schmiedt", und 1325 ein Heinrich Venediger "cultellator". 1360 werden in Augsburg Ringeler, Sägeschmieden, Kesselschmieden, Plattner und Harnischmacher aufgeführt. 1370 erscheinen Nadler und 1380 Fingerhutmacher als selbständige Gewerbe in Nürnberg; 1455 die Windenmacher und 1460 werden zu Augsburg Nagelschmiede, Sporer und Ambossmacher erwähnt.
Wie die Handwerker ihre Rechte gegen den Adel mit dem Schwert verteidigten, so erkämpften sie sich im 14. Jahrhundert in langen, blutigen Fehden einen politischen Einfluss in den Städten selbst. In Flandern gewannen sie solche Macht, dass der Genter Bierbrauer Philipp von Artevelde 80000 Mann gegen den Grafen von Flandern und den König von Frankreich ins Feld führte. Während aber die städtischen Gewerbe sich Ansehen und zum Teil grossen politischen Einfluss errangen, blieben die eigentlichen ländlichen Gewerbe selbst in den Augen der städtischen Handwerker anrüchig und unehrbar. Es waren dies in älterer Zeit namentlich die Müller, Gerber und Leineweber. Kein Kind eines Gerbers konnte ein Schmied werden, denn dazu gehörte vor allem "ehrliche Geburt" und "ehrliche Eltern". Keines Nachtwächters, Musikanten, Turm- und Thorwächters, Barbiers, Müllers, Gerbers, Leinewebers, Schäfers und Zöllners Kind konnte ein Schmied werden bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. Ein Schmiede- junge musste darüber ein Zeugnis beibringen, ehe er in die Lehre trat. Dies war ebenso bei den Stahlschmieden in Schmalkalden der Fall, die zünftig waren. Dort musste der Lehrjunge, nachdem er die nötige Qualifikation nachgewiesen, zehn meissnische Gulden Aufdinggeld geben. Ausserdem musste er einen Eid der Verschwiegenheit ablegen und 50 bis 150 Gulden Kaution stellen. Es dauerte 3 bis 5 Jahre, bis er Unterknecht wurde. Wollte ein Geselle Meister werden, so musste er vor allem ein Meisterstück ablegen. Ein Schlosser z. B. musste im Mittelalter "ein schliessend Schloss mit Klinke und Riegel und mit neuen Reifen; ferner ein Schloss zum Kontorspind mit zwei Klinken und acht Reifen herstellen". In Danzig bestand das Meisterstück eines Sporers in der Anfertigung von einem Paar "Plattensporen mit einer Decke über den Rädern", ferner einem Paar "Sporen mit hohen Borsten", endlich einem Paar "Wagensporen".
Für die Panzerschmiede war vorgeschrieben "die Herstellung eines wälschen Gebisses mit zwei Blumen", ein Paar guten "Stegreifen" und "aynen Kropen, der soll offgeschroten sein".
Dem Grobschmiede in der Jungstadt war als Meisterstück aufgegeben ein Beil, eine Axt und ein Hufeisen; den Kleinschmieden
Zunftwesen.
schmiedt“, und 1325 ein Heinrich Venediger „cultellator“. 1360 werden in Augsburg Ringeler, Sägeschmieden, Kesselschmieden, Plattner und Harnischmacher aufgeführt. 1370 erscheinen Nadler und 1380 Fingerhutmacher als selbständige Gewerbe in Nürnberg; 1455 die Windenmacher und 1460 werden zu Augsburg Nagelschmiede, Sporer und Amboſsmacher erwähnt.
Wie die Handwerker ihre Rechte gegen den Adel mit dem Schwert verteidigten, so erkämpften sie sich im 14. Jahrhundert in langen, blutigen Fehden einen politischen Einfluſs in den Städten selbst. In Flandern gewannen sie solche Macht, daſs der Genter Bierbrauer Philipp von Artevelde 80000 Mann gegen den Grafen von Flandern und den König von Frankreich ins Feld führte. Während aber die städtischen Gewerbe sich Ansehen und zum Teil groſsen politischen Einfluſs errangen, blieben die eigentlichen ländlichen Gewerbe selbst in den Augen der städtischen Handwerker anrüchig und unehrbar. Es waren dies in älterer Zeit namentlich die Müller, Gerber und Leineweber. Kein Kind eines Gerbers konnte ein Schmied werden, denn dazu gehörte vor allem „ehrliche Geburt“ und „ehrliche Eltern“. Keines Nachtwächters, Musikanten, Turm- und Thorwächters, Barbiers, Müllers, Gerbers, Leinewebers, Schäfers und Zöllners Kind konnte ein Schmied werden bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. Ein Schmiede- junge muſste darüber ein Zeugnis beibringen, ehe er in die Lehre trat. Dies war ebenso bei den Stahlschmieden in Schmalkalden der Fall, die zünftig waren. Dort muſste der Lehrjunge, nachdem er die nötige Qualifikation nachgewiesen, zehn meiſsnische Gulden Aufdinggeld geben. Auſserdem muſste er einen Eid der Verschwiegenheit ablegen und 50 bis 150 Gulden Kaution stellen. Es dauerte 3 bis 5 Jahre, bis er Unterknecht wurde. Wollte ein Geselle Meister werden, so muſste er vor allem ein Meisterstück ablegen. Ein Schlosser z. B. muſste im Mittelalter „ein schlieſsend Schloſs mit Klinke und Riegel und mit neuen Reifen; ferner ein Schloſs zum Kontorspind mit zwei Klinken und acht Reifen herstellen“. In Danzig bestand das Meisterstück eines Sporers in der Anfertigung von einem Paar „Plattensporen mit einer Decke über den Rädern“, ferner einem Paar „Sporen mit hohen Borsten“, endlich einem Paar „Wagensporen“.
