sagt, der Schmelzer müsse die Erze "in einem offenen Ofen rösten" (a forno aperto la ricuoca) und zwar wiederholt. "Wenn er sie dann röstet und wieder röstet und sie gut ausdampfen lässt, ehe er sie verschmilzt, erhält er ein gutes Eisen, das sich leicht bearbeiten lässt." Was hier unter forno aperto gemeint ist, lässt sich allerdings nicht bestimmt behaupten. Dem Wortlaut nach müsste man zumeist an die eigentümlichen, hohen Röststadeln oder Röstöfen denken, welche Agricola am Ende seines achten Buches erwähnt: Hae fornaces
[Abbildung]
Fig. 9.
structuram habent similem struc- turam fornacum, in quibus venae excoquuntur, nisi quod ex priore parte pateant: altae vero sunt pedes sex: latae quatuor.
Die Röstöfen, wenn solche überhaupt damals schon ange- wendet wurden, waren Schacht- öfen. In ihrer einfachsten Ge- stalt waren es schachtförmige Gruben in trockenem Boden in steil abfallenden Hügeln, ähnlich den primitiven Kalköfen oder Kalkgruben. Besser sind die gemauerten Schachtöfen, die einen runden oder viereckigen Querschnitt und meistens die Gestalt eines umgekehrten Kegels oder einer Pyramide hatten.
Es ist möglich, dass die Röstung in Schachtöfen in den Gegenden, wo Spateisensteine verschmolzen wurden, wie besonders im Sieger- lande und am Erzberge in Steiermark, ferner in der Dauphine, Graf- schaft Foix, Roussillon und Navarra, schon sehr früh im Gebrauche war, doch fehlen darüber bestimmte Angaben.
Möglich, dass Biringuccios Forno aperto, den wir oben als Röststadel erklärt haben, ein unten offener Schachtofen bedeuten soll.
Auch das Rösten von wertvolleren Erzen in einem backofen- artigen Flammofen beschreibt Agricola bereits.
Eigentümlich war das Rösten der Erze in den Rennherden zu Corsica. Es geschah in denselben Herdöfen, in denen auch die Erze reduziert und eingeschmolzen wurden, und bildete den ersten Teil dieser Arbeit. Hierbei wurde die Röstung viel weiter getrieben, als dies sonst gebräuchlich war, so dass die Erzmasse bereits zusammen-
Rösten der Erze.
sagt, der Schmelzer müsse die Erze „in einem offenen Ofen rösten“ (à forno aperto la ricuoca) und zwar wiederholt. „Wenn er sie dann röstet und wieder röstet und sie gut ausdampfen läſst, ehe er sie verschmilzt, erhält er ein gutes Eisen, das sich leicht bearbeiten läſst.“ Was hier unter forno aperto gemeint ist, läſst sich allerdings nicht bestimmt behaupten. Dem Wortlaut nach müſste man zumeist an die eigentümlichen, hohen Röststadeln oder Röstöfen denken, welche Agricola am Ende seines achten Buches erwähnt: Hae fornaces
[Abbildung]
Fig. 9.
structuram habent similem struc- turam fornacum, in quibus venae excoquuntur, nisi quod ex priore parte pateant: altae vero sunt pedes sex: latae quatuor.
Die Röstöfen, wenn solche überhaupt damals schon ange- wendet wurden, waren Schacht- öfen. In ihrer einfachsten Ge- stalt waren es schachtförmige Gruben in trockenem Boden in steil abfallenden Hügeln, ähnlich den primitiven Kalköfen oder Kalkgruben. Besser sind die gemauerten Schachtöfen, die einen runden oder viereckigen Querschnitt und meistens die Gestalt eines umgekehrten Kegels oder einer Pyramide hatten.
Es ist möglich, daſs die Röstung in Schachtöfen in den Gegenden, wo Spateisensteine verschmolzen wurden, wie besonders im Sieger- lande und am Erzberge in Steiermark, ferner in der Dauphiné, Graf- schaft Foix, Roussillon und Navarra, schon sehr früh im Gebrauche war, doch fehlen darüber bestimmte Angaben.
Möglich, daſs Biringuccios Forno aperto, den wir oben als Röststadel erklärt haben, ein unten offener Schachtofen bedeuten soll.
Auch das Rösten von wertvolleren Erzen in einem backofen- artigen Flammofen beschreibt Agricola bereits.
