Über die Fortschritte der Panzerrüstung im 14. Jahrhundert lässt sich nicht viel sagen. Da die Handfeuerwaffen noch selten in An- wendung waren, so war die Verstärkung der Rüstungen noch mehr durch die Bedürfnisse des Turniers bedingt. Man fuhr fort, die Ringelpanzer durch Platten zu verstärken 1). Solche Panzer nannte man Hauber (Hauberge-cotte de mail), analog den Beinschienen, welche Bainbergs -- Beinbergen -- hiessen. Bei französischen Schriftstellern kommt in diesem Jahrhundert zuerst der romanische Ausdruck broigne vor, was später die geschlossene Panzerrüstung heisst. Im 15. Jahr- hundert wurde der Gebrauch der Feuerwaffen im Kampfe allgemeiner und zum Schutze gegen diese gelangten die geschlossenen Platten- harnische in Anwendung. Die geschlossene Schutzrüstung (broigne) mit möglichster Beseitigung des Ringelflechtwerkes wurde allgemein. Ber- lepsch bemerkt hierüber 2):
Die Plattenpanzer, auch Krebse genannt, von der Ähnlichkeit des Brustharnisches mit einer Krebsbrust 3), entstanden zum Schutze gegen stärkere Geschosse, besonders nach Erfindung des Schiesspulvers. Sie waren viel fester und stärker, freilich auch schwerer als die Ringel- und Schuppenpanzer. Sie sind neben den Hauben wahre Triumphe der Treibarbeit und der Hohlschmiedekunst. Man unterschied ver- schiedene Teile, das gewölbte Stück, welches die Brust bedeckte, wurde vorzüglich Harnisch oder Harnasch genannt, obgleich auch der Helm und die Beinschienen als Haupt- und Beinharnische erwähnt werden. Da der Harnisch das Hauptziel der Stoss- und Wurfwaffen war, so musste er besonders stark und sorgfältig gearbeitet sein. Der Brust- platte entsprach eine Rückenplatte, beide waren durch Riemen ver- bunden. An den Harnisch schlossen sich die mit verdeckten Schnallen befestigten Armberge oder Armschienen an. Die Röhren des Ober- armes waren entweder durch Riemen oder Kettchen verbunden und waren so ausgeschnitten, dass sie sich bei der Krümmung des Armes ineinanderschoben. Die durch die Armberge unbedeckten Teile des Armes wurden durch besondere Schutzstücke, meist Ringel- oder Panzerstücke geschützt. Die vollkommensten Rüstungen hatten aber an den Beugestellen des Armes und des Beines ein System von inein- andergreifender Ringcharniere.
Der Leib unter der Brust war geschützt durch die "Glogge", meist
1) Siehe Weiss, Kostümkunde V, S. 152 etc.
2) Berlepsch a. a. O. S. 99.
3) Über eine anderweitige Bedeutung des Ausdruckes Krebse bei der Bewaffnung siehe weiter unten.
Panzer- und Helmschmiede.
Über die Fortschritte der Panzerrüstung im 14. Jahrhundert läſst sich nicht viel sagen. Da die Handfeuerwaffen noch selten in An- wendung waren, so war die Verstärkung der Rüstungen noch mehr durch die Bedürfnisse des Turniers bedingt. Man fuhr fort, die Ringelpanzer durch Platten zu verstärken 1). Solche Panzer nannte man Hauber (Hauberge-cotte de mail), analog den Beinschienen, welche Bainbergs — Beinbergen — hieſsen. Bei französischen Schriftstellern kommt in diesem Jahrhundert zuerst der romanische Ausdruck broigne vor, was später die geschlossene Panzerrüstung heiſst. Im 15. Jahr- hundert wurde der Gebrauch der Feuerwaffen im Kampfe allgemeiner und zum Schutze gegen diese gelangten die geschlossenen Platten- harnische in Anwendung. Die geschlossene Schutzrüstung (broigne) mit möglichster Beseitigung des Ringelflechtwerkes wurde allgemein. Ber- lepsch bemerkt hierüber 2):
Die Plattenpanzer, auch Krebse genannt, von der Ähnlichkeit des Brustharnisches mit einer Krebsbrust 3), entstanden zum Schutze gegen stärkere Geschosse, besonders nach Erfindung des Schieſspulvers. Sie waren viel fester und stärker, freilich auch schwerer als die Ringel- und Schuppenpanzer. Sie sind neben den Hauben wahre Triumphe der Treibarbeit und der Hohlschmiedekunst. Man unterschied ver- schiedene Teile, das gewölbte Stück, welches die Brust bedeckte, wurde vorzüglich Harnisch oder Harnasch genannt, obgleich auch der Helm und die Beinschienen als Haupt- und Beinharnische erwähnt werden. Da der Harnisch das Hauptziel der Stoſs- und Wurfwaffen war, so muſste er besonders stark und sorgfältig gearbeitet sein. Der Brust- platte entsprach eine Rückenplatte, beide waren durch Riemen ver- bunden. An den Harnisch schlossen sich die mit verdeckten Schnallen befestigten Armberge oder Armschienen an. Die Röhren des Ober- armes waren entweder durch Riemen oder Kettchen verbunden und waren so ausgeschnitten, daſs sie sich bei der Krümmung des Armes ineinanderschoben. Die durch die Armberge unbedeckten Teile des Armes wurden durch besondere Schutzstücke, meist Ringel- oder Panzerstücke geschützt. Die vollkommensten Rüstungen hatten aber an den Beugestellen des Armes und des Beines ein System von inein- andergreifender Ringcharniere.
