Philon teilt indessen noch viele wichtige, mechanische Vorkeh- rungen mit. So z. B. beschreibt er eine Schnellkatapulte1), die sich von selbst wieder spannte und eine grosse Zahl Pfeile nacheinander abschiessen konnte. Es wurde dies vermittelt durch einen Haspel, der mit einer Kette ohne Ende in Verbindung war, an welcher Daumen in regelmässigen Abständen angebracht waren, welche die Sehne aufzogen, spannten und losschnellten, indem gleichzeitig durch die Drehung immer wieder ein neuer Pfeil in die richtige Lage kam. Dieser höchst kunstvolle und komplizierte Apparat hatte indes denselben Fehler wie die älteren Mitrailleusen, nämlich dass alle Pfeile in derselben Rich- tung flogen.
Philon beschreibt ebenfalls einen Luftspanner, den er als eine Erfindung des Ktesibios bezeichnet. Diese Beschreibung ist für die Geschichte der Technik von grossem Interesse. Philon weiss, dass der Effekt auf der Elastizität der Luft beruht. Der wichtigste Teil des Apparates sind Gefässe, ähnlich Arzneibüchsen (cylindrische Gefässe), aus getriebenem Erz, die über wächserne Modelle gegossen werden um ihre Dicke zu erhalten. Ihre inneren Flächen wurden vermittelst einer Maschine ausgedrechselt, während sie an der Oberfläche gleich und gerade, nach dem Lineal bearbeitet und geglättet wurden. Hierauf wurde eine eherne Trommel (ein Kolben) eingesetzt, welche in dem Gefäss auf und nieder laufen konnte, indem sie sich mit ihrem gleich- falls gleich und glatt bearbeiteten Umfang anschmiegte, so dass beide Stücke so genau ineinander passten, dass keine Flüssigkeit mit ihrer grössten Gewalt hineindringen konnte.
(§. 61.) "Wundre dich aber oder zweifle nicht, ob es möglich ist, es so zu machen, denn auch bei der mit Händen gespielten Pfeife, welche man Wasserorgel nennt, ist der Luftbehälter, welcher die Luft in den im Wasser befindlichen Kasten gehen lässt, aus Erz. Auf gleiche Weise, wie die angeführten Gefässe, konstruierte Ktesibios solche und presste darin Luft bis zum Zerspringen zusammen, welches ein Beweis ist für die Grenze der Elastizität der Luft. Bei der Explosion sah man Feuer herausfahren."
Auch zwei solcher luftgefüllten Cylinder, die durch einen Kolben gepresst wurden, stützten sich die Bogenarme, die ähnlich losgeschossen wurden wie bei den Erzspannern.
"Indem nun die Bogensehne aufgezogen wurde, stemmten die Bogen- arme ihre Griffe auf die Trommeln und drückten sie hinein, die in den
1) Schnellgeschütze dieser Art fertigte auch ein gewisser Dionysos von Alexan- drien für die Rhodier.
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Griechenland.
Philon teilt indessen noch viele wichtige, mechanische Vorkeh- rungen mit. So z. B. beschreibt er eine Schnellkatapulte1), die sich von selbst wieder spannte und eine groſse Zahl Pfeile nacheinander abschieſsen konnte. Es wurde dies vermittelt durch einen Haspel, der mit einer Kette ohne Ende in Verbindung war, an welcher Daumen in regelmäſsigen Abständen angebracht waren, welche die Sehne aufzogen, spannten und losschnellten, indem gleichzeitig durch die Drehung immer wieder ein neuer Pfeil in die richtige Lage kam. Dieser höchst kunstvolle und komplizierte Apparat hatte indes denselben Fehler wie die älteren Mitrailleusen, nämlich daſs alle Pfeile in derselben Rich- tung flogen.
Philon beschreibt ebenfalls einen Luftspanner, den er als eine Erfindung des Ktesibios bezeichnet. Diese Beschreibung ist für die Geschichte der Technik von groſsem Interesse. Philon weiſs, daſs der Effekt auf der Elastizität der Luft beruht. Der wichtigste Teil des Apparates sind Gefäſse, ähnlich Arzneibüchsen (cylindrische Gefäſse), aus getriebenem Erz, die über wächserne Modelle gegossen werden um ihre Dicke zu erhalten. Ihre inneren Flächen wurden vermittelst einer Maschine ausgedrechselt, während sie an der Oberfläche gleich und gerade, nach dem Lineal bearbeitet und geglättet wurden. Hierauf wurde eine eherne Trommel (ein Kolben) eingesetzt, welche in dem Gefäſs auf und nieder laufen konnte, indem sie sich mit ihrem gleich- falls gleich und glatt bearbeiteten Umfang anschmiegte, so daſs beide Stücke so genau ineinander paſsten, daſs keine Flüssigkeit mit ihrer gröſsten Gewalt hineindringen konnte.
