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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Schmiedekunst im Mittelalter.
lieren des Eisens bewundern. Doch wurde das Eisen bei den Römern
lange nicht in dem Massstabe im Kunstgewerbe verwendet, als dies im
deutschen Mittelalter der Fall war. Zur Zeit der Völkerwanderung
erhielt sich nur die Waffenschmiedekunst, die in dieser kriegerischen
Periode zu besonderer Bedeutung gelangte, auf der früheren Höhe.
Erst nachdem wieder einigermassen Ruhe und Ordnung in Europa
zurückgekehrt war, entwickelte sich die Kunstschmiederei und zwar
soweit sie mit der Baukunst zusammenhing, vornehmlich im Dienste
der Kirche. Die Klöster wurden Heimstätten der friedlichen Kunst-
schmiederei und Mönche waren es zum Teil, welche die kunstvollen
[Abbildung] Fig. 256.
[Abbildung] Fig. 257.
Gitter und Beschläge, die wir heute noch bewundern, für ihre Klöster
und Kirchen entwarfen.

Der Hammer war fast das einzige Werkzeug der alten Schmiede
im frühen Mittelalter. Die Feile, die in der späteren Zeit das wich-
tigste Handwerkszeug zur Formgebung der Metalle wurde, spielte nur
eine untergeordnete Rolle. Die Form wurde fast ausschliesslich mit
dem Hammer gegeben. Mechanische Hilfsmittel gab es keine. Der
Drahtzug und der Wasserhammer waren noch nicht bekannt. Draht
und Blech mussten daher mit der Hand geschmiedet werden. Im
Schmieden mit dem Hammer, wie in der Kunst des Schweissens leiste-
ten die Schmiede des Mittelalters Erstaunliches. Durch das wieder-
holte Durcharbeiten kleiner Eisenstücke mit dem Hammer bei ver-
hältnismässig geringen Hitzen wurde das Eisen weit zäher und weicher,
als unsere in grossen Blöcken durch die Walzen gejagten Stäbe, weshalb
uns die Qualität des Schmiedeeisens jener Zeit häufig in Erstaunen
setzt. Dagegen waren freilich die damaligen Schmiede nicht im stande,
solche riesigen Schmiedestücke anzufertigen, wie dies heutzutage mit

Schmiedekunst im Mittelalter.
lieren des Eisens bewundern. Doch wurde das Eisen bei den Römern
lange nicht in dem Maſsstabe im Kunstgewerbe verwendet, als dies im
deutschen Mittelalter der Fall war. Zur Zeit der Völkerwanderung
erhielt sich nur die Waffenschmiedekunst, die in dieser kriegerischen
Periode zu besonderer Bedeutung gelangte, auf der früheren Höhe.
Erst nachdem wieder einigermaſsen Ruhe und Ordnung in Europa
zurückgekehrt war, entwickelte sich die Kunstschmiederei und zwar
soweit sie mit der Baukunst zusammenhing, vornehmlich im Dienste
der Kirche. Die Klöster wurden Heimstätten der friedlichen Kunst-
schmiederei und Mönche waren es zum Teil, welche die kunstvollen
[Abbildung] Fig. 256.
[Abbildung] Fig. 257.
Gitter und Beschläge, die wir heute noch bewundern, für ihre Klöster
und Kirchen entwarfen.

Der Hammer war fast das einzige Werkzeug der alten Schmiede
im frühen Mittelalter. Die Feile, die in der späteren Zeit das wich-
tigste Handwerkszeug zur Formgebung der Metalle wurde, spielte nur
eine untergeordnete Rolle. Die Form wurde fast ausschlieſslich mit
dem Hammer gegeben. Mechanische Hilfsmittel gab es keine. Der
Drahtzug und der Wasserhammer waren noch nicht bekannt. Draht
und Blech muſsten daher mit der Hand geschmiedet werden. Im
Schmieden mit dem Hammer, wie in der Kunst des Schweiſsens leiste-
ten die Schmiede des Mittelalters Erstaunliches. Durch das wieder-
holte Durcharbeiten kleiner Eisenstücke mit dem Hammer bei ver-
hältnismäſsig geringen Hitzen wurde das Eisen weit zäher und weicher,
als unsere in groſsen Blöcken durch die Walzen gejagten Stäbe, weshalb
uns die Qualität des Schmiedeeisens jener Zeit häufig in Erstaunen
setzt. Dagegen waren freilich die damaligen Schmiede nicht im stande,
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[838/0860] Schmiedekunst im Mittelalter. lieren des Eisens bewundern. Doch wurde das Eisen bei den Römern lange nicht in dem Maſsstabe im Kunstgewerbe verwendet, als dies im deutschen Mittelalter der Fall war. Zur Zeit der Völkerwanderung erhielt sich nur die Waffenschmiedekunst, die in dieser kriegerischen Periode zu besonderer Bedeutung gelangte, auf der früheren Höhe. Erst nachdem wieder einigermaſsen Ruhe und Ordnung in Europa zurückgekehrt war, entwickelte sich die Kunstschmiederei und zwar soweit sie mit der Baukunst zusammenhing, vornehmlich im Dienste der Kirche. Die Klöster wurden Heimstätten der friedlichen Kunst- schmiederei und Mönche waren es zum Teil, welche die kunstvollen [Abbildung Fig. 256.] [Abbildung Fig. 257.] Gitter und Beschläge, die wir heute noch bewundern, für ihre Klöster und Kirchen entwarfen. Der Hammer war fast das einzige Werkzeug der alten Schmiede im frühen Mittelalter. Die Feile, die in der späteren Zeit das wich- tigste Handwerkszeug zur Formgebung der Metalle wurde, spielte nur eine untergeordnete Rolle. Die Form wurde fast ausschlieſslich mit dem Hammer gegeben. Mechanische Hilfsmittel gab es keine. Der Drahtzug und der Wasserhammer waren noch nicht bekannt. Draht und Blech muſsten daher mit der Hand geschmiedet werden. Im Schmieden mit dem Hammer, wie in der Kunst des Schweiſsens leiste- ten die Schmiede des Mittelalters Erstaunliches. Durch das wieder- holte Durcharbeiten kleiner Eisenstücke mit dem Hammer bei ver- hältnismäſsig geringen Hitzen wurde das Eisen weit zäher und weicher, als unsere in groſsen Blöcken durch die Walzen gejagten Stäbe, weshalb uns die Qualität des Schmiedeeisens jener Zeit häufig in Erstaunen setzt. Dagegen waren freilich die damaligen Schmiede nicht im stande, solche riesigen Schmiedestücke anzufertigen, wie dies heutzutage mit

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 838. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/860>, abgerufen am 21.11.2024.