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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Italien und die Römer.
grösse zerschlagenen Erzstücke in Lagen mit Holzkohle wechselnd auf-
getragen und der Wind angelassen werden. Durch die erzeugte Glut
wurde allmählich das Eisen reduziert und es bildete sich eine zäh-
flüssige, eisenreiche Schlacke, die man von Zeit zu Zeit durch den
Schlackenstisch abfliessen liess. Der Schmelzer half hierbei mit der
Brechstange nach, reinigte die Sohle und prüfte den zusammenbacken-
den Eisenklumpen, der sich auf dem Boden ansetzte und allmählich
vergrösserte. Er lüftete diesen gegen Ende des Prozesses, hob ihn vor
die Formen, um eine vollkommenere Schweissung und ein gleich-
mässigeres "gareres" Produkt zu erzielen. Wenn das eingesetzte Erz-
quantum nach Möglichkeit reduziert war und der Eisenklumpen die
genügende Grösse und Beschaffenheit zeigte, war der Schmelzprozess
beendet. Der Wind wurde abgestellt, Kohlen und Schlacken aus dem
Ofen gekratzt und die auf der Sohle liegende Eisenmasse, die "Luppe"
oder der "Wolf" genannt, mit Brecheisen und Zangen herausgehoben.
Durch Klopfen mit grossen Holzhämmern wurde sie von der Schlacke
gereinigt und dicht gemacht. Dann erhielt sie eine zweite Hitze und
zwar entweder in demselben Feuer, wobei ein Teil der Wärme wieder
verwertet werden konnte, oder in einem niedrigen Herdfeuer. Die
weissglühende Luppe wurde dann auf einem Amboss mit Handhämmern
in die gebräuchlichen Formen (Schirbel, Gänse, Luppenstäbe u. s. w.)
ausgeschmiedet. Der Ofen, auf dessen Sohle die zähflüssigste, eisen-
reichste Schlacke zurückblieb, wurde durch Ausflicken der Wände mit
feuerfestem Thon und Wiederherstellung der Ofenbrust zu einer neuen
Schmelzung zugerichtet, und dies so oft wiederholt, als es das rohe
Mauerwerk erlaubte. Aber selbst, wenn man gezwungen war, von
Grund aus einen neuen Ofen aufzuführen, wählte man gern die alten
Plätze, schon der vorhandenen Eisenschlackensohle wegen. Letztere
wuchs nach und nach zur beträchtlichen Dicke an. Bei unseren Öfen
zeigten diese festen Schlackenböden bei einem Durchmesser von 1,50 m
noch eine Dicke von 0,60 bis 0,80 m.

Über die Eisenerze, welche am Dreimühlenborn verschmolzen
wurden, haben die Ausgrabungen ebenfalls Aufschluss gegeben. Es
fanden sich sowohl in den Schlackenhalden als in dem Bachbett Rot-
eisensteinstücke in Menge, allerdings meist rauhes, quarzhaltiges Erz,
das weggeworfen worden war, während der reiche, zarte, bis 60 Proz.
haltige Stein, der verschmolzen wurde, sich nur selten fand. Da Rot-
eisenstein in der Nachbarschaft der Salburg nicht bekannt ist, so
unterliegt es kaum einem Zweifel, dass dieses Erz aus dem benach-
barten Gebiete der oberen Weil stammt, dessen uralter Bergbau be-

Italien und die Römer.
gröſse zerschlagenen Erzstücke in Lagen mit Holzkohle wechselnd auf-
getragen und der Wind angelassen werden. Durch die erzeugte Glut
wurde allmählich das Eisen reduziert und es bildete sich eine zäh-
flüssige, eisenreiche Schlacke, die man von Zeit zu Zeit durch den
Schlackenstisch abflieſsen lieſs. Der Schmelzer half hierbei mit der
Brechstange nach, reinigte die Sohle und prüfte den zusammenbacken-
den Eisenklumpen, der sich auf dem Boden ansetzte und allmählich
vergröſserte. Er lüftete diesen gegen Ende des Prozesses, hob ihn vor
die Formen, um eine vollkommenere Schweiſsung und ein gleich-
mäſsigeres „gareres“ Produkt zu erzielen. Wenn das eingesetzte Erz-
quantum nach Möglichkeit reduziert war und der Eisenklumpen die
genügende Gröſse und Beschaffenheit zeigte, war der Schmelzprozeſs
beendet. Der Wind wurde abgestellt, Kohlen und Schlacken aus dem
Ofen gekratzt und die auf der Sohle liegende Eisenmasse, die „Luppe“
oder der „Wolf“ genannt, mit Brecheisen und Zangen herausgehoben.
Durch Klopfen mit groſsen Holzhämmern wurde sie von der Schlacke
gereinigt und dicht gemacht. Dann erhielt sie eine zweite Hitze und
zwar entweder in demselben Feuer, wobei ein Teil der Wärme wieder
verwertet werden konnte, oder in einem niedrigen Herdfeuer. Die
weiſsglühende Luppe wurde dann auf einem Amboſs mit Handhämmern
in die gebräuchlichen Formen (Schirbel, Gänse, Luppenstäbe u. s. w.)
ausgeschmiedet. Der Ofen, auf dessen Sohle die zähflüssigste, eisen-
reichste Schlacke zurückblieb, wurde durch Ausflicken der Wände mit
feuerfestem Thon und Wiederherstellung der Ofenbrust zu einer neuen
Schmelzung zugerichtet, und dies so oft wiederholt, als es das rohe
Mauerwerk erlaubte. Aber selbst, wenn man gezwungen war, von
Grund aus einen neuen Ofen aufzuführen, wählte man gern die alten
Plätze, schon der vorhandenen Eisenschlackensohle wegen. Letztere
wuchs nach und nach zur beträchtlichen Dicke an. Bei unseren Öfen
zeigten diese festen Schlackenböden bei einem Durchmesser von 1,50 m
noch eine Dicke von 0,60 bis 0,80 m.

