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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Einleitung zum Mittelalter.
Bronzezeit und diese tritt uns von Anfang an in künstlerischer Aus-
bildung entgegen. Wäre die Bronze eine Erfindung der Nordländer,
so müsste man erwarten, dass sie von den rohesten Produkten ganz
allmählich zu kunstvolleren sich fortentwickelt haben müsste. Dies ist
aber durchaus nicht der Fall. Eher das Gegenteil, wenigstens sind die
nordischen Gelehrten darin einig, dass die "ältere Bronzeperiode"
kunstvollere und exaktere Arbeiten aufzuweisen hat, als die jüngere.

Die Erfindung und unabhängige Entwickelung dieser Metallindu-
strie im Norden ist deshalb unmöglich. Wie ist die Erscheinung zu
erklären? Hierfür giebt es zwei Möglichkeiten. Entweder hat ein
bronzekundiges Volk das Steinvolk besiegt und unterdrückt, oder die
kunstvollen Bronzegeräte kamen von aussen durch Handel und Raub
in das Land. Erstere Erklärung ist recht bequem, aber ganz unhalt-
bar. Zunächst ist so ziemlich erwiesen, dass der Übergang aus der
Steinzeit in die Bronzezeit kein gewaltsamer war. Sitten und Gebräuche
der Völker der späteren Steinzeit und der älteren Bronzezeit sind
nicht wesentlich verschieden. Wo sollte ein solches nur mit Bronze-
geräten ausgerüstetes Volk herkommen um Skandinavien zu erobern?
Wo sollte es in der Folge seinen ausgedehnten Bedarf an Bronze her-
beziehen, welche es für seine nationale Industrie in dem Jahrtausend
seiner Herrschaft bedurfte? Diese Fragen sind nicht zu beantworten
und wenn man es versuchen will ihnen nahe zu treten, erweist sich
die Unmöglichkeit der ganzen Hypothese. Wir können deshalb keine
andere Ansicht gelten lassen, als dass die Bronzeperiode des Nordens
durch den Handel veranlasst und eingeleitet wurde. Auf welchem
Wege sich solche Handelsbeziehungen entwickeln konnten, ist für uns
nach allem Vorausgegangenen nicht schwer zu begreifen. Wir kennen
die Bedeutung des phönizischen Handels vom Jahre 1200 bis über
700 v. Chr., wir kennen die Bedeutung des griechischen Handels von
700 bis 300 v. Chr., wir kennen die Bedeutung des etruskischen Han-
dels vom 8. bis 3. Jahrhundert für Italien und die Nachbarländer, wir
kennen die Bedeutung des römischen Handels, welcher die Erbschaft
aller übrigen Völker antrat. Für alle diese genannten Völker gehör-
ten Bronzewaren zu den wichtigsten Handelsartikeln. Nilsson, welcher
einer der objektivsten schwedischen Archäologen ist, hat zuerst die
Theorie aufgestellt, dass die nordischen Bronzen durch den phönizischen
Handel an Skandinavien gelangt seien. Im Prinzip hat er gewiss insofern
Recht, als die Phönizier die Gründer und Anreger des ganzen inter-
nationalen Handelsverkehrs in Europa waren. Da aber der phönizische
Handel bereits im Verfall war und seine Selbständigkeit verloren hatte,

Einleitung zum Mittelalter.
Bronzezeit und diese tritt uns von Anfang an in künstlerischer Aus-
bildung entgegen. Wäre die Bronze eine Erfindung der Nordländer,
so müſste man erwarten, daſs sie von den rohesten Produkten ganz
allmählich zu kunstvolleren sich fortentwickelt haben müſste. Dies ist
aber durchaus nicht der Fall. Eher das Gegenteil, wenigstens sind die
nordischen Gelehrten darin einig, daſs die „ältere Bronzeperiode“
kunstvollere und exaktere Arbeiten aufzuweisen hat, als die jüngere.

