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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Italien und die Römer.

Auch die erste Verwendung des Dampfes ist eine griechische Er-
findung. Hero der Alexandriner war der erste, der eine klare Vor-
stellung wie vom Luftdruck, so auch vom Dampfdruck hatte. Er sagt,
dass Wasser, wenn es der Wirkung von Feuer ausgesetzt werde, sich
in Luft umwandle. Die Anwendung des Dampfes beschränkte sich
indes mehr auf mechanische Spielereien, wie z. B. Herons Drehkugel,
der "Heronsball". Die bekannteste Vorrichtung waren die Äolipylen,
über welche wir durch Vitruv die früheste Kenntnis haben. Es war
dies eine Art Dampfgebläse, das aber mehr eine physikalische Kurio-
sität gewesen zu sein scheint. Vitruv, der, wie die Alten überhaupt,
noch Wasserdampf und Luft identifiziert, schreibt etwas dunkel 1):
"Der Wind ist eine strömende Luftwelle mit unbestimmter, über-
flutender Bewegung ... Dass dies wahr sei, kann man aus den Äoli-
pylen (Luftgebläsen) ersehen und hinsichtlich der verborgenen Dinge
des Himmels durch künstlich erfundene Dinge die göttliche Wahr-
heit erzwingen. Man macht nämlich eherne, hohle Äolipylen, diese
haben eine möglichst enge Öffnung, durch welche sie mit Wasser
gefüllt werden, dann stellt man sie ans Feuer und bevor sie warm
werden, zeigt sich keinerlei Hauch, sobald sie aber zu erhitzen sich
anfangen, bewirken sie am Feuer ein heftiges Gebläse. So kann man
aus dem kleinen und sehr kurzen Schauspiel Kenntnis und Urteil über
die grossen und unermesslichen Naturgesetze des Himmels und der
Winde schöpfen." Es war eine Spielerei, an die sich diese prophetischen
Worte des alten, vielverkannten Architekten anknüpften. Beinahe
1800 Jahre mussten vergehen, ehe man wirklich die unermessliche
Naturkraft des Dampfes kennen und sie als die wichtigste Hilfskraft
des Menschen dienstbar zu machen lernte. Welche reichen und
mannigfaltigen Keime lagen in der Technik der Griechen und Römer
vorgebildet, wie gewaltig hätte sich auf dieser Grundlage schon die
unmittelbare Zukunft der Industrie entwickeln können, wenn nicht
unersättliche Eroberungssucht auf der einen Seite, Rache und Habgier
auf der anderen Seite Europa in eine wilde Flut von Kämpfen gestürzt
hätte, die alles Bestehende teils vernichtete, teils für lange Zeit in
Frage stellte, so dass Jahrhunderte darüber hingingen, sogar beinahe
ein halbes Jahrtausend verschwand, ehe die friedliche Industrie an die
alten Erfahrungen wieder anknüpfte, zu neuen Entdeckungen, zu neuen
Fortschritten sich emporringen konnte. Der Zusammensturz Roms
wurde herbeigeführt durch die Völkerwanderung.



1) Lib. I, cap. 6, 2.
Italien und die Römer.

Auch die erste Verwendung des Dampfes ist eine griechische Er-
findung. Hero der Alexandriner war der erste, der eine klare Vor-
stellung wie vom Luftdruck, so auch vom Dampfdruck hatte. Er sagt,
daſs Wasser, wenn es der Wirkung von Feuer ausgesetzt werde, sich
in Luft umwandle. Die Anwendung des Dampfes beschränkte sich
indes mehr auf mechanische Spielereien, wie z. B. Herons Drehkugel,
der „Heronsball“. Die bekannteste Vorrichtung waren die Äolipylen,
über welche wir durch Vitruv die früheste Kenntnis haben. Es war
dies eine Art Dampfgebläse, das aber mehr eine physikalische Kurio-
sität gewesen zu sein scheint. Vitruv, der, wie die Alten überhaupt,
noch Wasserdampf und Luft identifiziert, schreibt etwas dunkel 1):
„Der Wind ist eine strömende Luftwelle mit unbestimmter, über-
flutender Bewegung … Daſs dies wahr sei, kann man aus den Äoli-
pylen (Luftgebläsen) ersehen und hinsichtlich der verborgenen Dinge
des Himmels durch künstlich erfundene Dinge die göttliche Wahr-
heit erzwingen. Man macht nämlich eherne, hohle Äolipylen, diese
haben eine möglichst enge Öffnung, durch welche sie mit Wasser
gefüllt werden, dann stellt man sie ans Feuer und bevor sie warm
werden, zeigt sich keinerlei Hauch, sobald sie aber zu erhitzen sich
anfangen, bewirken sie am Feuer ein heftiges Gebläse. So kann man
aus dem kleinen und sehr kurzen Schauspiel Kenntnis und Urteil über
die groſsen und unermeſslichen Naturgesetze des Himmels und der
Winde schöpfen.“ Es war eine Spielerei, an die sich diese prophetischen
Worte des alten, vielverkannten Architekten anknüpften. Beinahe
1800 Jahre muſsten vergehen, ehe man wirklich die unermeſsliche
Naturkraft des Dampfes kennen und sie als die wichtigste Hilfskraft
des Menschen dienstbar zu machen lernte. Welche reichen und
mannigfaltigen Keime lagen in der Technik der Griechen und Römer
vorgebildet, wie gewaltig hätte sich auf dieser Grundlage schon die
unmittelbare Zukunft der Industrie entwickeln können, wenn nicht
unersättliche Eroberungssucht auf der einen Seite, Rache und Habgier
auf der anderen Seite Europa in eine wilde Flut von Kämpfen gestürzt
hätte, die alles Bestehende teils vernichtete, teils für lange Zeit in
Frage stellte, so daſs Jahrhunderte darüber hingingen, sogar beinahe
ein halbes Jahrtausend verschwand, ehe die friedliche Industrie an die
alten Erfahrungen wieder anknüpfte, zu neuen Entdeckungen, zu neuen
Fortschritten sich emporringen konnte. Der Zusammensturz Roms
wurde herbeigeführt durch die Völkerwanderung.



