ward;</l><lb/>
            <l>Siehe, da setzten sich jene, geschirmt mit blendendem Erze.</l><lb/>
            <l>Abwärts indes sa&#x017F;sen zween spähende Wächter des Volkes,</l><lb/>
            <l>Harrend, wann sie erblickten die Schaf und gehörneten Rinder.</l><lb/>
            <l>Bald erschienen die Herden, von zween Feldhirten begleitet,</l><lb/>
            <l>Die, nichts ahnend von Trug, mit Syringengetön sich ergötzten.</l><lb/>
            <l>Schnell auf die Kommenden stürtzt&#x2019; aus dem Hinterhalte die Heerschar,</l><lb/>
            <l>Raubt&#x2019; und trieb die Herden hinweg der gehörneten Rinder</l><lb/>
            <l>Und wei&#x017F;swolligen Schaf&#x2019;, und erschlug die begleitenden Hirten.</l><lb/>
            <l>Jene, sobald sie vernahmen das laute Getös&#x2019; um die Rinder,</l><lb/>
            <l>Welche die heiligen Thore belagerten, schnell auf die Wagen</l><lb/>
            <l>Sprangen sie, eilten im Sturm der Gespann&#x2019;, und erreichten sie plötzlich.</l><lb/>
            <l>Alle gestellt nun, schlugen sie Schlacht um die Ufer des Baches,</l><lb/>
            <l>Und hin flogen und her die ehernen Kriegeslanzen.</l><lb/>
            <l>Zwietracht tobt und Tumult ringsum und des Jammergeschicks Ker,</l><lb/>
            <l>Die dort lebend erhielt den Verwundeten, jenen vor Wunden</l><lb/>
            <l>Sicherte, jenen entseelt durch die Schlachten fortzog an den Fü&#x017F;sen;</l><lb/>
            <l>Und ihr Gewand um die Schulter war rot vom Blute der Männer</l><lb/>
            <l>Gleich wie lebende Menschen durchschalteten diese die Feldschlacht</l><lb/>
            <l>Und sie entzogen einander die hingesunkenen Toten.</l>
          </lg><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[389/0411] Griechenland. Drauf erschuf er sodann zwo Städte der redenden Menschen, Blühende: voll war die ein’ hochzeitlicher Fest und Gelage. Junge Bräut’ aus der Kammer, geführt im Scheine der Fackeln, Zogen umher durch die Stadt; und des Chors Hymenäos erscholl laut: Jüngling’ im Tanz auch drehten behende sich, unter dem Klange Der von Flöten und Harfen ertönete; aber die Weiber Standen bewunderungsvoll vor den Wohnungen jede betrachtend. Auch war Volksversammlung gedrängt auf dem Markte, denn heftig Zankten sich dort zween Männer, und haderten wegen der Sühnung, Um den erschlagenen Mann. Es beteuerte dieser dem Volke, Alles hab’ er bezahlt; ihm leugnete jener die Zahlung. Beide sie wollten so gern vor dem Kundigen kommen zum Ausgang. Diesem schrieen und jenem begünstigend eifrige Helfer; Doch Herolde bezähmten die Schreienden. Aber die Obern Saſsen im heiligen Kreis’ auf schöngehauenen Steinen; Und in die Hände den Stab dumpfrufender Herolde nehmend, Standen sie auf nach einander, und redeten wechselnd ihr Urteil. Mitten lagen im Kreis’ auch zwei Talente des Goldes, Dem bestimmt, der von ihnen das Recht am gradesten spräche. Jene Stadt umfaſsten mit Krieg zwei Heere der Völker, Hell von Waffen umblinkt. Die Belagerer droheten zwiefach: Auszutilgen die Stadt der Verteidiger, oder zu teilen, Was die liebliche Stadt an Besitz inwendig verschlösse. Jene verwarfen es noch, insgeheim zum Halte sich rüstend. Ihre Mauer indes bewahreten liebende Weiber, Und unmündige Kinder, gesellt zu wankenden Greisen. Jen’ enteilten, von Ares geführt und Pallas Athene: Beide sie waren von Gold und in goldene Kleider gehüllet. Beide schön in den Waffen und groſs, wie unsterbliche Götter, Weit umher vorstrahlend; denn minder an Wuchs war die Heerschar. Als sie den Ort nun erreicht, der zum Hinterhalte bequem schien, Nahe dem Bach, wo zur Tränke das Vieh von der Weide geführt ward; Siehe, da setzten sich jene, geschirmt mit blendendem Erze. Abwärts indes saſsen zween spähende Wächter des Volkes, Harrend, wann sie erblickten die Schaf und gehörneten Rinder. Bald erschienen die Herden, von zween Feldhirten begleitet, Die, nichts ahnend von Trug, mit Syringengetön sich ergötzten. Schnell auf die Kommenden stürtzt’ aus dem Hinterhalte die Heerschar, Raubt’ und trieb die Herden hinweg der gehörneten Rinder Und weiſswolligen Schaf’, und erschlug die begleitenden Hirten. Jene, sobald sie vernahmen das laute Getös’ um die Rinder, Welche die heiligen Thore belagerten, schnell auf die Wagen Sprangen sie, eilten im Sturm der Gespann’, und erreichten sie plötzlich. Alle gestellt nun, schlugen sie Schlacht um die Ufer des Baches, Und hin flogen und her die ehernen Kriegeslanzen. Zwietracht tobt und Tumult ringsum und des Jammergeschicks Ker, Die dort lebend erhielt den Verwundeten, jenen vor Wunden Sicherte, jenen entseelt durch die Schlachten fortzog an den Füſsen; Und ihr Gewand um die Schulter war rot vom Blute der Männer Gleich wie lebende Menschen durchschalteten diese die Feldschlacht Und sie entzogen einander die hingesunkenen Toten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/411
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/411>, abgerufen am 17.05.2024.