verhältnismässig erst kurzen Bestehens, die primitiven Erzeugnisse der Bronzeschmiedekunst, bestehend in einigen schlichten Keilen und einigen höchst einfachen Lanzenspitzen. Schliemann fand in Mykenä mehrere steinerne Formen aus Basalt und Granit.
Eine derselben, die er abbildet 1), zeigt vertiefte Zeichnungen für Goldschmucksachen auf beiden Seiten des Steines. Schliemann hielt diese irrigerweise für Gussformen. Es waren vielmehr die Matrizen zum Einpressen der Goldblechzierden. Wären es Gussformen gewesen, so konnten es nur offene Formen und keine zweiteiligen gewesen sein, indem alle Eingussrinnen u. s. w. fehlen, überhaupt nicht abzusehen wäre, warum man harten Stein benutzt, statt eine weiche Formmasse, noch warum man so vielerlei und ganz heterogene Dinge in ein und dieselbe Form einmeisselte. Offene Formen können es aber auch nicht gewesen sein, denn dann würde der hergestellte Zierrat massiv und immer auf einer Seite flach sein müssen, was nicht der Fall ist.
Eisen ist in den Heroengräbern von Mykenä nur sehr wenig ge- funden worden. Dies ist kaum zu verwundern. Die ganze Art des Begräbnisses in der Heroenzeit, wie wir es aus den Funden von Mykenä kennen lernen, war auf grossen äusseren Prunk und Glanz gerichtet. Dass dem auch noch in späterer Zeit und selbst bei Privatleuten so war, beweisen die gesetzlichen Verbote Solons und Lykurgs, Bestattungen in so verschwenderischer Weise auszustatten. Eiserne Geräte hatten bei diesen Prunkbegräbnissen keinen Platz. Man könnte höchstens Schwerter von Eisen erwarten und es scheint, dass solche damals noch selten im Gebrauch waren, obgleich Hostmann der Ansicht ist, dass die Bronzeschwerter eben nur an Stelle der Stahlschwerter als Prunkwaffen mit in das Grab gegeben worden seien.
Übrigens hat Schliemann sowohl in Mykenä als in Troja Gegen- stände von Eisen ausgegraben. Er schreibt 2): "Eisen war in Mykenä schon bekannt, denn ich fand einige eiserne Messer, sowie einige Schlüssel von sonderbarer Form, von denen der eine sehr dünn, 5,6 Zoll lang ist und 4 Zähne hat; jeder Zahn hat eine Länge von 1,6 Zoll, am anderen Ende des Schlüssels ist ein Ring zum Aufhängen." Schlie- mann vermutet, dass diese Eisensachen aus jüngerer Zeit, nämlich aus dem fünften Jahrhundert v. Chr. herstammen, ohne diese Vermutung weiter zu begründen.
Auch bei den Ausgrabungen zu Troja haben sich Eisensachen ge- funden, wenn auch nur wenige. Zwar hat sich der Fund eines Stahl-
1) Mykenä 121.
2) Mykenä 83.
Griechenland.
verhältnismäſsig erst kurzen Bestehens, die primitiven Erzeugnisse der Bronzeschmiedekunst, bestehend in einigen schlichten Keilen und einigen höchst einfachen Lanzenspitzen. Schliemann fand in Mykenä mehrere steinerne Formen aus Basalt und Granit.
Eine derselben, die er abbildet 1), zeigt vertiefte Zeichnungen für Goldschmucksachen auf beiden Seiten des Steines. Schliemann hielt diese irrigerweise für Guſsformen. Es waren vielmehr die Matrizen zum Einpressen der Goldblechzierden. Wären es Guſsformen gewesen, so konnten es nur offene Formen und keine zweiteiligen gewesen sein, indem alle Einguſsrinnen u. s. w. fehlen, überhaupt nicht abzusehen wäre, warum man harten Stein benutzt, statt eine weiche Formmasse, noch warum man so vielerlei und ganz heterogene Dinge in ein und dieselbe Form einmeiſselte. Offene Formen können es aber auch nicht gewesen sein, denn dann würde der hergestellte Zierrat massiv und immer auf einer Seite flach sein müssen, was nicht der Fall ist.
