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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Das frühe Mittelalter.
kehr mit anderen Völkern, namentlich mit den Phöniziern veranlassten
und zur Gründung des reichen Gades durch die Tyrer führten. Der
Reichtum Spaniens war bei den Alten sprichwörtlich. In das Gebiet
der Turditanier verlegte man die Goldfrüchte tragenden Gärten der
Hesperiden. Dort waren die Säulen des Herkules, die Grenzzeichen
der Welt, jenseits welcher das Elysium lag. Deshalb hiess auch das
südwestliche Vorgebirge von Hispanien Kap Finisterre, bei den Römern,
"das heilige" (Promontorium Sanctum). Als die Karthaginienser zu-
erst zu den Turdetaniern kamen, fanden sie bei denselben silberne
Krippen und Weinkrüge im Gebrauch. Und Anakreon singt als von
den höchsten irdischen Gütern: "Weder möcht ich Amalthias Füllhorn
mir wünschen, noch hundertundfünfzig Jahre nacheinander die Herr-
schaft über Tartessos." Letzteres war der alte griechische Name für
das Land der Turditanier und den Guadalquivir, gleichbedeutend mit
dem phönizischen Namen Tharsis. Tharsisschiffe hiessen bekanntlich
die grossen Handelsschiffe der Phönizier, die das Silber aus Spanien
holten.

Strabo nennt die Phönizier die Unterweiser der Iberer, denn diese
hätten vor Homers Zeit den besten Teil Iberiens und Lybiens besessen
und blieben Herren der Gegend, bis die Römer ihre Herrschaft ver-
nichteten, doch waren auch noch zu seiner Zeit die Städte Turditaniens
zumeist von Phöniziern bewohnt. Indessen waren die Turditanier
schon vor ihrer Verbindung mit den Phöniziern ein vorgeschrittenes
Volk mit eigener, nationaler Bildung. Sie bedienten sich der Schrift
und hatten nationale Geschichte und Gedichte, sowie in Versen gefasste
Gesetze, von denen sie behaupteten, dass sie schon 6000 Jahre alt seien.
Auch verstanden sie das Ausschmelzen des Silbers ehe die Phönizier
in das Land kamen. Diodor freilich erklärt dies für einen Zufall 1),
indem durch die Unvorsichtigkeit von Hirten das ganze damals dicht
bewaldete Gebirge in Brand geraten sei, woher es seinen Namen Pyre-
näen (von pur, Feuer) erhalten habe. Zugleich sei damals an der
Oberfläche des verbrannten Landes viel Silber geflossen und indem das
natürliche Erz, aus welchem das Silber gewonnen wird, schmolz, seien
viele Bäche reinen Silbers entstanden. Weil aber der Nutzen desselben
den Einwohnern unbekannt war, so kauften die Phönizier, welche des Han-
dels wegen dort hinkamen und von dem Ereignis erfuhren, das Silber
im Austausch gegen irgend eine andere Ware von geringem Werte;
und so konnten sich denn diese Phönizier, welche es weiter nach Hellas

1) Diodor a. a. O., V, 35.

Das frühe Mittelalter.
kehr mit anderen Völkern, namentlich mit den Phöniziern veranlaſsten
und zur Gründung des reichen Gades durch die Tyrer führten. Der
Reichtum Spaniens war bei den Alten sprichwörtlich. In das Gebiet
der Turditanier verlegte man die Goldfrüchte tragenden Gärten der
Hesperiden. Dort waren die Säulen des Herkules, die Grenzzeichen
der Welt, jenseits welcher das Elysium lag. Deshalb hieſs auch das
südwestliche Vorgebirge von Hispanien Kap Finisterre, bei den Römern,
„das heilige“ (Promontorium Sanctum). Als die Karthaginienser zu-
erst zu den Turdetaniern kamen, fanden sie bei denselben silberne
Krippen und Weinkrüge im Gebrauch. Und Anakreon singt als von
den höchsten irdischen Gütern: „Weder möcht ich Amalthias Füllhorn
mir wünschen, noch hundertundfünfzig Jahre nacheinander die Herr-
schaft über Tartessos.“ Letzteres war der alte griechische Name für
das Land der Turditanier und den Guadalquivir, gleichbedeutend mit
dem phönizischen Namen Tharsis. Tharsisschiffe hieſsen bekanntlich
die groſsen Handelsschiffe der Phönizier, die das Silber aus Spanien
holten.

