Viele in Deutschland gefundene Bronzen sind dagegen unverkenn- bar fremdländischen, meist italienischen Ursprungs, so sind z. B. die ehernen Helme mit angenieteten Hörnern wahrscheinlich etruskische Arbeit 1), nicht minder die vielen Schmuckgeräte aus Bronze, als Hals- ringe, Armbänder, Fibulen, Haarnadeln, Arm- und Fussspangen, Hohl- ringe u. s. w. Eine rein etruskische Vase fand sich im Rhein. In den Ostseeländern überwiegen die Bronzefunde entschieden, besonders in Jütland, Schleswig-Holstein, Mecklenburg, Pommern und Kurland, kurz an der ganzen Küste, welche bei dem Bernsteinhandel beteiligt war. Für Norddeutschland kann man diesen Küstenstrich als den Ausgangs- punkt der Verbreitung der Bronzen ansehen, während die Vertriebs- plätze für das Eisen vornehmlich an der Südgrenze Germaniens lagen. Der römische Verkehr am Rhein war ebenfalls sehr bedeutend. Gegen ihre Schmucksachen, Waffen, Gläser u. s. w. tauschten die Römer Vieh und Naturalien ein, darunter die in Rom sehr beliebten Schinken der Marsen (westfälische Schinken), die zur Zeit Diocletians M. 3,60 per Stück galten und die langen, blonden Zöpfe germanischer Mädchen, die von den vornehmen Römerinnen gesucht und teuer bezahlt wurden.
Immerhin blieb die Bronze bei den Germanen ein Luxusmetall. Die Gegenstände ständigen Gebrauches, vornehmlich die Waffen waren aus Eisen.
Bewaffnung im frühen Mittelalter.
Die Eisenwaffen der Germanen verdienen deshalb eine eingehen- dere Betrachtung 2).
Die Grabfunde bestätigen, wie Tacitus berichtet, dass der Speer die älteste und allgemeinste Waffe der Germanen war. Die Lanze war das Zeichen der Herrschermacht. Bei Franken und Longobarden wird die Königsgewalt durch Überreichung des Speeres erteilt; so geben z. B. die Longobarden dem Neffen Luitprands, als sie ihn zum Könige erwählt hatten, "wie es gebräuchlich war", den Speer in die Hand 3). Auf dem Siegelring, der im Grabe Childerichs gefunden wurde, ist der König mit dem Speer in der Hand abgebildet. Den Speer zu tragen
1) Lindenschmit, Altertümer unserer heidnischen Vorzeit, Heft III, Tab. II u. Tab. V, 1, 2.
2) In dem Folgenden halten wir uns an die gediegene Be- schreibung der deutschen Waffen, namentlich aus der merowingischen Zeit von L. Lindenschmit, Handbuch der deutschen Altertumskunde I. Teil, Braunschweig 1880.
3) Paul Diacon VI, 55.
Archäologische Funde.
Viele in Deutschland gefundene Bronzen sind dagegen unverkenn- bar fremdländischen, meist italienischen Ursprungs, so sind z. B. die ehernen Helme mit angenieteten Hörnern wahrscheinlich etruskische Arbeit 1), nicht minder die vielen Schmuckgeräte aus Bronze, als Hals- ringe, Armbänder, Fibulen, Haarnadeln, Arm- und Fuſsspangen, Hohl- ringe u. s. w. Eine rein etruskische Vase fand sich im Rhein. In den Ostseeländern überwiegen die Bronzefunde entschieden, besonders in Jütland, Schleswig-Holstein, Mecklenburg, Pommern und Kurland, kurz an der ganzen Küste, welche bei dem Bernsteinhandel beteiligt war. Für Norddeutschland kann man diesen Küstenstrich als den Ausgangs- punkt der Verbreitung der Bronzen ansehen, während die Vertriebs- plätze für das Eisen vornehmlich an der Südgrenze Germaniens lagen. Der römische Verkehr am Rhein war ebenfalls sehr bedeutend. Gegen ihre Schmucksachen, Waffen, Gläser u. s. w. tauschten die Römer Vieh und Naturalien ein, darunter die in Rom sehr beliebten Schinken der Marsen (westfälische Schinken), die zur Zeit Diocletians M. 3,60 per Stück galten und die langen, blonden Zöpfe germanischer Mädchen, die von den vornehmen Römerinnen gesucht und teuer bezahlt wurden.
