dargebracht. Gyges der Mermenade war 689 v. Chr. durch einen delphischen Orakelspruch als König von Lydien bestätigt worden. Zum Danke sandte er reiche Gaben von Gold und Silber nach Delphi (circa 11/2 Zentner), darunter 6 goldene Mischgefässe, 30 Talente schwer 1). Das wichtigste Weihgeschenk des lydischen Fürstengeschlechtes für uns ist aber der berühmte silberne Mischkrug des Allyates (um 600 v. Chr.), welcher auf einem Untergestelle von gelötetem Eisen stand, das "sehenswert war vor allen anderen delphischen Weihgeschenken, ein Werk des Glaukos aus Chios, welcher allein unter allen Menschen die Lötung des Eisens erfunden hat."
. . . . kretera te argureon megan kai upokreteridion sidereon kolleton, thees axion dia panton ton en Delphoisi anathematon, Glau- kou tou Khiou poiema os mounos de panton anthropon siderou kollesin exeure 2).
Hierzu giebt uns Pausanias in seiner Beschreibung des delphischen Heiligtums (Phokika) eine Parallelstelle, welche folgendermassen lautet 3):
1) Von den Weihgeschenken, welche die Könige der Lydier ge- stiftet hatten, war nichts mehr vorhanden (zur Zeit seines Besuches), als allein der eiserne Untersatz zum Krater des Allyates. Jeder ein- zelne, getriebene Teil des Untersatzes ist mit dem anderen nicht durch Spangen, noch durch Stifte verbunden, sondern einzig die Lötung hält sie zusammen, und sie dient dem Eisen als Bindemittel.
2) Die Gestalt des Untersatzes ist ungefähr die eines Thurmes, der von einer breiten Grundfläche nach oben in eine abgestumpfte Spitze ausläuft. Die einzelnen Seiten des Untersatzes sind nicht undurch- brochen geschlossen, vielmehr sind die eisernen Querbänder, wie die Stufen einer Leiter, die aufwärts stehenden Stäbe sind nach dem Gipfel hin auswärts gebogen und hierauf ruht der Krater.
Was hier unter der kollesis siderou gemeint ist, bleibt eine schwierige Frage. Das Wort kollesis von kollao heisst "die Zu- sammenleimung". Man könnte bei diesem Ausdruck zunächst an Schweissung denken, doch ist diese hier schwerlich gemeint. Nach einer anderen Meinung soll unter kollesis an dieser Stelle "eingelegte Arbeit", "Tauschierung", gemeint sein. Diese Ansicht hat dadurch einen Schein von Berechtigung, weil die tauschierten Arbeiten im Orient seit alter Zeit hochgeschätzt sind und es schwer zu begreifen ist, wie ein, durch Schweissung oder Lötung hergestelltes Stück so sehr die
1) Herodot I, 14.
2) Herodot I, 25.
3) Pausanias Buch 10, Phokika c. 16 1.
Griechenland.
dargebracht. Gyges der Mermenade war 689 v. Chr. durch einen delphischen Orakelspruch als König von Lydien bestätigt worden. Zum Danke sandte er reiche Gaben von Gold und Silber nach Delphi (circa 1½ Zentner), darunter 6 goldene Mischgefäſse, 30 Talente schwer 1). Das wichtigste Weihgeschenk des lydischen Fürstengeschlechtes für uns ist aber der berühmte silberne Mischkrug des Allyates (um 600 v. Chr.), welcher auf einem Untergestelle von gelötetem Eisen stand, das „sehenswert war vor allen anderen delphischen Weihgeschenken, ein Werk des Glaukos aus Chios, welcher allein unter allen Menschen die Lötung des Eisens erfunden hat.“
Hierzu giebt uns Pausanias in seiner Beschreibung des delphischen Heiligtums (Phokika) eine Parallelstelle, welche folgendermaſsen lautet 3):
1) Von den Weihgeschenken, welche die Könige der Lydier ge- stiftet hatten, war nichts mehr vorhanden (zur Zeit seines Besuches), als allein der eiserne Untersatz zum Krater des Allyates. Jeder ein- zelne, getriebene Teil des Untersatzes ist mit dem anderen nicht durch Spangen, noch durch Stifte verbunden, sondern einzig die Lötung hält sie zusammen, und sie dient dem Eisen als Bindemittel.
