pressalien zu zwingen, und wir lernen dabei einen Unterschied kennen, den sie unter sich machten. Sie teilten sich nämlich in Companen und Rabatzken (oder Rabazen). Die ersten sollten in allen Gattungen der Schmiedearbeit erfahren und geübt sein und arbeiteten daher vorzugs- weise in grossen Städten; die Rabatzken dagegen machten den Huf- beschlag zu ihrem Hauptgeschäfte, waren weniger geübt in den übrigen Schmiedearbeiten und konnten daher nur in kleinen Orten und Dörfern arbeiten.
Die Regierung liess nun unter der Hand die Schmiedemeister in den kleinen Städten vernehmen, ob die Rabatzken in bedeutender Anzahl herbeigeschafft werden könnten; zugleich forderte sie den Magistrat in Magdeburg auf, durch sein Ansehen die Companen zur Zurücknahme ihres Verbots zu bewegen und liess die Drohung mit einfliessen, dass sie, bei fortgesetztem Unfuge, Rabatzken berufen und in den Amtsschmieden werde arbeiten lassen. Abgesehen davon, dass die Regierung hierin eine vollkommene Unkenntnis der gesellschaft- lichen Verfassung der Meister und Gesellen verriet, indem die minder geschickten Rabatzken in steter Abhängigkeit von diesen gehalten wurden, konnte auch das Interesse des Magistrats bei diesem Handel unter den beständigen Streitigkeiten desselben mit dem Domkapitel nicht lebhaft sein, besonders, da der Schmiede-Innungsmeister eines der ersten Mitglieder des Stadtrates war. Genug, die Gesellen blieben auf ihrem Willen stehen, und da sie den Plan der Regierung mit den Rabatzken erfuhren, suchten sie auch auf diese durch öffentliche Drohung zu wirken, die gewiss den gewünschten Erfolg hatte. Die Regierung, immer noch darauf bedacht, die Angelegenheit durch Ver- mittelung beizulegen, gab der Ortsobrigkeit zu Stassfurth auf, die Parteien zu vergleichen, hatte dies aber ohne Vorwissen des Kapitels gethan und verwickelte dasselbe dadurch in einen höchst unangenehmen Konflikt. Die Companen erhielten kaum davon Kenntnis, als sie durch ihre Meister vor versammeltem Kapitel dagegen protestierten und die Zurücknahme jener Verfügung forderten. Hier wird nun die Sache besonders interessant. Das Domkapitel zu Magdeburg stellte jene Verfügung gänzlich in Abrede, ja der Dechant erbot sich zu einer Strafe von 100 Thalern, wenn eine solche von ihm oder dem Kapitel ausgegangen sei. Auf diese Erklärung hin liessen die Companen den Herrn Stadtschreiber in Stassfurth vor Notar und Zeugen bekennen, dass eine solche Verordnung allerdings eingegangen sei. Mit dieser Urkunde versehen, forderten sie das Kapitel und den Dechanten auf, die verheissene Strafsumme zu zahlen und waren so
Handwerksgebräuche.
pressalien zu zwingen, und wir lernen dabei einen Unterschied kennen, den sie unter sich machten. Sie teilten sich nämlich in Companen und Rabatzken (oder Rabazen). Die ersten sollten in allen Gattungen der Schmiedearbeit erfahren und geübt sein und arbeiteten daher vorzugs- weise in groſsen Städten; die Rabatzken dagegen machten den Huf- beschlag zu ihrem Hauptgeschäfte, waren weniger geübt in den übrigen Schmiedearbeiten und konnten daher nur in kleinen Orten und Dörfern arbeiten.
