rion in Attika. Sie waren von hohem Alter und man wusste nichts mehr über ihre Entstehung und Gründung, deshalb ist wohl anzuneh- men, dass auch diese zuerst von den Phöniziern eröffnet wurden, die auf dem benachbarten Euböa sich angesiedelt hatten. Ausserdem wurde Silber neben Gold auf Siphnos 1) gewonnen, ferner in Make- donien 2), bei Damastion in Epirus 3) und bei Pharnakia oberhalb Trapezunt 4).
Die ältesten und bedeutendsten Kupferbergwerke waren auf Euböa, die indes schon im 7. Jahrhundert n. Chr. erschöpft waren 5). In den Bergen zwischen Argos und Korinth sind Kupfererze nachgewiesen worden, dass dieselben aber in klassischer Zeit bergmännisch aus- gebeutet worden seien, ist höchst unwahrscheinlich, da nicht die geringste Notiz darüber vorliegt, was von einer so bekannten, viel be- suchten und beschriebenen Gegend sicher zu erwarten stünde.
Die Grubenanlagen auf Euböa dürfen als der älteste, regelmässige Bergbau der Griechen angesehen werden. Es wurde dort Kupfer und Eisen gewonnen, und zwar, wie es scheint, aus denselben Bergwerken. Dies gab der Insel ihren alten Namen Chalkis. Homer berichtet zwar von diesen Anlagen nichts, doch ist es wahrscheinlich, dass sie schon zu seiner Zeit bestanden haben. Sicher ist, dass die alte Stadt Chalkis, auf welche der Name der Insel übertragen wurde, bald nach Homer entstanden sein muss. Verschiedene Anzeichen deuten aber darauf hin, dass schon vor Homers Zeit Metallindustrie auf Euböa bestand. Einer der Söhne des Mynierkönigs Athamas, des Vaters der Helle und des Phryxos, welche von ihrer Mutter auf dem goldenen Widder ent- führt worden waren, hiess Chalkos, und ihnen wird die Erfindung der Schildbewaffnung zugeschrieben. Auf Euböa sassen Kureten, wie der euböische Geschichtsschreiber Archemachos 6) berichtet, von hier seien diese nach Ätolien ausgewandert. Auch dieses deutet auf Metall- industrie und alte Ansiedelungen von Kreta oder Westasien aus. Chalkis muss nach Homers Zeit rasch zu hoher Blüte gelangt sein. Zu Hesiods Zeit war es eine angesehene Stadt, in der grosse Festspiele abgehalten wurden, ähnlich den isthmischen und olympischen. Zu einem solchen Festspiele war der Dichter selbst gezogen und hatte einen Siegespreis durch sein Lied errungen. Es war, wie er selbst erzählt, seine einzige Meerfahrt 7).
1) Herodot III, 163.
2) Herodot V, 17.
3) Strabo VII, 326.
4) Strabo XII, 549.
5) Strabo X, S. 147; Plinius IV, 21 u. 64; Plutarch de def. orak 43; Eustath zu Dion. Per. 764.
6) Strabo X, cap. III, 6.
7) Hesiod, Werke u. Tage 649.
Griechenland.
rion in Attika. Sie waren von hohem Alter und man wuſste nichts mehr über ihre Entstehung und Gründung, deshalb ist wohl anzuneh- men, daſs auch diese zuerst von den Phöniziern eröffnet wurden, die auf dem benachbarten Euböa sich angesiedelt hatten. Auſserdem wurde Silber neben Gold auf Siphnos 1) gewonnen, ferner in Make- donien 2), bei Damastion in Epirus 3) und bei Pharnakia oberhalb Trapezunt 4).
Die ältesten und bedeutendsten Kupferbergwerke waren auf Euböa, die indes schon im 7. Jahrhundert n. Chr. erschöpft waren 5). In den Bergen zwischen Argos und Korinth sind Kupfererze nachgewiesen worden, daſs dieselben aber in klassischer Zeit bergmännisch aus- gebeutet worden seien, ist höchst unwahrscheinlich, da nicht die geringste Notiz darüber vorliegt, was von einer so bekannten, viel be- suchten und beschriebenen Gegend sicher zu erwarten stünde.