Für die Panzerschmiede war vorgeschrieben „die Herstellung eines wälschen Gebisses mit zwei Blumen“, ein Paar guten „Stegreifen“ und „aynen Kropen, der soll offgeschroten sein“.
Dem Grobschmiede in der Jungstadt war als Meisterstück aufgegeben ein Beil, eine Axt und ein Hufeisen; den Kleinschmieden
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Zunftwesen.
schmiedt“, und 1325 ein Heinrich Venediger „cultellator“. 1360
werden in Augsburg Ringeler, Sägeschmieden, Kesselschmieden, Plattner
und Harnischmacher aufgeführt. 1370 erscheinen Nadler und 1380
Fingerhutmacher als selbständige Gewerbe in Nürnberg; 1455 die
Windenmacher und 1460 werden zu Augsburg Nagelschmiede, Sporer
und Amboſsmacher erwähnt.
Wie die Handwerker ihre Rechte gegen den Adel mit dem Schwert
verteidigten, so erkämpften sie sich im 14. Jahrhundert in langen,
blutigen Fehden einen politischen Einfluſs in den Städten selbst. In
Flandern gewannen sie solche Macht, daſs der Genter Bierbrauer
Philipp von Artevelde 80000 Mann gegen den Grafen von Flandern
und den König von Frankreich ins Feld führte. Während aber die
städtischen Gewerbe sich Ansehen und zum Teil groſsen politischen
Einfluſs errangen, blieben die eigentlichen ländlichen Gewerbe selbst
in den Augen der städtischen Handwerker anrüchig und unehrbar.
Es waren dies in älterer Zeit namentlich die Müller, Gerber und
Leineweber. Kein Kind eines Gerbers konnte ein Schmied werden,
denn dazu gehörte vor allem „ehrliche Geburt“ und „ehrliche Eltern“.
Keines Nachtwächters, Musikanten, Turm- und Thorwächters, Barbiers,
Müllers, Gerbers, Leinewebers, Schäfers und Zöllners Kind konnte ein
Schmied werden bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. Ein Schmiede-
junge muſste darüber ein Zeugnis beibringen, ehe er in die Lehre trat.
Dies war ebenso bei den Stahlschmieden in Schmalkalden der Fall, die
zünftig waren. Dort muſste der Lehrjunge, nachdem er die nötige
Qualifikation nachgewiesen, zehn meiſsnische Gulden Aufdinggeld
geben. Auſserdem muſste er einen Eid der Verschwiegenheit ablegen
und 50 bis 150 Gulden Kaution stellen. Es dauerte 3 bis 5 Jahre, bis
er Unterknecht wurde. Wollte ein Geselle Meister werden, so muſste
er vor allem ein Meisterstück ablegen. Ein Schlosser z. B. muſste im
Mittelalter „ein schlieſsend Schloſs mit Klinke und Riegel und mit
neuen Reifen; ferner ein Schloſs zum Kontorspind mit zwei Klinken
und acht Reifen herstellen“. In Danzig bestand das Meisterstück eines
Sporers in der Anfertigung von einem Paar „Plattensporen mit
einer Decke über den Rädern“, ferner einem Paar „Sporen mit hohen
Borsten“, endlich einem Paar „Wagensporen“.
Für die Panzerschmiede war vorgeschrieben „die Herstellung
eines wälschen Gebisses mit zwei Blumen“, ein Paar guten „Stegreifen“
und „aynen Kropen, der soll offgeschroten sein“.
Dem Grobschmiede in der Jungstadt war als Meisterstück
aufgegeben ein Beil, eine Axt und ein Hufeisen; den Kleinschmieden
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 882. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/904>, abgerufen am 22.11.2024.
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