Über die Eisenerze, welche am Dreimühlenborn verschmolzen
wurden, haben die Ausgrabungen ebenfalls Aufschluſs gegeben. Es
fanden sich sowohl in den Schlackenhalden als in dem Bachbett Rot-
eisensteinstücke in Menge, allerdings meist rauhes, quarzhaltiges Erz,
das weggeworfen worden war, während der reiche, zarte, bis 60 Proz.
haltige Stein, der verschmolzen wurde, sich nur selten fand. Da Rot-
eisenstein in der Nachbarschaft der Salburg nicht bekannt ist, so
unterliegt es kaum einem Zweifel, daſs dieses Erz aus dem benach-
barten Gebiete der oberen Weil stammt, dessen uralter Bergbau be-

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[522/0544] Italien und die Römer. gröſse zerschlagenen Erzstücke in Lagen mit Holzkohle wechselnd auf- getragen und der Wind angelassen werden. Durch die erzeugte Glut wurde allmählich das Eisen reduziert und es bildete sich eine zäh- flüssige, eisenreiche Schlacke, die man von Zeit zu Zeit durch den Schlackenstisch abflieſsen lieſs. Der Schmelzer half hierbei mit der Brechstange nach, reinigte die Sohle und prüfte den zusammenbacken- den Eisenklumpen, der sich auf dem Boden ansetzte und allmählich vergröſserte. Er lüftete diesen gegen Ende des Prozesses, hob ihn vor die Formen, um eine vollkommenere Schweiſsung und ein gleich- mäſsigeres „gareres“ Produkt zu erzielen. Wenn das eingesetzte Erz- quantum nach Möglichkeit reduziert war und der Eisenklumpen die genügende Gröſse und Beschaffenheit zeigte, war der Schmelzprozeſs beendet. Der Wind wurde abgestellt, Kohlen und Schlacken aus dem Ofen gekratzt und die auf der Sohle liegende Eisenmasse, die „Luppe“ oder der „Wolf“ genannt, mit Brecheisen und Zangen herausgehoben. Durch Klopfen mit groſsen Holzhämmern wurde sie von der Schlacke gereinigt und dicht gemacht. Dann erhielt sie eine zweite Hitze und zwar entweder in demselben Feuer, wobei ein Teil der Wärme wieder verwertet werden konnte, oder in einem niedrigen Herdfeuer. Die weiſsglühende Luppe wurde dann auf einem Amboſs mit Handhämmern in die gebräuchlichen Formen (Schirbel, Gänse, Luppenstäbe u. s. w.) ausgeschmiedet. Der Ofen, auf dessen Sohle die zähflüssigste, eisen- reichste Schlacke zurückblieb, wurde durch Ausflicken der Wände mit feuerfestem Thon und Wiederherstellung der Ofenbrust zu einer neuen Schmelzung zugerichtet, und dies so oft wiederholt, als es das rohe Mauerwerk erlaubte. Aber selbst, wenn man gezwungen war, von Grund aus einen neuen Ofen aufzuführen, wählte man gern die alten Plätze, schon der vorhandenen Eisenschlackensohle wegen. Letztere wuchs nach und nach zur beträchtlichen Dicke an. Bei unseren Öfen zeigten diese festen Schlackenböden bei einem Durchmesser von 1,50 m noch eine Dicke von 0,60 bis 0,80 m. Über die Eisenerze, welche am Dreimühlenborn verschmolzen wurden, haben die Ausgrabungen ebenfalls Aufschluſs gegeben. Es fanden sich sowohl in den Schlackenhalden als in dem Bachbett Rot- eisensteinstücke in Menge, allerdings meist rauhes, quarzhaltiges Erz, das weggeworfen worden war, während der reiche, zarte, bis 60 Proz. haltige Stein, der verschmolzen wurde, sich nur selten fand. Da Rot- eisenstein in der Nachbarschaft der Salburg nicht bekannt ist, so unterliegt es kaum einem Zweifel, daſs dieses Erz aus dem benach- barten Gebiete der oberen Weil stammt, dessen uralter Bergbau be-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/544>, abgerufen am 20.05.2024.