in einer schwarzen mit Kohlen und Asche geschwängerten Erde. Einige dieser Tiegel waren mit Erde gefüllt, in anderen aber befand sich noch das Schmelzgut, das den Topf oft nur bis zur Hälfte ausfüllte. Dieses Schmelzgut bestand aus einer porösen, eisenhaltigen, schwarzen Schlacke, die gegen den Boden des Gefässes zu metallischer, krystalli- nischer und brüchiger wurde, zugleich aber an Dichtigkeit zunahm; ein Tiegel enthielt noch die vollständige Luppe, wie sie sich aus dem Schmelzsatz ausgeschmolzen hatte; sie hatte die Gestalt des Tiegel- raumes angenommen und bestand aus einem schwarzen, metallisch glänzenden schlackigen Eisen. Die Tiegel waren grösstenteils so mürbe, dass es nicht gelang, auch nur den kleinsten Scherben heraus- zubekommen, was erklärlich ist, da sie so nahe der Oberfläche gelegen den Einflüssen der Atmosphärilien zu sehr ausgesetzt waren. Sie sind aus einer grauschwarzen, sehr zerreiblichen sandigen Masse gearbeitet worden, deren Hauptbestandteil wohl der feuerfeste, Rudicer Thon ist."
Ist dieses erste Verfahren mit der metallurgischen Erfahrung schon schwer in Einklang zu bringen, so ist dies bei dem zweiten noch weit schwieriger.
"Das zweite Verfahren, das ich als wahrscheinlich jünger annehme, da es komplizierter gewesen ist, war nachstehendes: Es wurde eine 2 m lange, 1 m breite und ebenso tiefe Grube gegraben, in dieselbe auf einen in der Grube etwas erhöhten Boden ein 35 bis 36 cm hoher, nach unten etwas wenig ausgebauchter Tiegel gestellt, der 30 bis 32 cm Durchmesser und eine 4 bis 41/2 cm dicke Wandung hatte. Nahe am Boden dieses Tiegels waren ringsherum vier bis sechs Stück 12 bis 13 cm lange, 5 cm dicke thönerne Röhren angebracht, die sich etwas nach abwärts neigten und mit ihrem 2 cm weiten Kanale in den Tiegelraum, mit dem freien abgerundeten Ende aber in eine kleine, in den Boden der Grube gemachte schalenförmige Vertiefung mündeten. Nachdem das Schmelzgut samt Kohle in den Tiegel gethan ward, wurde rings um den Tiegel die Grube mit Brennstoff angefüllt, der- selbe angezündet und von beiden Seiten mit einer Blasevorrichtung in das Feuer geblasen und so die Glut angefacht, bis das geschmolzene Eisen durch die Röhren in die schalenartige Vertiefung abfloss, dem dann die flüssige Schlacke folgte und so war der Prozess vollendet. Ob irgend ein Flussmittel dem Erze beigemengt wurde, wird die Schlackenanalyse ergeben; die vielen halbgebrannten, in den Abfalls- haufen liegenden Kalkbrocken machen dies wahrscheinlich. Um für die Blasevorrichtung Raum zu bekommen, wurden die Gruben länger als breiter gemacht.
Einleitung zum Mittelalter.
in einer schwarzen mit Kohlen und Asche geschwängerten Erde. Einige dieser Tiegel waren mit Erde gefüllt, in anderen aber befand sich noch das Schmelzgut, das den Topf oft nur bis zur Hälfte ausfüllte. Dieses Schmelzgut bestand aus einer porösen, eisenhaltigen, schwarzen Schlacke, die gegen den Boden des Gefäſses zu metallischer, krystalli- nischer und brüchiger wurde, zugleich aber an Dichtigkeit zunahm; ein Tiegel enthielt noch die vollständige Luppe, wie sie sich aus dem Schmelzsatz ausgeschmolzen hatte; sie hatte die Gestalt des Tiegel- raumes angenommen und bestand aus einem schwarzen, metallisch glänzenden schlackigen Eisen. Die Tiegel waren gröſstenteils so mürbe, daſs es nicht gelang, auch nur den kleinsten Scherben heraus- zubekommen, was erklärlich ist, da sie so nahe der Oberfläche gelegen den Einflüssen der Atmosphärilien zu sehr ausgesetzt waren. Sie sind aus einer grauschwarzen, sehr zerreiblichen sandigen Masse gearbeitet worden, deren Hauptbestandteil wohl der feuerfeste, Rudicer Thon ist.“
Ist dieses erste Verfahren mit der metallurgischen Erfahrung schon schwer in Einklang zu bringen, so ist dies bei dem zweiten noch weit schwieriger.