1) Lib. I, cap. 6, 2.
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[582/0604] Italien und die Römer. Auch die erste Verwendung des Dampfes ist eine griechische Er- findung. Hero der Alexandriner war der erste, der eine klare Vor- stellung wie vom Luftdruck, so auch vom Dampfdruck hatte. Er sagt, daſs Wasser, wenn es der Wirkung von Feuer ausgesetzt werde, sich in Luft umwandle. Die Anwendung des Dampfes beschränkte sich indes mehr auf mechanische Spielereien, wie z. B. Herons Drehkugel, der „Heronsball“. Die bekannteste Vorrichtung waren die Äolipylen, über welche wir durch Vitruv die früheste Kenntnis haben. Es war dies eine Art Dampfgebläse, das aber mehr eine physikalische Kurio- sität gewesen zu sein scheint. Vitruv, der, wie die Alten überhaupt, noch Wasserdampf und Luft identifiziert, schreibt etwas dunkel 1): „Der Wind ist eine strömende Luftwelle mit unbestimmter, über- flutender Bewegung … Daſs dies wahr sei, kann man aus den Äoli- pylen (Luftgebläsen) ersehen und hinsichtlich der verborgenen Dinge des Himmels durch künstlich erfundene Dinge die göttliche Wahr- heit erzwingen. Man macht nämlich eherne, hohle Äolipylen, diese haben eine möglichst enge Öffnung, durch welche sie mit Wasser gefüllt werden, dann stellt man sie ans Feuer und bevor sie warm werden, zeigt sich keinerlei Hauch, sobald sie aber zu erhitzen sich anfangen, bewirken sie am Feuer ein heftiges Gebläse. So kann man aus dem kleinen und sehr kurzen Schauspiel Kenntnis und Urteil über die groſsen und unermeſslichen Naturgesetze des Himmels und der Winde schöpfen.“ Es war eine Spielerei, an die sich diese prophetischen Worte des alten, vielverkannten Architekten anknüpften. Beinahe 1800 Jahre muſsten vergehen, ehe man wirklich die unermeſsliche Naturkraft des Dampfes kennen und sie als die wichtigste Hilfskraft des Menschen dienstbar zu machen lernte. Welche reichen und mannigfaltigen Keime lagen in der Technik der Griechen und Römer vorgebildet, wie gewaltig hätte sich auf dieser Grundlage schon die unmittelbare Zukunft der Industrie entwickeln können, wenn nicht unersättliche Eroberungssucht auf der einen Seite, Rache und Habgier auf der anderen Seite Europa in eine wilde Flut von Kämpfen gestürzt hätte, die alles Bestehende teils vernichtete, teils für lange Zeit in Frage stellte, so daſs Jahrhunderte darüber hingingen, sogar beinahe ein halbes Jahrtausend verschwand, ehe die friedliche Industrie an die alten Erfahrungen wieder anknüpfte, zu neuen Entdeckungen, zu neuen Fortschritten sich emporringen konnte. Der Zusammensturz Roms wurde herbeigeführt durch die Völkerwanderung. 1) Lib. I, cap. 6, 2.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/604>, abgerufen am 22.11.2024.