Eigentümlich war das Rösten der Erze in den Rennherden zu Corsica. Es geschah in denselben Herdöfen, in denen auch die Erze reduziert und eingeschmolzen wurden, und bildete den ersten Teil dieser Arbeit. Hierbei wurde die Röstung viel weiter getrieben, als dies sonst gebräuchlich war, so daſs die Erzmasse bereits zusammen-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0112"n="92"/><fwplace="top"type="header">Rösten der Erze.</fw><lb/>
sagt, der Schmelzer müsse die Erze „in einem offenen Ofen rösten“<lb/>
(à forno aperto la ricuoca) und zwar wiederholt. „Wenn er sie dann<lb/>
röstet und wieder röstet und sie gut ausdampfen läſst, ehe er sie<lb/>
verschmilzt, erhält er ein gutes Eisen, das sich leicht bearbeiten<lb/>
läſst.“ Was hier unter forno aperto gemeint ist, läſst sich allerdings<lb/>
nicht bestimmt behaupten. Dem Wortlaut nach müſste man zumeist<lb/>
an die eigentümlichen, hohen Röststadeln oder Röstöfen denken, welche<lb/><hirendition="#g">Agricola</hi> am Ende seines achten Buches erwähnt: Hae fornaces<lb/><figure><head>Fig. 9.</head></figure><lb/>
structuram habent similem struc-<lb/>
turam fornacum, in quibus venae<lb/>
excoquuntur, nisi quod ex priore<lb/>
parte pateant: altae vero sunt<lb/>
pedes sex: latae quatuor.</p><lb/><p>Die Röstöfen, wenn solche<lb/>
überhaupt damals schon ange-<lb/>
wendet wurden, waren Schacht-<lb/>
öfen. In ihrer einfachsten Ge-<lb/>
stalt waren es schachtförmige<lb/>
Gruben in trockenem Boden in<lb/>
steil abfallenden Hügeln, ähnlich<lb/>
den primitiven Kalköfen oder<lb/>
Kalkgruben. Besser sind die<lb/>
gemauerten Schachtöfen, die<lb/>
einen runden oder viereckigen<lb/>
Querschnitt und meistens die Gestalt eines umgekehrten Kegels oder<lb/>
einer Pyramide hatten.</p><lb/><p>Es ist möglich, daſs die Röstung in Schachtöfen in den Gegenden,<lb/>
wo Spateisensteine verschmolzen wurden, wie besonders im Sieger-<lb/>
lande und am Erzberge in Steiermark, ferner in der Dauphiné, Graf-<lb/>
schaft Foix, Roussillon und Navarra, schon sehr früh im Gebrauche<lb/>
war, doch fehlen darüber bestimmte Angaben.</p><lb/><p>Möglich, daſs <hirendition="#g">Biringuccios</hi> Forno aperto, den wir oben als<lb/>
Röststadel erklärt haben, ein unten offener Schachtofen bedeuten soll.</p><lb/><p>Auch das Rösten von wertvolleren Erzen in einem backofen-<lb/>
artigen Flammofen beschreibt <hirendition="#g">Agricola</hi> bereits.</p><lb/><p>Eigentümlich war das Rösten der Erze in den Rennherden zu<lb/>
Corsica. Es geschah in denselben Herdöfen, in denen auch die Erze<lb/>
reduziert und eingeschmolzen wurden, und bildete den ersten Teil<lb/>
dieser Arbeit. Hierbei wurde die Röstung viel weiter getrieben, als<lb/>
dies sonst gebräuchlich war, so daſs die Erzmasse bereits zusammen-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[92/0112]
Rösten der Erze.
sagt, der Schmelzer müsse die Erze „in einem offenen Ofen rösten“
(à forno aperto la ricuoca) und zwar wiederholt. „Wenn er sie dann
röstet und wieder röstet und sie gut ausdampfen läſst, ehe er sie
verschmilzt, erhält er ein gutes Eisen, das sich leicht bearbeiten
läſst.“ Was hier unter forno aperto gemeint ist, läſst sich allerdings
nicht bestimmt behaupten. Dem Wortlaut nach müſste man zumeist
an die eigentümlichen, hohen Röststadeln oder Röstöfen denken, welche
Agricola am Ende seines achten Buches erwähnt: Hae fornaces
[Abbildung Fig. 9.]
structuram habent similem struc-
turam fornacum, in quibus venae
excoquuntur, nisi quod ex priore
parte pateant: altae vero sunt
pedes sex: latae quatuor.
Die Röstöfen, wenn solche
überhaupt damals schon ange-
wendet wurden, waren Schacht-
öfen. In ihrer einfachsten Ge-
stalt waren es schachtförmige
Gruben in trockenem Boden in
steil abfallenden Hügeln, ähnlich
den primitiven Kalköfen oder
Kalkgruben. Besser sind die
gemauerten Schachtöfen, die
einen runden oder viereckigen
Querschnitt und meistens die Gestalt eines umgekehrten Kegels oder
einer Pyramide hatten.
Es ist möglich, daſs die Röstung in Schachtöfen in den Gegenden,
wo Spateisensteine verschmolzen wurden, wie besonders im Sieger-
lande und am Erzberge in Steiermark, ferner in der Dauphiné, Graf-
schaft Foix, Roussillon und Navarra, schon sehr früh im Gebrauche
war, doch fehlen darüber bestimmte Angaben.
Möglich, daſs Biringuccios Forno aperto, den wir oben als
Röststadel erklärt haben, ein unten offener Schachtofen bedeuten soll.
Auch das Rösten von wertvolleren Erzen in einem backofen-
artigen Flammofen beschreibt Agricola bereits.
Eigentümlich war das Rösten der Erze in den Rennherden zu
Corsica. Es geschah in denselben Herdöfen, in denen auch die Erze
reduziert und eingeschmolzen wurden, und bildete den ersten Teil
dieser Arbeit. Hierbei wurde die Röstung viel weiter getrieben, als
dies sonst gebräuchlich war, so daſs die Erzmasse bereits zusammen-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/112>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.