Haken versehen seien, auch dass sie Wurfspiesse (lankiai) schleuderten, deren Eisen eine Elle mass, während das Blatt oder die Spitze zwei Hände breit war. Auch trugen sie Hellebarden, deren Eisenspitzen ihre Schwerter an Länge noch übertrafen. Einige davon waren gerade geschmiedet, andere hatten gekrümmte Widerhaken, um beim Hieb das Fleisch nicht allein zu durchschneiden, sondern auch zu zerfetzen und beim Zurückziehen der Waffe die Wunde auseinander zu reissen.
Cäsar berichtet mancherlei über den Eisenreichtum der Gallier. So erzählt er, dass die Arverner bei der Belagerung von Alesia rings um ihre Befestigung fusslange eiserne Pfähle dicht bei einander ein- gegraben und mit eisernen Haken befestigt hätten. Die Seeschiffe der Veneter in Südbretagne waren mit starken Eisennägeln zusammen- gefügt und hatten eiserne Ankerketten, was Cäsar als etwas Besonderes hervorhebt 1). Im Lande der Äduer befand sich ein Tempel des Sonnen- gottes mit einer eisernen Säule, vor der die Weihgeschenke niedergelegt wurden 2), und in einem anderen Tempel zu Marvilly bei Beaune in Burgund war der Feuergott abgebildet mit Zange und flammendem Eisen 3). Von den Biturigern (Berry) sagt Cäsar 4): apud eos magnae sunt ferrariae atque omne genus cuniculorum notum atque usitatum est. Diesen waren im Ruhm der Eisenbereitung nur die Petrocorier 5) (in Perigord) ebenbürtig. Ihre bergmännische Geschicklichkeit be- thätigten die Bituriger bei der Belagerung von Avaricum glänzend durch das Unterminieren der aufgeworfenen Schanzen. Im Berry 6), dem Indre und Cher-Departement findet man fern der Wasserläufe, an vielen Stellen im Walde grosse Eisenschlackenhalden, so zu Gracay, Ge- nouilly, Dampierre, Menetou-Salon und Saint-Palais, ferner bei Duadic, Ruffec und stundenweit längs der Strasse von Ciron bei Sennevant. Im Cher-Departement bei dem Dorfe The'bauts etc. Nach diesen Schlackenhalden heissen dort viele Orte "Laitiers", und im Berry finden sich viele Löcher, die mardelles genannt werden, wo ebenfalls ent- weder Schmelz- oder Schmiedestätten bestanden.
Bezeugt die ausgedehnte Verwendung des Eisens bei den Galliern schon eine einheimische Eisenindustrie, so wird dies bestätigt durch die archäologischen Funde. Uralt war die Eisenindustrie in den Thälern der Pyrenäen, die allerdings ursprünglich nicht von Galliern,
1) Caes. bell. gall. III, 13.
2) Dies erinnert lebhaft an den Dehli Lhat, s. Indien S. 217 etc.
3) v. Görres, Die drei Grundwurzeln des keltischen Stammes in Gallien, S. 13, 26. Abh. d. Bayer. Akad. d. Wiss. 1842 u. 1846.
4) Caes. bell. gall. VII, 22.
5) Strabo 191.
6) Le Martinet, Le Berry prehistorique und Dr. Gurlt, Eisen- u. Stahlgewinnung bei den Römern, S. 12.
Beck, Geschichte des Eisens. 42
Gallien.
Haken versehen seien, auch daſs sie Wurfspieſse (lankiai) schleuderten, deren Eisen eine Elle maſs, während das Blatt oder die Spitze zwei Hände breit war. Auch trugen sie Hellebarden, deren Eisenspitzen ihre Schwerter an Länge noch übertrafen. Einige davon waren gerade geschmiedet, andere hatten gekrümmte Widerhaken, um beim Hieb das Fleisch nicht allein zu durchschneiden, sondern auch zu zerfetzen und beim Zurückziehen der Waffe die Wunde auseinander zu reiſsen.
Cäsar berichtet mancherlei über den Eisenreichtum der Gallier. So erzählt er, daſs die Arverner bei der Belagerung von Alesia rings um ihre Befestigung fuſslange eiserne Pfähle dicht bei einander ein- gegraben und mit eisernen Haken befestigt hätten. Die Seeschiffe der Veneter in Südbretagne waren mit starken Eisennägeln zusammen- gefügt und hatten eiserne Ankerketten, was Cäsar als etwas Besonderes hervorhebt 1). Im Lande der Äduer befand sich ein Tempel des Sonnen- gottes mit einer eisernen Säule, vor der die Weihgeschenke niedergelegt wurden 2), und in einem anderen Tempel zu Marvilly bei Beaune in Burgund war der Feuergott abgebildet mit Zange und flammendem Eisen 3). Von den Biturigern (Berry) sagt Cäsar 4): apud eos magnae sunt ferrariae atque omne genus cuniculorum notum atque usitatum est. Diesen waren im Ruhm der Eisenbereitung nur die Petrocorier 5) (in Perigord) ebenbürtig. Ihre bergmännische Geschicklichkeit be- thätigten die Bituriger bei der Belagerung von Avaricum glänzend durch das Unterminieren der aufgeworfenen Schanzen. Im Berry 6), dem Indre und Chèr-Departement findet man fern der Wasserläufe, an vielen Stellen im Walde groſse Eisenschlackenhalden, so zu Graçay, Ge- nouilly, Dampièrre, Menetou-Salon und Saint-Palais, ferner bei Duadic, Ruffec und stundenweit längs der Straſse von Ciron bei Sennevant. Im Chèr-Departement bei dem Dorfe Thé’bauts etc. Nach diesen Schlackenhalden heiſsen dort viele Orte „Laitiers“, und im Berry finden sich viele Löcher, die mardelles genannt werden, wo ebenfalls ent- weder Schmelz- oder Schmiedestätten bestanden.
