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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Feuerwaffen.
Fachschriftsteller giebt an 1), dass dies die erste Anwendung guss-
eiserner Kanonenkugeln in Italien gewesen sei. Die Erfindung galt
als eine deutsche.

Der Guss eiserner Kugeln florierte im 16. Jahrhundert besonders
in der Grafschaft Namur und in Lüttich. Die berühmtesten Giessereien
befanden sich in Dinant, Bouvignes und Ciney. Indessen erhielten
sich die geschmiedeten Kugeln oder Bleikugeln mit eisernem Kern noch
das ganze 16. Jahrhundert 2).

Wenn es aus technischen Gründen auch wahrscheinlich erscheint,
dass gusseiserne Kugeln früher gegossen wurden als Kanonen, so ist es

[Abbildung] Fig. 289.
doch nicht zu bezweifeln, dass die Herstellung gegossener Büchsen
sehr alt ist und ist es deshalb nicht minder wichtig für die Geschichte
der Erfindung des Eisengusses, diese Frage eingehend zu prüfen.
Reiches Material hierfür findet sich in Essenweins Quellen zur Ge-
schichte der Feuerwaffen 3).

Gegossene Eisengeschütze werden in Deutschland zuerst im Jahre
1422 im Hussitenkriege bei der Belagerung von Karlstein erwähnt 3).
"Die Röhren von Eisen waren teils geschmiedet, teils gegossen, die
Kugeln von Stein". Ob diese Mitteilung zuverlässig ist, müssen wir
vorläufig dahin gestellt sein lassen. Sie wird indessen unterstützt
durch verschiedene Thatsachen.

Die eigentliche Büchse (die Pulverkammer), die Berthold Schwarz
zuerst aus Bronze goss, scheint derjenige Teil der Kanone gewesen zu
sein, der zuerst aus Eisen gegossen wurde. Dies geschah besonders

1) V. Biringuccio, Pyrotechnia. Libro VII delle palle di ferro, S. 247.
2) 1566 schliesst die Stadt Mecheln mit dem Schmiedemeister Henry Jamotte von
Soulienne in der Grafschaft Namur einen Vertrag ab, 5000 Stück Kugeln von
5, 31/2 und 11/2 Pfund Gewicht zu liefern: le tout a telle rondeur et grosseur dont
audit Jamotte sont delivres les patrons ou calibres, et au cas que les ditz bolletz
ne fussent faits et forges rontz et de bonne facon, comme il appartient, sera
ledict Jamotte tenu en delivrer autres bolletz duysables et propres (Minute aux
archives de Malines).
3) Herausgegeben vom germanischen Museum, Leipzig
1877.
3) Burians Geschützwesen in Böhmen. Würdinger, Kriegsgeschichte von
Bayern, Franken von 1347 bis 1506, Bd. I, S. 157.

Feuerwaffen.
Fachschriftsteller giebt an 1), daſs dies die erste Anwendung guſs-
eiserner Kanonenkugeln in Italien gewesen sei. Die Erfindung galt
als eine deutsche.

Der Guſs eiserner Kugeln florierte im 16. Jahrhundert besonders
in der Grafschaft Namur und in Lüttich. Die berühmtesten Gieſsereien
befanden sich in Dinant, Bouvignes und Ciney. Indessen erhielten
sich die geschmiedeten Kugeln oder Bleikugeln mit eisernem Kern noch
das ganze 16. Jahrhundert 2).

Wenn es aus technischen Gründen auch wahrscheinlich erscheint,
daſs guſseiserne Kugeln früher gegossen wurden als Kanonen, so ist es

[Abbildung] Fig. 289.
doch nicht zu bezweifeln, daſs die Herstellung gegossener Büchsen
sehr alt ist und ist es deshalb nicht minder wichtig für die Geschichte
der Erfindung des Eisengusses, diese Frage eingehend zu prüfen.
Reiches Material hierfür findet sich in Essenweins Quellen zur Ge-
schichte der Feuerwaffen 3).

Gegossene Eisengeschütze werden in Deutschland zuerst im Jahre
1422 im Hussitenkriege bei der Belagerung von Karlstein erwähnt 3).
„Die Röhren von Eisen waren teils geschmiedet, teils gegossen, die
Kugeln von Stein“. Ob diese Mitteilung zuverlässig ist, müssen wir
vorläufig dahin gestellt sein lassen. Sie wird indessen unterstützt
durch verschiedene Thatsachen.