Die Grubenanlagen auf Euböa dürfen als der älteste, regelmäſsige Bergbau der Griechen angesehen werden. Es wurde dort Kupfer und Eisen gewonnen, und zwar, wie es scheint, aus denselben Bergwerken. Dies gab der Insel ihren alten Namen Chalkis. Homer berichtet zwar von diesen Anlagen nichts, doch ist es wahrscheinlich, daſs sie schon zu seiner Zeit bestanden haben. Sicher ist, daſs die alte Stadt Chalkis, auf welche der Name der Insel übertragen wurde, bald nach Homer entstanden sein muſs. Verschiedene Anzeichen deuten aber darauf hin, daſs schon vor Homers Zeit Metallindustrie auf Euböa bestand. Einer der Söhne des Mynierkönigs Athamas, des Vaters der Helle und des Phryxos, welche von ihrer Mutter auf dem goldenen Widder ent- führt worden waren, hieſs Chalkos, und ihnen wird die Erfindung der Schildbewaffnung zugeschrieben. Auf Euböa saſsen Kureten, wie der euböische Geschichtsschreiber Archemachos 6) berichtet, von hier seien diese nach Ätolien ausgewandert. Auch dieses deutet auf Metall- industrie und alte Ansiedelungen von Kreta oder Westasien aus. Chalkis muſs nach Homers Zeit rasch zu hoher Blüte gelangt sein. Zu Hesiods Zeit war es eine angesehene Stadt, in der groſse Festspiele abgehalten wurden, ähnlich den isthmischen und olympischen. Zu einem solchen Festspiele war der Dichter selbst gezogen und hatte einen Siegespreis durch sein Lied errungen. Es war, wie er selbst erzählt, seine einzige Meerfahrt 7).
1) Herodot III, 163.
2) Herodot V, 17.
3) Strabo VII, 326.
4) Strabo XII, 549.
5) Strabo X, S. 147; Plinius IV, 21 u. 64; Plutarch de def. orak 43; Eustath zu Dion. Per. 764.
6) Strabo X, cap. III, 6.
7) Hesiod, Werke u. Tage 649.
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Griechenland.
rion in Attika. Sie waren von hohem Alter und man wuſste nichts mehr
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men, daſs auch diese zuerst von den Phöniziern eröffnet wurden, die
auf dem benachbarten Euböa sich angesiedelt hatten. Auſserdem
wurde Silber neben Gold auf Siphnos 1) gewonnen, ferner in Make-
donien 2), bei Damastion in Epirus 3) und bei Pharnakia oberhalb
Trapezunt 4).
Die ältesten und bedeutendsten Kupferbergwerke waren auf Euböa,
die indes schon im 7. Jahrhundert n. Chr. erschöpft waren 5). In den
Bergen zwischen Argos und Korinth sind Kupfererze nachgewiesen
worden, daſs dieselben aber in klassischer Zeit bergmännisch aus-
gebeutet worden seien, ist höchst unwahrscheinlich, da nicht die
geringste Notiz darüber vorliegt, was von einer so bekannten, viel be-
suchten und beschriebenen Gegend sicher zu erwarten stünde.
Die Grubenanlagen auf Euböa dürfen als der älteste, regelmäſsige
Bergbau der Griechen angesehen werden. Es wurde dort Kupfer und
Eisen gewonnen, und zwar, wie es scheint, aus denselben Bergwerken.
Dies gab der Insel ihren alten Namen Chalkis. Homer berichtet zwar
von diesen Anlagen nichts, doch ist es wahrscheinlich, daſs sie schon
zu seiner Zeit bestanden haben. Sicher ist, daſs die alte Stadt Chalkis,
auf welche der Name der Insel übertragen wurde, bald nach Homer
entstanden sein muſs. Verschiedene Anzeichen deuten aber darauf
hin, daſs schon vor Homers Zeit Metallindustrie auf Euböa bestand.
Einer der Söhne des Mynierkönigs Athamas, des Vaters der Helle und
des Phryxos, welche von ihrer Mutter auf dem goldenen Widder ent-
führt worden waren, hieſs Chalkos, und ihnen wird die Erfindung der
Schildbewaffnung zugeschrieben. Auf Euböa saſsen Kureten, wie der
euböische Geschichtsschreiber Archemachos 6) berichtet, von hier seien
diese nach Ätolien ausgewandert. Auch dieses deutet auf Metall-
industrie und alte Ansiedelungen von Kreta oder Westasien aus. Chalkis
muſs nach Homers Zeit rasch zu hoher Blüte gelangt sein. Zu Hesiods
Zeit war es eine angesehene Stadt, in der groſse Festspiele abgehalten
wurden, ähnlich den isthmischen und olympischen. Zu einem solchen
Festspiele war der Dichter selbst gezogen und hatte einen Siegespreis
durch sein Lied errungen. Es war, wie er selbst erzählt, seine einzige
Meerfahrt 7).
1) Herodot III, 163.
2) Herodot V, 17.
3) Strabo VII, 326.
4) Strabo
XII, 549.
5) Strabo X, S. 147; Plinius IV, 21 u. 64; Plutarch de def. orak 43;
Eustath zu Dion. Per. 764.
6) Strabo X, cap. III, 6.
7) Hesiod, Werke u.
Tage 649.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/445>, abgerufen am 22.11.2024.
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