2) Die Gestalt des Untersatzes ist ungefähr die eines Thurmes, der von einer breiten Grundfläche nach oben in eine abgestumpfte Spitze ausläuft. Die einzelnen Seiten des Untersatzes sind nicht undurch- brochen geschlossen, vielmehr sind die eisernen Querbänder, wie die Stufen einer Leiter, die aufwärts stehenden Stäbe sind nach dem Gipfel hin auswärts gebogen und hierauf ruht der Krater.
Was hier unter der κόλλησις σιδῄρου gemeint ist, bleibt eine schwierige Frage. Das Wort κόλλησις von κολλάω heiſst „die Zu- sammenleimung“. Man könnte bei diesem Ausdruck zunächst an Schweiſsung denken, doch ist diese hier schwerlich gemeint. Nach einer anderen Meinung soll unter κόλλησις an dieser Stelle „eingelegte Arbeit“, „Tauschierung“, gemeint sein. Diese Ansicht hat dadurch einen Schein von Berechtigung, weil die tauschierten Arbeiten im Orient seit alter Zeit hochgeschätzt sind und es schwer zu begreifen ist, wie ein, durch Schweiſsung oder Lötung hergestelltes Stück so sehr die
1) Herodot I, 14.
2) Herodot I, 25.
3) Pausanias Buch 10, Phokika c. 16 1.
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Griechenland.
dargebracht. Gyges der Mermenade war 689 v. Chr. durch einen
delphischen Orakelspruch als König von Lydien bestätigt worden. Zum
Danke sandte er reiche Gaben von Gold und Silber nach Delphi
(circa 1½ Zentner), darunter 6 goldene Mischgefäſse, 30 Talente schwer 1).
Das wichtigste Weihgeschenk des lydischen Fürstengeschlechtes für uns
ist aber der berühmte silberne Mischkrug des Allyates (um 600 v. Chr.),
welcher auf einem Untergestelle von gelötetem Eisen stand, das
„sehenswert war vor allen anderen delphischen Weihgeschenken, ein
Werk des Glaukos aus Chios, welcher allein unter allen Menschen die
Lötung des Eisens erfunden hat.“
. . . . κρητῆρά τε ἀργύρεον μέγαν καὶ ὑποκρητηρίδιον σιδήρεον
κολλητόν, ϑέης ἄξιον διὰ πάντων τῶν ἐν Δελφοῖσι ἀναϑημάτων, Γλαύ-
κου τοῦ Χίου ποίημα ὃς μοῦνος δὴ πάντων ἀνϑρώπων σιδήρου
κόλλησιν ἐξεῦρε 2).
Hierzu giebt uns Pausanias in seiner Beschreibung des delphischen
Heiligtums (Phokika) eine Parallelstelle, welche folgendermaſsen
lautet 3):
1) Von den Weihgeschenken, welche die Könige der Lydier ge-
stiftet hatten, war nichts mehr vorhanden (zur Zeit seines Besuches),
als allein der eiserne Untersatz zum Krater des Allyates. Jeder ein-
zelne, getriebene Teil des Untersatzes ist mit dem anderen nicht durch
Spangen, noch durch Stifte verbunden, sondern einzig die Lötung hält
sie zusammen, und sie dient dem Eisen als Bindemittel.
2) Die Gestalt des Untersatzes ist ungefähr die eines Thurmes, der
von einer breiten Grundfläche nach oben in eine abgestumpfte Spitze
ausläuft. Die einzelnen Seiten des Untersatzes sind nicht undurch-
brochen geschlossen, vielmehr sind die eisernen Querbänder, wie die
Stufen einer Leiter, die aufwärts stehenden Stäbe sind nach dem
Gipfel hin auswärts gebogen und hierauf ruht der Krater.
Was hier unter der κόλλησις σιδῄρου gemeint ist, bleibt eine
schwierige Frage. Das Wort κόλλησις von κολλάω heiſst „die Zu-
sammenleimung“. Man könnte bei diesem Ausdruck zunächst an
Schweiſsung denken, doch ist diese hier schwerlich gemeint. Nach
einer anderen Meinung soll unter κόλλησις an dieser Stelle „eingelegte
Arbeit“, „Tauschierung“, gemeint sein. Diese Ansicht hat dadurch
einen Schein von Berechtigung, weil die tauschierten Arbeiten im Orient
seit alter Zeit hochgeschätzt sind und es schwer zu begreifen ist, wie
ein, durch Schweiſsung oder Lötung hergestelltes Stück so sehr die
1) Herodot I, 14.
2) Herodot I, 25.
3) Pausanias Buch 10, Phokika
c. 16 1.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/453>, abgerufen am 22.11.2024.
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