Die eigentliche Büchse (die Pulverkammer), die Berthold Schwarz
zuerst aus Bronze goſs, scheint derjenige Teil der Kanone gewesen zu
sein, der zuerst aus Eisen gegossen wurde. Dies geschah besonders

1) V. Biringuccio, Pyrotechnia. Libro VII delle palle di ferro, S. 247.
2) 1566 schlieſst die Stadt Mecheln mit dem Schmiedemeister Henry Jamotte von
Soulienne in der Grafschaft Namur einen Vertrag ab, 5000 Stück Kugeln von
5, 3½ und 1½ Pfund Gewicht zu liefern: le tout a telle rondeur et grosseur dont
audit Jamotte sont délivrés les patrons ou calibres, et au cas que les ditz bolletz
ne fussent faits et forgés rontz et de bonne facon, comme il appartient, sera
ledict Jamotte tenu en delivrer autres bolletz duysables et propres (Minute aux
archives de Malines).
3) Herausgegeben vom germanischen Museum, Leipzig
1877.
3) Burians Geschützwesen in Böhmen. Würdinger, Kriegsgeschichte von
Bayern, Franken von 1347 bis 1506, Bd. I, S. 157.
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[911/0933] Feuerwaffen. Fachschriftsteller giebt an 1), daſs dies die erste Anwendung guſs- eiserner Kanonenkugeln in Italien gewesen sei. Die Erfindung galt als eine deutsche. Der Guſs eiserner Kugeln florierte im 16. Jahrhundert besonders in der Grafschaft Namur und in Lüttich. Die berühmtesten Gieſsereien befanden sich in Dinant, Bouvignes und Ciney. Indessen erhielten sich die geschmiedeten Kugeln oder Bleikugeln mit eisernem Kern noch das ganze 16. Jahrhundert 2). Wenn es aus technischen Gründen auch wahrscheinlich erscheint, daſs guſseiserne Kugeln früher gegossen wurden als Kanonen, so ist es [Abbildung Fig. 289.] doch nicht zu bezweifeln, daſs die Herstellung gegossener Büchsen sehr alt ist und ist es deshalb nicht minder wichtig für die Geschichte der Erfindung des Eisengusses, diese Frage eingehend zu prüfen. Reiches Material hierfür findet sich in Essenweins Quellen zur Ge- schichte der Feuerwaffen 3). Gegossene Eisengeschütze werden in Deutschland zuerst im Jahre 1422 im Hussitenkriege bei der Belagerung von Karlstein erwähnt 3). „Die Röhren von Eisen waren teils geschmiedet, teils gegossen, die Kugeln von Stein“. Ob diese Mitteilung zuverlässig ist, müssen wir vorläufig dahin gestellt sein lassen. Sie wird indessen unterstützt durch verschiedene Thatsachen. Die eigentliche Büchse (die Pulverkammer), die Berthold Schwarz zuerst aus Bronze goſs, scheint derjenige Teil der Kanone gewesen zu sein, der zuerst aus Eisen gegossen wurde. Dies geschah besonders 1) V. Biringuccio, Pyrotechnia. Libro VII delle palle di ferro, S. 247. 2) 1566 schlieſst die Stadt Mecheln mit dem Schmiedemeister Henry Jamotte von Soulienne in der Grafschaft Namur einen Vertrag ab, 5000 Stück Kugeln von 5, 3½ und 1½ Pfund Gewicht zu liefern: le tout a telle rondeur et grosseur dont audit Jamotte sont délivrés les patrons ou calibres, et au cas que les ditz bolletz ne fussent faits et forgés rontz et de bonne facon, comme il appartient, sera ledict Jamotte tenu en delivrer autres bolletz duysables et propres (Minute aux archives de Malines). 3) Herausgegeben vom germanischen Museum, Leipzig 1877. 3) Burians Geschützwesen in Böhmen. Würdinger, Kriegsgeschichte von Bayern, Franken von 1347 bis 1506, Bd. I, S. 157.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 911. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/933>, abgerufen am 24.11.2024.