Strabo nennt die Phönizier die Unterweiser der Iberer, denn diese
hätten vor Homers Zeit den besten Teil Iberiens und Lybiens besessen
und blieben Herren der Gegend, bis die Römer ihre Herrschaft ver-
nichteten, doch waren auch noch zu seiner Zeit die Städte Turditaniens
zumeist von Phöniziern bewohnt. Indessen waren die Turditanier
schon vor ihrer Verbindung mit den Phöniziern ein vorgeschrittenes
Volk mit eigener, nationaler Bildung. Sie bedienten sich der Schrift
und hatten nationale Geschichte und Gedichte, sowie in Versen gefaſste
Gesetze, von denen sie behaupteten, daſs sie schon 6000 Jahre alt seien.
Auch verstanden sie das Ausschmelzen des Silbers ehe die Phönizier
in das Land kamen. Diodor freilich erklärt dies für einen Zufall 1),
indem durch die Unvorsichtigkeit von Hirten das ganze damals dicht
bewaldete Gebirge in Brand geraten sei, woher es seinen Namen Pyre-
näen (von πῦρ, Feuer) erhalten habe. Zugleich sei damals an der
Oberfläche des verbrannten Landes viel Silber geflossen und indem das
natürliche Erz, aus welchem das Silber gewonnen wird, schmolz, seien
viele Bäche reinen Silbers entstanden. Weil aber der Nutzen desſelben
den Einwohnern unbekannt war, so kauften die Phönizier, welche des Han-
dels wegen dort hinkamen und von dem Ereignis erfuhren, das Silber
im Austausch gegen irgend eine andere Ware von geringem Werte;
und so konnten sich denn diese Phönizier, welche es weiter nach Hellas

1) Diodor a. a. O., V, 35.
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[644/0666] Das frühe Mittelalter. kehr mit anderen Völkern, namentlich mit den Phöniziern veranlaſsten und zur Gründung des reichen Gades durch die Tyrer führten. Der Reichtum Spaniens war bei den Alten sprichwörtlich. In das Gebiet der Turditanier verlegte man die Goldfrüchte tragenden Gärten der Hesperiden. Dort waren die Säulen des Herkules, die Grenzzeichen der Welt, jenseits welcher das Elysium lag. Deshalb hieſs auch das südwestliche Vorgebirge von Hispanien Kap Finisterre, bei den Römern, „das heilige“ (Promontorium Sanctum). Als die Karthaginienser zu- erst zu den Turdetaniern kamen, fanden sie bei denselben silberne Krippen und Weinkrüge im Gebrauch. Und Anakreon singt als von den höchsten irdischen Gütern: „Weder möcht ich Amalthias Füllhorn mir wünschen, noch hundertundfünfzig Jahre nacheinander die Herr- schaft über Tartessos.“ Letzteres war der alte griechische Name für das Land der Turditanier und den Guadalquivir, gleichbedeutend mit dem phönizischen Namen Tharsis. Tharsisschiffe hieſsen bekanntlich die groſsen Handelsschiffe der Phönizier, die das Silber aus Spanien holten. Strabo nennt die Phönizier die Unterweiser der Iberer, denn diese hätten vor Homers Zeit den besten Teil Iberiens und Lybiens besessen und blieben Herren der Gegend, bis die Römer ihre Herrschaft ver- nichteten, doch waren auch noch zu seiner Zeit die Städte Turditaniens zumeist von Phöniziern bewohnt. Indessen waren die Turditanier schon vor ihrer Verbindung mit den Phöniziern ein vorgeschrittenes Volk mit eigener, nationaler Bildung. Sie bedienten sich der Schrift und hatten nationale Geschichte und Gedichte, sowie in Versen gefaſste Gesetze, von denen sie behaupteten, daſs sie schon 6000 Jahre alt seien. Auch verstanden sie das Ausschmelzen des Silbers ehe die Phönizier in das Land kamen. Diodor freilich erklärt dies für einen Zufall 1), indem durch die Unvorsichtigkeit von Hirten das ganze damals dicht bewaldete Gebirge in Brand geraten sei, woher es seinen Namen Pyre- näen (von πῦρ, Feuer) erhalten habe. Zugleich sei damals an der Oberfläche des verbrannten Landes viel Silber geflossen und indem das natürliche Erz, aus welchem das Silber gewonnen wird, schmolz, seien viele Bäche reinen Silbers entstanden. Weil aber der Nutzen desſelben den Einwohnern unbekannt war, so kauften die Phönizier, welche des Han- dels wegen dort hinkamen und von dem Ereignis erfuhren, das Silber im Austausch gegen irgend eine andere Ware von geringem Werte; und so konnten sich denn diese Phönizier, welche es weiter nach Hellas 1) Diodor a. a. O., V, 35.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 644. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/666>, abgerufen am 22.11.2024.