Immerhin blieb die Bronze bei den Germanen ein Luxusmetall. Die Gegenstände ständigen Gebrauches, vornehmlich die Waffen waren aus Eisen.
Bewaffnung im frühen Mittelalter.
Die Eisenwaffen der Germanen verdienen deshalb eine eingehen- dere Betrachtung 2).
Die Grabfunde bestätigen, wie Tacitus berichtet, daſs der Speer die älteste und allgemeinste Waffe der Germanen war. Die Lanze war das Zeichen der Herrschermacht. Bei Franken und Longobarden wird die Königsgewalt durch Überreichung des Speeres erteilt; so geben z. B. die Longobarden dem Neffen Luitprands, als sie ihn zum Könige erwählt hatten, „wie es gebräuchlich war“, den Speer in die Hand 3). Auf dem Siegelring, der im Grabe Childerichs gefunden wurde, ist der König mit dem Speer in der Hand abgebildet. Den Speer zu tragen
1) Lindenschmit, Altertümer unserer heidnischen Vorzeit, Heft III, Tab. II u. Tab. V, 1, 2.
2) In dem Folgenden halten wir uns an die gediegene Be- schreibung der deutschen Waffen, namentlich aus der merowingischen Zeit von L. Lindenschmit, Handbuch der deutschen Altertumskunde I. Teil, Braunschweig 1880.
3) Paul Diacon VI, 55.
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Archäologische Funde.
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ehernen Helme mit angenieteten Hörnern wahrscheinlich etruskische
Arbeit 1), nicht minder die vielen Schmuckgeräte aus Bronze, als Hals-
ringe, Armbänder, Fibulen, Haarnadeln, Arm- und Fuſsspangen, Hohl-
ringe u. s. w. Eine rein etruskische Vase fand sich im Rhein. In den
Ostseeländern überwiegen die Bronzefunde entschieden, besonders in
Jütland, Schleswig-Holstein, Mecklenburg, Pommern und Kurland, kurz
an der ganzen Küste, welche bei dem Bernsteinhandel beteiligt war.
Für Norddeutschland kann man diesen Küstenstrich als den Ausgangs-
punkt der Verbreitung der Bronzen ansehen, während die Vertriebs-
plätze für das Eisen vornehmlich an der Südgrenze Germaniens lagen.
Der römische Verkehr am Rhein war ebenfalls sehr bedeutend. Gegen
ihre Schmucksachen, Waffen, Gläser u. s. w. tauschten die Römer Vieh
und Naturalien ein, darunter die in Rom sehr beliebten Schinken der
Marsen (westfälische Schinken), die zur Zeit Diocletians M. 3,60 per
Stück galten und die langen, blonden Zöpfe germanischer Mädchen,
die von den vornehmen Römerinnen gesucht und teuer bezahlt wurden.
Immerhin blieb die Bronze bei den Germanen ein Luxusmetall.
Die Gegenstände ständigen Gebrauches, vornehmlich die Waffen waren
aus Eisen.
Bewaffnung im frühen Mittelalter.
Die Eisenwaffen der Germanen verdienen deshalb eine eingehen-
dere Betrachtung 2).
Die Grabfunde bestätigen, wie Tacitus berichtet, daſs der Speer
die älteste und allgemeinste Waffe der Germanen war. Die Lanze war
das Zeichen der Herrschermacht. Bei Franken und Longobarden wird
die Königsgewalt durch Überreichung des Speeres erteilt; so geben
z. B. die Longobarden dem Neffen Luitprands, als sie ihn zum Könige
erwählt hatten, „wie es gebräuchlich war“, den Speer in die Hand 3).
Auf dem Siegelring, der im Grabe Childerichs gefunden wurde, ist der
König mit dem Speer in der Hand abgebildet. Den Speer zu tragen
1) Lindenschmit, Altertümer unserer heidnischen Vorzeit, Heft III, Tab. II
u. Tab. V, 1, 2.
2) In dem Folgenden halten wir uns an die gediegene Be-
schreibung der deutschen Waffen, namentlich aus der merowingischen Zeit von
L. Lindenschmit, Handbuch der deutschen Altertumskunde I. Teil, Braunschweig
1880.
3) Paul Diacon VI, 55.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 703. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/725>, abgerufen am 22.11.2024.
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