„Das zweite Verfahren, das ich als wahrscheinlich jünger annehme, da es komplizierter gewesen ist, war nachstehendes: Es wurde eine 2 m lange, 1 m breite und ebenso tiefe Grube gegraben, in dieselbe auf einen in der Grube etwas erhöhten Boden ein 35 bis 36 cm hoher, nach unten etwas wenig ausgebauchter Tiegel gestellt, der 30 bis 32 cm Durchmesser und eine 4 bis 4½ cm dicke Wandung hatte. Nahe am Boden dieses Tiegels waren ringsherum vier bis sechs Stück 12 bis 13 cm lange, 5 cm dicke thönerne Röhren angebracht, die sich etwas nach abwärts neigten und mit ihrem 2 cm weiten Kanale in den Tiegelraum, mit dem freien abgerundeten Ende aber in eine kleine, in den Boden der Grube gemachte schalenförmige Vertiefung mündeten. Nachdem das Schmelzgut samt Kohle in den Tiegel gethan ward, wurde rings um den Tiegel die Grube mit Brennstoff angefüllt, der- selbe angezündet und von beiden Seiten mit einer Blasevorrichtung in das Feuer geblasen und so die Glut angefacht, bis das geschmolzene Eisen durch die Röhren in die schalenartige Vertiefung abfloſs, dem dann die flüssige Schlacke folgte und so war der Prozeſs vollendet. Ob irgend ein Fluſsmittel dem Erze beigemengt wurde, wird die Schlackenanalyse ergeben; die vielen halbgebrannten, in den Abfalls- haufen liegenden Kalkbrocken machen dies wahrscheinlich. Um für die Blasevorrichtung Raum zu bekommen, wurden die Gruben länger als breiter gemacht.
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[630/0652]
Einleitung zum Mittelalter.
in einer schwarzen mit Kohlen und Asche geschwängerten Erde. Einige
dieser Tiegel waren mit Erde gefüllt, in anderen aber befand sich
noch das Schmelzgut, das den Topf oft nur bis zur Hälfte ausfüllte.
Dieses Schmelzgut bestand aus einer porösen, eisenhaltigen, schwarzen
Schlacke, die gegen den Boden des Gefäſses zu metallischer, krystalli-
nischer und brüchiger wurde, zugleich aber an Dichtigkeit zunahm;
ein Tiegel enthielt noch die vollständige Luppe, wie sie sich aus dem
Schmelzsatz ausgeschmolzen hatte; sie hatte die Gestalt des Tiegel-
raumes angenommen und bestand aus einem schwarzen, metallisch
glänzenden schlackigen Eisen. Die Tiegel waren gröſstenteils so
mürbe, daſs es nicht gelang, auch nur den kleinsten Scherben heraus-
zubekommen, was erklärlich ist, da sie so nahe der Oberfläche gelegen
den Einflüssen der Atmosphärilien zu sehr ausgesetzt waren. Sie sind
aus einer grauschwarzen, sehr zerreiblichen sandigen Masse gearbeitet
worden, deren Hauptbestandteil wohl der feuerfeste, Rudicer Thon ist.“
Ist dieses erste Verfahren mit der metallurgischen Erfahrung schon
schwer in Einklang zu bringen, so ist dies bei dem zweiten noch weit
schwieriger.
„Das zweite Verfahren, das ich als wahrscheinlich jünger annehme,
da es komplizierter gewesen ist, war nachstehendes: Es wurde eine
2 m lange, 1 m breite und ebenso tiefe Grube gegraben, in dieselbe auf
einen in der Grube etwas erhöhten Boden ein 35 bis 36 cm hoher,
nach unten etwas wenig ausgebauchter Tiegel gestellt, der 30 bis
32 cm Durchmesser und eine 4 bis 4½ cm dicke Wandung hatte.
Nahe am Boden dieses Tiegels waren ringsherum vier bis sechs Stück
12 bis 13 cm lange, 5 cm dicke thönerne Röhren angebracht, die sich
etwas nach abwärts neigten und mit ihrem 2 cm weiten Kanale in den
Tiegelraum, mit dem freien abgerundeten Ende aber in eine kleine, in
den Boden der Grube gemachte schalenförmige Vertiefung mündeten.
Nachdem das Schmelzgut samt Kohle in den Tiegel gethan ward,
wurde rings um den Tiegel die Grube mit Brennstoff angefüllt, der-
selbe angezündet und von beiden Seiten mit einer Blasevorrichtung in
das Feuer geblasen und so die Glut angefacht, bis das geschmolzene
Eisen durch die Röhren in die schalenartige Vertiefung abfloſs, dem
dann die flüssige Schlacke folgte und so war der Prozeſs vollendet.
Ob irgend ein Fluſsmittel dem Erze beigemengt wurde, wird die
Schlackenanalyse ergeben; die vielen halbgebrannten, in den Abfalls-
haufen liegenden Kalkbrocken machen dies wahrscheinlich. Um für
die Blasevorrichtung Raum zu bekommen, wurden die Gruben länger
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/652>, abgerufen am 22.11.2024.
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