Eisen ist in den Heroengräbern von Mykenä nur sehr wenig ge- funden worden. Dies ist kaum zu verwundern. Die ganze Art des Begräbnisses in der Heroenzeit, wie wir es aus den Funden von Mykenä kennen lernen, war auf groſsen äuſseren Prunk und Glanz gerichtet. Daſs dem auch noch in späterer Zeit und selbst bei Privatleuten so war, beweisen die gesetzlichen Verbote Solons und Lykurgs, Bestattungen in so verschwenderischer Weise auszustatten. Eiserne Geräte hatten bei diesen Prunkbegräbnissen keinen Platz. Man könnte höchstens Schwerter von Eisen erwarten und es scheint, daſs solche damals noch selten im Gebrauch waren, obgleich Hostmann der Ansicht ist, daſs die Bronzeschwerter eben nur an Stelle der Stahlschwerter als Prunkwaffen mit in das Grab gegeben worden seien.
Übrigens hat Schliemann sowohl in Mykenä als in Troja Gegen- stände von Eisen ausgegraben. Er schreibt 2): „Eisen war in Mykenä schon bekannt, denn ich fand einige eiserne Messer, sowie einige Schlüssel von sonderbarer Form, von denen der eine sehr dünn, 5,6 Zoll lang ist und 4 Zähne hat; jeder Zahn hat eine Länge von 1,6 Zoll, am anderen Ende des Schlüssels ist ein Ring zum Aufhängen.“ Schlie- mann vermutet, daſs diese Eisensachen aus jüngerer Zeit, nämlich aus dem fünften Jahrhundert v. Chr. herstammen, ohne diese Vermutung weiter zu begründen.
Auch bei den Ausgrabungen zu Troja haben sich Eisensachen ge- funden, wenn auch nur wenige. Zwar hat sich der Fund eines Stahl-
1) Mykenä 121.
2) Mykenä 83.
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Griechenland.
verhältnismäſsig erst kurzen Bestehens, die primitiven Erzeugnisse der
Bronzeschmiedekunst, bestehend in einigen schlichten Keilen und
einigen höchst einfachen Lanzenspitzen. Schliemann fand in Mykenä
mehrere steinerne Formen aus Basalt und Granit.
Eine derselben, die er abbildet 1), zeigt vertiefte Zeichnungen für
Goldschmucksachen auf beiden Seiten des Steines. Schliemann hielt
diese irrigerweise für Guſsformen. Es waren vielmehr die Matrizen
zum Einpressen der Goldblechzierden. Wären es Guſsformen gewesen,
so konnten es nur offene Formen und keine zweiteiligen gewesen sein,
indem alle Einguſsrinnen u. s. w. fehlen, überhaupt nicht abzusehen
wäre, warum man harten Stein benutzt, statt eine weiche Formmasse,
noch warum man so vielerlei und ganz heterogene Dinge in ein und
dieselbe Form einmeiſselte. Offene Formen können es aber auch nicht
gewesen sein, denn dann würde der hergestellte Zierrat massiv und
immer auf einer Seite flach sein müssen, was nicht der Fall ist.
Eisen ist in den Heroengräbern von Mykenä nur sehr wenig ge-
funden worden. Dies ist kaum zu verwundern. Die ganze Art des
Begräbnisses in der Heroenzeit, wie wir es aus den Funden von Mykenä
kennen lernen, war auf groſsen äuſseren Prunk und Glanz gerichtet.
Daſs dem auch noch in späterer Zeit und selbst bei Privatleuten so war,
beweisen die gesetzlichen Verbote Solons und Lykurgs, Bestattungen
in so verschwenderischer Weise auszustatten. Eiserne Geräte hatten
bei diesen Prunkbegräbnissen keinen Platz. Man könnte höchstens
Schwerter von Eisen erwarten und es scheint, daſs solche damals noch
selten im Gebrauch waren, obgleich Hostmann der Ansicht ist, daſs die
Bronzeschwerter eben nur an Stelle der Stahlschwerter als Prunkwaffen
mit in das Grab gegeben worden seien.
Übrigens hat Schliemann sowohl in Mykenä als in Troja Gegen-
stände von Eisen ausgegraben. Er schreibt 2): „Eisen war in Mykenä
schon bekannt, denn ich fand einige eiserne Messer, sowie einige
Schlüssel von sonderbarer Form, von denen der eine sehr dünn, 5,6 Zoll
lang ist und 4 Zähne hat; jeder Zahn hat eine Länge von 1,6 Zoll,
am anderen Ende des Schlüssels ist ein Ring zum Aufhängen.“ Schlie-
mann vermutet, daſs diese Eisensachen aus jüngerer Zeit, nämlich aus
dem fünften Jahrhundert v. Chr. herstammen, ohne diese Vermutung
weiter zu begründen.
Auch bei den Ausgrabungen zu Troja haben sich Eisensachen ge-
funden, wenn auch nur wenige. Zwar hat sich der Fund eines Stahl-
1) Mykenä 121.
2) Mykenä 83.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/433>, abgerufen am 22.11.2024.
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