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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Ägypten.
und die Ackerbauer das älteste Gewerbe waren: wir infolgedessen die
ältesten Geräte und Werkzeuge bei ihnen finden. Der Pflug und die Sichel
sind schon dargestellt in den Abbildungen der vierten Dynastie. Vom
Pfluge gab es fünf verschiedene Arten. Die gewöhnlichste war ein
krummes Holz, an dessen vorderem Ende sich die metallene (eiserne)
Pflugschar befand, während der andere nach oben gekrümmte Teil
gespalten war, um daran die Deichsel zu befestigen, an die zwei Ochsen
gespannt wurden.

Metallene Sicheln, mit denen der Landmann das Korn schneidet,
sind deutlich abgebildet in den Gräbern von Gizeh und Saqara
(Fig. 4 u. 5 1).


[Abbildung] Fig. 4. [Abbildung] Fig. 5.

Das Bild der Sichel ist ein uraltes hieroglyphisches Zeichen. Ebenso
das Schöpfrad, dessen sich die Ägypter schon in frühester Zeit zur
Bewässerung ihrer Felder bedienten. Es war dieses eines der Insignien
des Hohenpriesters und findet sich charakteristischer Weise als ein
symbolisches Schmuckzeichen des Hohenpriesters von Jerusalem wieder.

Mit dem Schöpfrade, das durch Menschen oder Tiere in Bewegung
gesetzt wurde, hob man das Wasser aus den Bewässerungskanälen in
die Höhe zur Überrieselung der Äcker. Es kann das Schöpfrad wohl
als die älteste Maschine angesehen werden. Von dem Hebel machten
die Ägypter allerdings auch bereits Gebrauch und zwar nicht nur beim
Bauwesen, sondern auch beim Auspressen des Weines.

Nächst der Landwirtschaft war die Weberei das älteste und
angesehenste Gewerbe in Ägypten. Ägyptische Leinwand war in der
ganzen alten Welt hochgeschätzt und bildete den wichtigsten Ausfuhr-
artikel. Die oberste Gottheit wird in den Gebeten der Ägypter häufig
als Erfinder des Webstuhles gepriesen; als Schöpfer und Erhalter der
Welt oft "der Weber" genannt. Im ersten Buch der heiligen Schriften
des Turiner Papyrus (des sogenannten Totenbuches) heisst es: "Ich

1) Lepsius, die Denkmale Ägyptens und Äthiopiens Vol. III, Blatt 43 und
47 (Grab 95 von Gizeh und Grab 15 von Saqara).

Ägypten.
und die Ackerbauer das älteste Gewerbe waren: wir infolgedessen die
ältesten Geräte und Werkzeuge bei ihnen finden. Der Pflug und die Sichel
sind schon dargestellt in den Abbildungen der vierten Dynastie. Vom
Pfluge gab es fünf verschiedene Arten. Die gewöhnlichste war ein
krummes Holz, an dessen vorderem Ende sich die metallene (eiserne)
Pflugschar befand, während der andere nach oben gekrümmte Teil
gespalten war, um daran die Deichsel zu befestigen, an die zwei Ochsen
gespannt wurden.

Metallene Sicheln, mit denen der Landmann das Korn schneidet,
sind deutlich abgebildet in den Gräbern von Gizeh und Saqara
(Fig. 4 u. 5 1).


[Abbildung] Fig. 4. [Abbildung] Fig. 5.

Das Bild der Sichel ist ein uraltes hieroglyphisches Zeichen. Ebenso
das Schöpfrad, dessen sich die Ägypter schon in frühester Zeit zur
Bewässerung ihrer Felder bedienten. Es war dieses eines der Insignien
des Hohenpriesters und findet sich charakteristischer Weise als ein
symbolisches Schmuckzeichen des Hohenpriesters von Jerusalem wieder.

Mit dem Schöpfrade, das durch Menschen oder Tiere in Bewegung
gesetzt wurde, hob man das Wasser aus den Bewässerungskanälen in
die Höhe zur Überrieselung der Äcker. Es kann das Schöpfrad wohl
als die älteste Maschine angesehen werden. Von dem Hebel machten
die Ägypter allerdings auch bereits Gebrauch und zwar nicht nur beim
Bauwesen, sondern auch beim Auspressen des Weines.

Nächst der Landwirtschaft war die Weberei das älteste und
angesehenste Gewerbe in Ägypten. Ägyptische Leinwand war in der
ganzen alten Welt hochgeschätzt und bildete den wichtigsten Ausfuhr-
artikel. Die oberste Gottheit wird in den Gebeten der Ägypter häufig
als Erfinder des Webstuhles gepriesen; als Schöpfer und Erhalter der
Welt oft „der Weber“ genannt. Im ersten Buch der heiligen Schriften
des Turiner Papyrus (des sogenannten Totenbuches) heiſst es: „Ich

1) Lepsius, die Denkmale Ägyptens und Äthiopiens Vol. III, Blatt 43 und
47 (Grab 95 von Gizeh und Grab 15 von Saqara).
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[64/0086] Ägypten. und die Ackerbauer das älteste Gewerbe waren: wir infolgedessen die ältesten Geräte und Werkzeuge bei ihnen finden. Der Pflug und die Sichel sind schon dargestellt in den Abbildungen der vierten Dynastie. Vom Pfluge gab es fünf verschiedene Arten. Die gewöhnlichste war ein krummes Holz, an dessen vorderem Ende sich die metallene (eiserne) Pflugschar befand, während der andere nach oben gekrümmte Teil gespalten war, um daran die Deichsel zu befestigen, an die zwei Ochsen gespannt wurden. Metallene Sicheln, mit denen der Landmann das Korn schneidet, sind deutlich abgebildet in den Gräbern von Gizeh und Saqara (Fig. 4 u. 5 1). [Abbildung Fig. 4. ] [Abbildung Fig. 5. ] Das Bild der Sichel ist ein uraltes hieroglyphisches Zeichen. Ebenso das Schöpfrad, dessen sich die Ägypter schon in frühester Zeit zur Bewässerung ihrer Felder bedienten. Es war dieses eines der Insignien des Hohenpriesters und findet sich charakteristischer Weise als ein symbolisches Schmuckzeichen des Hohenpriesters von Jerusalem wieder. Mit dem Schöpfrade, das durch Menschen oder Tiere in Bewegung gesetzt wurde, hob man das Wasser aus den Bewässerungskanälen in die Höhe zur Überrieselung der Äcker. Es kann das Schöpfrad wohl als die älteste Maschine angesehen werden. Von dem Hebel machten die Ägypter allerdings auch bereits Gebrauch und zwar nicht nur beim Bauwesen, sondern auch beim Auspressen des Weines. Nächst der Landwirtschaft war die Weberei das älteste und angesehenste Gewerbe in Ägypten. Ägyptische Leinwand war in der ganzen alten Welt hochgeschätzt und bildete den wichtigsten Ausfuhr- artikel. Die oberste Gottheit wird in den Gebeten der Ägypter häufig als Erfinder des Webstuhles gepriesen; als Schöpfer und Erhalter der Welt oft „der Weber“ genannt. Im ersten Buch der heiligen Schriften des Turiner Papyrus (des sogenannten Totenbuches) heiſst es: „Ich 1) Lepsius, die Denkmale Ägyptens und Äthiopiens Vol. III, Blatt 43 und 47 (Grab 95 von Gizeh und Grab 15 von Saqara).

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/86>, abgerufen am 03.05.2024.