(§. 61.) „Wundre dich aber oder zweifle nicht, ob es möglich ist, es so zu machen, denn auch bei der mit Händen gespielten Pfeife, welche man Wasserorgel nennt, ist der Luftbehälter, welcher die Luft in den im Wasser befindlichen Kasten gehen läſst, aus Erz. Auf gleiche Weise, wie die angeführten Gefäſse, konstruierte Ktesibios solche und preſste darin Luft bis zum Zerspringen zusammen, welches ein Beweis ist für die Grenze der Elastizität der Luft. Bei der Explosion sah man Feuer herausfahren.“
Auch zwei solcher luftgefüllten Cylinder, die durch einen Kolben gepreſst wurden, stützten sich die Bogenarme, die ähnlich losgeschossen wurden wie bei den Erzspannern.
„Indem nun die Bogensehne aufgezogen wurde, stemmten die Bogen- arme ihre Griffe auf die Trommeln und drückten sie hinein, die in den
1) Schnellgeschütze dieser Art fertigte auch ein gewisser Dionysos von Alexan- drien für die Rhodier.
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Griechenland.
Philon teilt indessen noch viele wichtige, mechanische Vorkeh-
rungen mit. So z. B. beschreibt er eine Schnellkatapulte 1), die sich
von selbst wieder spannte und eine groſse Zahl Pfeile nacheinander
abschieſsen konnte. Es wurde dies vermittelt durch einen Haspel, der
mit einer Kette ohne Ende in Verbindung war, an welcher Daumen in
regelmäſsigen Abständen angebracht waren, welche die Sehne aufzogen,
spannten und losschnellten, indem gleichzeitig durch die Drehung
immer wieder ein neuer Pfeil in die richtige Lage kam. Dieser höchst
kunstvolle und komplizierte Apparat hatte indes denselben Fehler wie
die älteren Mitrailleusen, nämlich daſs alle Pfeile in derselben Rich-
tung flogen.
Philon beschreibt ebenfalls einen Luftspanner, den er als eine
Erfindung des Ktesibios bezeichnet. Diese Beschreibung ist für die
Geschichte der Technik von groſsem Interesse. Philon weiſs, daſs der
Effekt auf der Elastizität der Luft beruht. Der wichtigste Teil des
Apparates sind Gefäſse, ähnlich Arzneibüchsen (cylindrische Gefäſse),
aus getriebenem Erz, die über wächserne Modelle gegossen werden um
ihre Dicke zu erhalten. Ihre inneren Flächen wurden vermittelst einer
Maschine ausgedrechselt, während sie an der Oberfläche gleich und
gerade, nach dem Lineal bearbeitet und geglättet wurden. Hierauf
wurde eine eherne Trommel (ein Kolben) eingesetzt, welche in dem
Gefäſs auf und nieder laufen konnte, indem sie sich mit ihrem gleich-
falls gleich und glatt bearbeiteten Umfang anschmiegte, so daſs beide
Stücke so genau ineinander paſsten, daſs keine Flüssigkeit mit ihrer
gröſsten Gewalt hineindringen konnte.
(§. 61.) „Wundre dich aber oder zweifle nicht, ob es möglich ist,
es so zu machen, denn auch bei der mit Händen gespielten Pfeife,
welche man Wasserorgel nennt, ist der Luftbehälter, welcher die Luft
in den im Wasser befindlichen Kasten gehen läſst, aus Erz. Auf gleiche
Weise, wie die angeführten Gefäſse, konstruierte Ktesibios solche und
preſste darin Luft bis zum Zerspringen zusammen, welches ein Beweis
ist für die Grenze der Elastizität der Luft. Bei der Explosion sah
man Feuer herausfahren.“
Auch zwei solcher luftgefüllten Cylinder, die durch einen Kolben
gepreſst wurden, stützten sich die Bogenarme, die ähnlich losgeschossen
wurden wie bei den Erzspannern.
„Indem nun die Bogensehne aufgezogen wurde, stemmten die Bogen-
arme ihre Griffe auf die Trommeln und drückten sie hinein, die in den
1) Schnellgeschütze dieser Art fertigte auch ein gewisser Dionysos von Alexan-
drien für die Rhodier.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/473>, abgerufen am 22.11.2024.
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