Bezeugt die ausgedehnte Verwendung des Eisens bei den Galliern schon eine einheimische Eisenindustrie, so wird dies bestätigt durch die archäologischen Funde. Uralt war die Eisenindustrie in den Thälern der Pyrenäen, die allerdings ursprünglich nicht von Galliern,
1) Caes. bell. gall. III, 13.
2) Dies erinnert lebhaft an den Dehli Lhat, s. Indien S. 217 etc.
3) v. Görres, Die drei Grundwurzeln des keltischen Stammes in Gallien, S. 13, 26. Abh. d. Bayer. Akad. d. Wiss. 1842 u. 1846.
4) Caes. bell. gall. VII, 22.
5) Strabo 191.
6) Le Martinet, Le Berry préhistorique und Dr. Gurlt, Eisen- u. Stahlgewinnung bei den Römern, S. 12.
Beck, Geschichte des Eisens. 42
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Gallien.
Haken versehen seien, auch daſs sie Wurfspieſse (lankiai) schleuderten,
deren Eisen eine Elle maſs, während das Blatt oder die Spitze zwei
Hände breit war. Auch trugen sie Hellebarden, deren Eisenspitzen
ihre Schwerter an Länge noch übertrafen. Einige davon waren gerade
geschmiedet, andere hatten gekrümmte Widerhaken, um beim Hieb das
Fleisch nicht allein zu durchschneiden, sondern auch zu zerfetzen und
beim Zurückziehen der Waffe die Wunde auseinander zu reiſsen.
Cäsar berichtet mancherlei über den Eisenreichtum der Gallier.
So erzählt er, daſs die Arverner bei der Belagerung von Alesia rings
um ihre Befestigung fuſslange eiserne Pfähle dicht bei einander ein-
gegraben und mit eisernen Haken befestigt hätten. Die Seeschiffe der
Veneter in Südbretagne waren mit starken Eisennägeln zusammen-
gefügt und hatten eiserne Ankerketten, was Cäsar als etwas Besonderes
hervorhebt 1). Im Lande der Äduer befand sich ein Tempel des Sonnen-
gottes mit einer eisernen Säule, vor der die Weihgeschenke niedergelegt
wurden 2), und in einem anderen Tempel zu Marvilly bei Beaune in
Burgund war der Feuergott abgebildet mit Zange und flammendem
Eisen 3). Von den Biturigern (Berry) sagt Cäsar 4): apud eos magnae
sunt ferrariae atque omne genus cuniculorum notum atque usitatum
est. Diesen waren im Ruhm der Eisenbereitung nur die Petrocorier 5)
(in Perigord) ebenbürtig. Ihre bergmännische Geschicklichkeit be-
thätigten die Bituriger bei der Belagerung von Avaricum glänzend
durch das Unterminieren der aufgeworfenen Schanzen. Im Berry 6), dem
Indre und Chèr-Departement findet man fern der Wasserläufe, an vielen
Stellen im Walde groſse Eisenschlackenhalden, so zu Graçay, Ge-
nouilly, Dampièrre, Menetou-Salon und Saint-Palais, ferner bei Duadic,
Ruffec und stundenweit längs der Straſse von Ciron bei Sennevant.
Im Chèr-Departement bei dem Dorfe Thé’bauts etc. Nach diesen
Schlackenhalden heiſsen dort viele Orte „Laitiers“, und im Berry
finden sich viele Löcher, die mardelles genannt werden, wo ebenfalls ent-
weder Schmelz- oder Schmiedestätten bestanden.
Bezeugt die ausgedehnte Verwendung des Eisens bei den Galliern
schon eine einheimische Eisenindustrie, so wird dies bestätigt durch
die archäologischen Funde. Uralt war die Eisenindustrie in den
Thälern der Pyrenäen, die allerdings ursprünglich nicht von Galliern,
1) Caes. bell. gall. III, 13.
2) Dies erinnert lebhaft an den Dehli Lhat,
s. Indien S. 217 etc.
3) v. Görres, Die drei Grundwurzeln des keltischen Stammes in
Gallien, S. 13, 26. Abh. d. Bayer. Akad. d. Wiss. 1842 u. 1846.
4) Caes. bell.
gall. VII, 22.
5) Strabo 191.
6) Le Martinet, Le Berry préhistorique und
Dr. Gurlt, Eisen- u. Stahlgewinnung bei den Römern, S. 12.
Beck, Geschichte des Eisens. 42
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 657. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/679>, abgerufen am 22.11.2024.
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