Die Regierung lieſs nun unter der Hand die Schmiedemeister in den kleinen Städten vernehmen, ob die Rabatzken in bedeutender Anzahl herbeigeschafft werden könnten; zugleich forderte sie den Magistrat in Magdeburg auf, durch sein Ansehen die Companen zur Zurücknahme ihres Verbots zu bewegen und lieſs die Drohung mit einflieſsen, daſs sie, bei fortgesetztem Unfuge, Rabatzken berufen und in den Amtsschmieden werde arbeiten lassen. Abgesehen davon, daſs die Regierung hierin eine vollkommene Unkenntnis der gesellschaft- lichen Verfassung der Meister und Gesellen verriet, indem die minder geschickten Rabatzken in steter Abhängigkeit von diesen gehalten wurden, konnte auch das Interesse des Magistrats bei diesem Handel unter den beständigen Streitigkeiten desſelben mit dem Domkapitel nicht lebhaft sein, besonders, da der Schmiede-Innungsmeister eines der ersten Mitglieder des Stadtrates war. Genug, die Gesellen blieben auf ihrem Willen stehen, und da sie den Plan der Regierung mit den Rabatzken erfuhren, suchten sie auch auf diese durch öffentliche Drohung zu wirken, die gewiſs den gewünschten Erfolg hatte. Die Regierung, immer noch darauf bedacht, die Angelegenheit durch Ver- mittelung beizulegen, gab der Ortsobrigkeit zu Staſsfurth auf, die Parteien zu vergleichen, hatte dies aber ohne Vorwissen des Kapitels gethan und verwickelte dasſelbe dadurch in einen höchst unangenehmen Konflikt. Die Companen erhielten kaum davon Kenntnis, als sie durch ihre Meister vor versammeltem Kapitel dagegen protestierten und die Zurücknahme jener Verfügung forderten. Hier wird nun die Sache besonders interessant. Das Domkapitel zu Magdeburg stellte jene Verfügung gänzlich in Abrede, ja der Dechant erbot sich zu einer Strafe von 100 Thalern, wenn eine solche von ihm oder dem Kapitel ausgegangen sei. Auf diese Erklärung hin lieſsen die Companen den Herrn Stadtschreiber in Staſsfurth vor Notar und Zeugen bekennen, daſs eine solche Verordnung allerdings eingegangen sei. Mit dieser Urkunde versehen, forderten sie das Kapitel und den Dechanten auf, die verheiſsene Strafsumme zu zahlen und waren so
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[885/0907]
Handwerksgebräuche.
pressalien zu zwingen, und wir lernen dabei einen Unterschied kennen,
den sie unter sich machten. Sie teilten sich nämlich in Companen und
Rabatzken (oder Rabazen). Die ersten sollten in allen Gattungen der
Schmiedearbeit erfahren und geübt sein und arbeiteten daher vorzugs-
weise in groſsen Städten; die Rabatzken dagegen machten den Huf-
beschlag zu ihrem Hauptgeschäfte, waren weniger geübt in den übrigen
Schmiedearbeiten und konnten daher nur in kleinen Orten und Dörfern
arbeiten.
Die Regierung lieſs nun unter der Hand die Schmiedemeister in
den kleinen Städten vernehmen, ob die Rabatzken in bedeutender
Anzahl herbeigeschafft werden könnten; zugleich forderte sie den
Magistrat in Magdeburg auf, durch sein Ansehen die Companen zur
Zurücknahme ihres Verbots zu bewegen und lieſs die Drohung mit
einflieſsen, daſs sie, bei fortgesetztem Unfuge, Rabatzken berufen und
in den Amtsschmieden werde arbeiten lassen. Abgesehen davon, daſs
die Regierung hierin eine vollkommene Unkenntnis der gesellschaft-
lichen Verfassung der Meister und Gesellen verriet, indem die minder
geschickten Rabatzken in steter Abhängigkeit von diesen gehalten
wurden, konnte auch das Interesse des Magistrats bei diesem Handel
unter den beständigen Streitigkeiten desſelben mit dem Domkapitel
nicht lebhaft sein, besonders, da der Schmiede-Innungsmeister eines
der ersten Mitglieder des Stadtrates war. Genug, die Gesellen blieben
auf ihrem Willen stehen, und da sie den Plan der Regierung mit den
Rabatzken erfuhren, suchten sie auch auf diese durch öffentliche
Drohung zu wirken, die gewiſs den gewünschten Erfolg hatte. Die
Regierung, immer noch darauf bedacht, die Angelegenheit durch Ver-
mittelung beizulegen, gab der Ortsobrigkeit zu Staſsfurth auf, die
Parteien zu vergleichen, hatte dies aber ohne Vorwissen des Kapitels
gethan und verwickelte dasſelbe dadurch in einen höchst unangenehmen
Konflikt. Die Companen erhielten kaum davon Kenntnis, als sie durch
ihre Meister vor versammeltem Kapitel dagegen protestierten und
die Zurücknahme jener Verfügung forderten. Hier wird nun die
Sache besonders interessant. Das Domkapitel zu Magdeburg stellte
jene Verfügung gänzlich in Abrede, ja der Dechant erbot sich zu
einer Strafe von 100 Thalern, wenn eine solche von ihm oder
dem Kapitel ausgegangen sei. Auf diese Erklärung hin lieſsen die
Companen den Herrn Stadtschreiber in Staſsfurth vor Notar und
Zeugen bekennen, daſs eine solche Verordnung allerdings eingegangen
sei. Mit dieser Urkunde versehen, forderten sie das Kapitel und den
Dechanten auf, die verheiſsene Strafsumme zu zahlen und waren so
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 885. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/907>, abgerufen am 23.11.2024.
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