Die Erfindung und unabhängige Entwickelung dieser Metallindu-
strie im Norden ist deshalb unmöglich. Wie ist die Erscheinung zu
erklären? Hierfür giebt es zwei Möglichkeiten. Entweder hat ein
bronzekundiges Volk das Steinvolk besiegt und unterdrückt, oder die
kunstvollen Bronzegeräte kamen von auſsen durch Handel und Raub
in das Land. Erstere Erklärung ist recht bequem, aber ganz unhalt-
bar. Zunächst ist so ziemlich erwiesen, daſs der Übergang aus der
Steinzeit in die Bronzezeit kein gewaltsamer war. Sitten und Gebräuche
der Völker der späteren Steinzeit und der älteren Bronzezeit sind
nicht wesentlich verschieden. Wo sollte ein solches nur mit Bronze-
geräten ausgerüstetes Volk herkommen um Skandinavien zu erobern?
Wo sollte es in der Folge seinen ausgedehnten Bedarf an Bronze her-
beziehen, welche es für seine nationale Industrie in dem Jahrtausend
seiner Herrschaft bedurfte? Diese Fragen sind nicht zu beantworten
und wenn man es versuchen will ihnen nahe zu treten, erweist sich
die Unmöglichkeit der ganzen Hypothese. Wir können deshalb keine
andere Ansicht gelten lassen, als daſs die Bronzeperiode des Nordens
durch den Handel veranlaſst und eingeleitet wurde. Auf welchem
Wege sich solche Handelsbeziehungen entwickeln konnten, ist für uns
nach allem Vorausgegangenen nicht schwer zu begreifen. Wir kennen
die Bedeutung des phönizischen Handels vom Jahre 1200 bis über
700 v. Chr., wir kennen die Bedeutung des griechischen Handels von
700 bis 300 v. Chr., wir kennen die Bedeutung des etruskischen Han-
dels vom 8. bis 3. Jahrhundert für Italien und die Nachbarländer, wir
kennen die Bedeutung des römischen Handels, welcher die Erbschaft
aller übrigen Völker antrat. Für alle diese genannten Völker gehör-
ten Bronzewaren zu den wichtigsten Handelsartikeln. Nilsson, welcher
einer der objektivsten schwedischen Archäologen ist, hat zuerst die
Theorie aufgestellt, daſs die nordischen Bronzen durch den phönizischen
Handel an Skandinavien gelangt seien. Im Prinzip hat er gewiſs insofern
Recht, als die Phönizier die Gründer und Anreger des ganzen inter-
nationalen Handelsverkehrs in Europa waren. Da aber der phönizische
Handel bereits im Verfall war und seine Selbständigkeit verloren hatte,

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[597/0619] Einleitung zum Mittelalter. Bronzezeit und diese tritt uns von Anfang an in künstlerischer Aus- bildung entgegen. Wäre die Bronze eine Erfindung der Nordländer, so müſste man erwarten, daſs sie von den rohesten Produkten ganz allmählich zu kunstvolleren sich fortentwickelt haben müſste. Dies ist aber durchaus nicht der Fall. Eher das Gegenteil, wenigstens sind die nordischen Gelehrten darin einig, daſs die „ältere Bronzeperiode“ kunstvollere und exaktere Arbeiten aufzuweisen hat, als die jüngere. Die Erfindung und unabhängige Entwickelung dieser Metallindu- strie im Norden ist deshalb unmöglich. Wie ist die Erscheinung zu erklären? Hierfür giebt es zwei Möglichkeiten. Entweder hat ein bronzekundiges Volk das Steinvolk besiegt und unterdrückt, oder die kunstvollen Bronzegeräte kamen von auſsen durch Handel und Raub in das Land. Erstere Erklärung ist recht bequem, aber ganz unhalt- bar. Zunächst ist so ziemlich erwiesen, daſs der Übergang aus der Steinzeit in die Bronzezeit kein gewaltsamer war. Sitten und Gebräuche der Völker der späteren Steinzeit und der älteren Bronzezeit sind nicht wesentlich verschieden. Wo sollte ein solches nur mit Bronze- geräten ausgerüstetes Volk herkommen um Skandinavien zu erobern? Wo sollte es in der Folge seinen ausgedehnten Bedarf an Bronze her- beziehen, welche es für seine nationale Industrie in dem Jahrtausend seiner Herrschaft bedurfte? Diese Fragen sind nicht zu beantworten und wenn man es versuchen will ihnen nahe zu treten, erweist sich die Unmöglichkeit der ganzen Hypothese. Wir können deshalb keine andere Ansicht gelten lassen, als daſs die Bronzeperiode des Nordens durch den Handel veranlaſst und eingeleitet wurde. Auf welchem Wege sich solche Handelsbeziehungen entwickeln konnten, ist für uns nach allem Vorausgegangenen nicht schwer zu begreifen. Wir kennen die Bedeutung des phönizischen Handels vom Jahre 1200 bis über 700 v. Chr., wir kennen die Bedeutung des griechischen Handels von 700 bis 300 v. Chr., wir kennen die Bedeutung des etruskischen Han- dels vom 8. bis 3. Jahrhundert für Italien und die Nachbarländer, wir kennen die Bedeutung des römischen Handels, welcher die Erbschaft aller übrigen Völker antrat. Für alle diese genannten Völker gehör- ten Bronzewaren zu den wichtigsten Handelsartikeln. Nilsson, welcher einer der objektivsten schwedischen Archäologen ist, hat zuerst die Theorie aufgestellt, daſs die nordischen Bronzen durch den phönizischen Handel an Skandinavien gelangt seien. Im Prinzip hat er gewiſs insofern Recht, als die Phönizier die Gründer und Anreger des ganzen inter- nationalen Handelsverkehrs in Europa waren. Da aber der phönizische Handel bereits im Verfall war und seine Selbständigkeit verloren hatte,

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/619>, abgerufen am 22.11.2024.