Der Leib unter der Brust war geschützt durch die „Glogge“, meist
1) Siehe Weiſs, Kostümkunde V, S. 152 etc.
2) Berlepsch a. a. O. S. 99.
3) Über eine anderweitige Bedeutung des Ausdruckes Krebse bei der Bewaffnung siehe weiter unten.
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sich nicht viel sagen. Da die Handfeuerwaffen noch selten in An-
wendung waren, so war die Verstärkung der Rüstungen noch mehr
durch die Bedürfnisse des Turniers bedingt. Man fuhr fort, die
Ringelpanzer durch Platten zu verstärken 1). Solche Panzer nannte
man Hauber (Hauberge-cotte de mail), analog den Beinschienen, welche
Bainbergs — Beinbergen — hieſsen. Bei französischen Schriftstellern
kommt in diesem Jahrhundert zuerst der romanische Ausdruck broigne
vor, was später die geschlossene Panzerrüstung heiſst. Im 15. Jahr-
hundert wurde der Gebrauch der Feuerwaffen im Kampfe allgemeiner
und zum Schutze gegen diese gelangten die geschlossenen Platten-
harnische in Anwendung. Die geschlossene Schutzrüstung (broigne) mit
möglichster Beseitigung des Ringelflechtwerkes wurde allgemein. Ber-
lepsch bemerkt hierüber 2):
Die Plattenpanzer, auch Krebse genannt, von der Ähnlichkeit des
Brustharnisches mit einer Krebsbrust 3), entstanden zum Schutze gegen
stärkere Geschosse, besonders nach Erfindung des Schieſspulvers. Sie
waren viel fester und stärker, freilich auch schwerer als die Ringel-
und Schuppenpanzer. Sie sind neben den Hauben wahre Triumphe
der Treibarbeit und der Hohlschmiedekunst. Man unterschied ver-
schiedene Teile, das gewölbte Stück, welches die Brust bedeckte, wurde
vorzüglich Harnisch oder Harnasch genannt, obgleich auch der Helm
und die Beinschienen als Haupt- und Beinharnische erwähnt werden.
Da der Harnisch das Hauptziel der Stoſs- und Wurfwaffen war, so
muſste er besonders stark und sorgfältig gearbeitet sein. Der Brust-
platte entsprach eine Rückenplatte, beide waren durch Riemen ver-
bunden. An den Harnisch schlossen sich die mit verdeckten Schnallen
befestigten Armberge oder Armschienen an. Die Röhren des Ober-
armes waren entweder durch Riemen oder Kettchen verbunden und
waren so ausgeschnitten, daſs sie sich bei der Krümmung des Armes
ineinanderschoben. Die durch die Armberge unbedeckten Teile des
Armes wurden durch besondere Schutzstücke, meist Ringel- oder
Panzerstücke geschützt. Die vollkommensten Rüstungen hatten aber
an den Beugestellen des Armes und des Beines ein System von inein-
andergreifender Ringcharniere.
Der Leib unter der Brust war geschützt durch die „Glogge“, meist
1) Siehe Weiſs, Kostümkunde V, S. 152 etc.
2) Berlepsch a. a. O. S. 99.
3) Über eine anderweitige Bedeutung des Ausdruckes Krebse bei der Bewaffnung
siehe weiter unten.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 864. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/886>, abgerufen am 22.11.2024.
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