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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Westfalen im 17. Jahrhundert.
myn eyn vehrteil to levern, dessall ehm dey knecht an ghudem reynen
Drade II pundt wederumb leverenn.

Item. Wehret oick saicke, dat sych dey nehrynge myt dem Drade, na
verlope der tyt vermehrde, ader vermynnerde, sall man sick oick na ge-
legenheit mit dem Loin geboerlick na halden und schycken.

Item. Off der Fryheit knecht yemandt uth befelhe der Borgermester
penden soelde, und dieselve schueldige alsdan pande wehrde, soelcks sall
man deme Drosten in stadt unsers gnedigen L. Heren toekennen geven,
denselvigen umb die Gewalt to straiffenn.

Item. Off yemandt eynigen Drait van eynem uth den sess verordenten
besychtigen leyte, und dieselve Besychtiger soelcken Drait unfrohm wysede,
und die genne des die Drait is, alsden na eynem andern Besychtiger genge,
und leyte denselvigenn Drait doerch den andersmails besychtigen, des
Hoppens, die beste Besychtiger soelle soelcken Drait frohm wysen; Wey
also befunden woerde, sall der Fryheit vehr schyllinge gebrocken hebnn.

Item. Na diesem, sall nyemandt buten Altena eynigen Drait smeden
ader theyn laten, wey dair entegen befunden woerde, sall der Fryheit van
yderm stüecke, buthen der Fryheit gesmedet, ader getogen, derdehalven
schyllinck gebrocken hebnn 1).

In einem mit der Stadt Lüdenscheid 1686 wegen der Draht-
sorten abgeschlossenen Vergleich werden "Zwölf Rippen" als feinste
Sorte aufgeführt, während im folgenden Jahrhundert noch vier feinere
Sorten dazu kamen.

Die Drahtmühlen, d. h. die Ziehbänke mit Wasserbetrieb, hatten
im 17. Jahrhundert in der Mark bereits allgemein Eingang gefunden.

Es ist deshalb nicht recht verständlich, wie in manchen Büchern
Jacob Momma und Daniel Demetrius im Jahre 1649 als Er-
finder derselben angegeben werden. Es wird diese Nachricht wohl
einen ähnlichen Grund haben, wie die englische, dass die Draht-
mühlen 1663 von einem Holländer erfunden worden seien 2), weil ein
Holländer damals einen verbesserten Drahtzug in England einführte.

Auch den Drahtziehern war, wie sich aus der Ordnung ergiebt,
streng verboten, ihre Kunst ausser Land zu tragen. An Verführung
dazu fehlte es nicht; so hatten die Waldecker 1681 einen gewissen
Johann Rademacher von Iserlohn durch Versprechungen gewonnen, zu
ihnen zu kommen. Es gelang ihm, heimlich aus der Stadt zu entweichen.
Aber die Unthat wurde rasch ruchbar, der Magistrat liess ihn verfolgen,
bei Meschede wurde er ergriffen und "bono modo", wie der Bericht sagt,
zurückgeführt. Ein grosser Missstand war es, dass der Kaufmann fast

1) v. Steinen bemerkt dazu: Ich habe davon ein sauber geschriebenes
Original in 4°. Darauf stehet: "Diess Boch ist von Hinderich Berndt Buden her-
kommen 1662."
2) Siehe Anderson, a. a. O., V., 484.

Westfalen im 17. Jahrhundert.
myn eyn vehrteil to levern, dessall ehm dey knecht an ghudem reynen
Drade II pundt wederumb leverenn.

Item. Wehret oick saicke, dat sych dey nehrynge myt dem Drade, na
verlope der tyt vermehrde, ader vermynnerde, sall man sick oick na ge-
legenheit mit dem Loin geboerlick na halden und schycken.

Item. Off der Fryheit knecht yemandt uth befelhe der Borgermester
penden soelde, und dieselve schueldige alsdan pande wehrde, soelcks sall
man deme Drosten in stadt unsers gnedigen L. Heren toekennen geven,
denselvigen umb die Gewalt to straiffenn.

Item. Off yemandt eynigen Drait van eynem uth den seſs verordenten
besychtigen leyte, und dieselve Besychtiger soelcken Drait unfrohm wysede,
und die genne des die Drait is, alsden na eynem andern Besychtiger genge,
und leyte denselvigenn Drait doerch den andersmails besychtigen, des
Hoppens, die beste Besychtiger soelle soelcken Drait frohm wysen; Wey
also befunden woerde, sall der Fryheit vehr schyllinge gebrocken hebnn.

Item. Na diesem, sall nyemandt buten Altena eynigen Drait smeden
ader theyn laten, wey dair entegen befunden woerde, sall der Fryheit van
yderm stüecke, buthen der Fryheit gesmedet, ader getogen, derdehalven
schyllinck gebrocken hebnn 1).

In einem mit der Stadt Lüdenscheid 1686 wegen der Draht-
sorten abgeschlossenen Vergleich werden „Zwölf Rippen“ als feinste
Sorte aufgeführt, während im folgenden Jahrhundert noch vier feinere
Sorten dazu kamen.

Die Drahtmühlen, d. h. die Ziehbänke mit Wasserbetrieb, hatten
im 17. Jahrhundert in der Mark bereits allgemein Eingang gefunden.

Es ist deshalb nicht recht verständlich, wie in manchen Büchern
Jacob Momma und Daniel Demetrius im Jahre 1649 als Er-
finder derselben angegeben werden. Es wird diese Nachricht wohl
einen ähnlichen Grund haben, wie die englische, daſs die Draht-
mühlen 1663 von einem Holländer erfunden worden seien 2), weil ein
Holländer damals einen verbesserten Drahtzug in England einführte.

Auch den Drahtziehern war, wie sich aus der Ordnung ergiebt,
streng verboten, ihre Kunst auſser Land zu tragen. An Verführung
dazu fehlte es nicht; so hatten die Waldecker 1681 einen gewissen
Johann Rademacher von Iserlohn durch Versprechungen gewonnen, zu
ihnen zu kommen. Es gelang ihm, heimlich aus der Stadt zu entweichen.
Aber die Unthat wurde rasch ruchbar, der Magistrat lieſs ihn verfolgen,
bei Meschede wurde er ergriffen und „bono modo“, wie der Bericht sagt,
zurückgeführt. Ein groſser Miſsstand war es, daſs der Kaufmann fast

1) v. Steinen bemerkt dazu: Ich habe davon ein sauber geschriebenes
Original in 4°. Darauf stehet: „Dieſs Boch ist von Hinderich Berndt Buden her-
kommen 1662.“
2) Siehe Anderson, a. a. O., V., 484.
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[1182/1204] Westfalen im 17. Jahrhundert. myn eyn vehrteil to levern, dessall ehm dey knecht an ghudem reynen Drade II pundt wederumb leverenn. Item. Wehret oick saicke, dat sych dey nehrynge myt dem Drade, na verlope der tyt vermehrde, ader vermynnerde, sall man sick oick na ge- legenheit mit dem Loin geboerlick na halden und schycken. Item. Off der Fryheit knecht yemandt uth befelhe der Borgermester penden soelde, und dieselve schueldige alsdan pande wehrde, soelcks sall man deme Drosten in stadt unsers gnedigen L. Heren toekennen geven, denselvigen umb die Gewalt to straiffenn. Item. Off yemandt eynigen Drait van eynem uth den seſs verordenten besychtigen leyte, und dieselve Besychtiger soelcken Drait unfrohm wysede, und die genne des die Drait is, alsden na eynem andern Besychtiger genge, und leyte denselvigenn Drait doerch den andersmails besychtigen, des Hoppens, die beste Besychtiger soelle soelcken Drait frohm wysen; Wey also befunden woerde, sall der Fryheit vehr schyllinge gebrocken hebnn. Item. Na diesem, sall nyemandt buten Altena eynigen Drait smeden ader theyn laten, wey dair entegen befunden woerde, sall der Fryheit van yderm stüecke, buthen der Fryheit gesmedet, ader getogen, derdehalven schyllinck gebrocken hebnn 1). In einem mit der Stadt Lüdenscheid 1686 wegen der Draht- sorten abgeschlossenen Vergleich werden „Zwölf Rippen“ als feinste Sorte aufgeführt, während im folgenden Jahrhundert noch vier feinere Sorten dazu kamen. Die Drahtmühlen, d. h. die Ziehbänke mit Wasserbetrieb, hatten im 17. Jahrhundert in der Mark bereits allgemein Eingang gefunden. Es ist deshalb nicht recht verständlich, wie in manchen Büchern Jacob Momma und Daniel Demetrius im Jahre 1649 als Er- finder derselben angegeben werden. Es wird diese Nachricht wohl einen ähnlichen Grund haben, wie die englische, daſs die Draht- mühlen 1663 von einem Holländer erfunden worden seien 2), weil ein Holländer damals einen verbesserten Drahtzug in England einführte. Auch den Drahtziehern war, wie sich aus der Ordnung ergiebt, streng verboten, ihre Kunst auſser Land zu tragen. An Verführung dazu fehlte es nicht; so hatten die Waldecker 1681 einen gewissen Johann Rademacher von Iserlohn durch Versprechungen gewonnen, zu ihnen zu kommen. Es gelang ihm, heimlich aus der Stadt zu entweichen. Aber die Unthat wurde rasch ruchbar, der Magistrat lieſs ihn verfolgen, bei Meschede wurde er ergriffen und „bono modo“, wie der Bericht sagt, zurückgeführt. Ein groſser Miſsstand war es, daſs der Kaufmann fast 1) v. Steinen bemerkt dazu: Ich habe davon ein sauber geschriebenes Original in 4°. Darauf stehet: „Dieſs Boch ist von Hinderich Berndt Buden her- kommen 1662.“ 2) Siehe Anderson, a. a. O., V., 484.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1204>, abgerufen am 10.06.2024.