weder Meister noch Kaufleute schwarze und ungeschliffene Messer kaufen noch verkaufen durften; die Messer sollten vielmehr in der Werkstätte des Meisters ganz fertig gestellt werden, und es wurde demselben das Quantum vorgeschrieben, welches er samt Knecht und Jungen wöchentlich machen durfte. Je nach Gestalt, Güte und Waren- abgang wurden die Messer von Vogt und Rat auf einen billigen Preis gesetzt und dementsprechend am 28. Juli 1644 eine Satzordnung be- stätigt.
Durch alle diese Verordnungen wurden jedoch noch immer nicht die verheerenden Einfälle der Schwertarbeiter beseitigt; dieselben lehrten sogar unprivilegierten Arbeitern das Messermachen. Wieder erhoben sich deshalb Streitigkeiten, welche am 21. Oktober 1653 zu dem Vergleiche führten, worin alle früheren Satzordnungen und Privi- legien bestätigt wurden und dem Schwertfegerhandwerk das Ver- sprechen auferlegt wurde, den von ihm aufgenommenen fremden Per- sonen nicht mehr das Messermachen zu lehren. Am 27. September 1658 wurden die Bedingungen des Meisterwerdens nochmals für alle Handwerke in Erinnerung gebracht.
So hatte sich auch in dem Messermacher-Handwerk der streng handwerksmässige Betrieb siegreich bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts hinein behauptet. Noch war das Handwerk durch die selbständigen Kleinmeister repräsentiert. In dieser Zeit begann aber die Ausbildung der Hausindustrie, welche nach und nach die Lohnarbeit zum herrschenden System machte. An Stelle der Kämpfe der Meister untereinander beginnt jetzt der Kampf der Lohnarbeiter gegen die Arbeitgeber: diesem gegenüber einigen sich die Meister aller Handwerke.
Die Ursache dieses Umschwungs war der Handel. Kaufleute, privilegierte und unprivilegierte, und reichgewordene Fertigmacher waren es, welche aus der Hausindustrie Nutzen zogen, indem sie die Herstellung einzelner Teile den zu Hause für Lohn arbeitenden Ge- werbetreibenden übergaben und diese Teile dann selbst zur fertigen Ware bereideten oder bereiden liessen. Der Meister war durch die "Leibgebühr", d. h. durch das vorgeschriebene wöchentliche Pro- duktionsmaximum, sowie durch die gesetzliche Bestimmung, nur einen Knecht und einen Jungen halten zu dürfen, zum Kleinbetrieb ver- urteilt. Die Stellung des Meisters verlor dadurch an Ansehen gegen- über der des Fertigmachers und des Kaufmanns, und das Streben jedes tüchtigen Meisters ging dahin, selbst Fertigmacher zu werden. In guten Zeiten zogen die Meister mit ihren Waren nun auch selbst
Westfalen im 17. Jahrhundert.
weder Meister noch Kaufleute schwarze und ungeschliffene Messer kaufen noch verkaufen durften; die Messer sollten vielmehr in der Werkstätte des Meisters ganz fertig gestellt werden, und es wurde demselben das Quantum vorgeschrieben, welches er samt Knecht und Jungen wöchentlich machen durfte. Je nach Gestalt, Güte und Waren- abgang wurden die Messer von Vogt und Rat auf einen billigen Preis gesetzt und dementsprechend am 28. Juli 1644 eine Satzordnung be- stätigt.
Durch alle diese Verordnungen wurden jedoch noch immer nicht die verheerenden Einfälle der Schwertarbeiter beseitigt; dieselben lehrten sogar unprivilegierten Arbeitern das Messermachen. Wieder erhoben sich deshalb Streitigkeiten, welche am 21. Oktober 1653 zu dem Vergleiche führten, worin alle früheren Satzordnungen und Privi- legien bestätigt wurden und dem Schwertfegerhandwerk das Ver- sprechen auferlegt wurde, den von ihm aufgenommenen fremden Per- sonen nicht mehr das Messermachen zu lehren. Am 27. September 1658 wurden die Bedingungen des Meisterwerdens nochmals für alle Handwerke in Erinnerung gebracht.
So hatte sich auch in dem Messermacher-Handwerk der streng handwerksmäſsige Betrieb siegreich bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts hinein behauptet. Noch war das Handwerk durch die selbständigen Kleinmeister repräsentiert. In dieser Zeit begann aber die Ausbildung der Hausindustrie, welche nach und nach die Lohnarbeit zum herrschenden System machte. An Stelle der Kämpfe der Meister untereinander beginnt jetzt der Kampf der Lohnarbeiter gegen die Arbeitgeber: diesem gegenüber einigen sich die Meister aller Handwerke.
Die Ursache dieses Umschwungs war der Handel. Kaufleute, privilegierte und unprivilegierte, und reichgewordene Fertigmacher waren es, welche aus der Hausindustrie Nutzen zogen, indem sie die Herstellung einzelner Teile den zu Hause für Lohn arbeitenden Ge- werbetreibenden übergaben und diese Teile dann selbst zur fertigen Ware bereideten oder bereiden lieſsen. Der Meister war durch die „Leibgebühr“, d. h. durch das vorgeschriebene wöchentliche Pro- duktionsmaximum, sowie durch die gesetzliche Bestimmung, nur einen Knecht und einen Jungen halten zu dürfen, zum Kleinbetrieb ver- urteilt. Die Stellung des Meisters verlor dadurch an Ansehen gegen- über der des Fertigmachers und des Kaufmanns, und das Streben jedes tüchtigen Meisters ging dahin, selbst Fertigmacher zu werden. In guten Zeiten zogen die Meister mit ihren Waren nun auch selbst
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[1193/1215]
Westfalen im 17. Jahrhundert.
weder Meister noch Kaufleute schwarze und ungeschliffene Messer
kaufen noch verkaufen durften; die Messer sollten vielmehr in der
Werkstätte des Meisters ganz fertig gestellt werden, und es wurde
demselben das Quantum vorgeschrieben, welches er samt Knecht und
Jungen wöchentlich machen durfte. Je nach Gestalt, Güte und Waren-
abgang wurden die Messer von Vogt und Rat auf einen billigen Preis
gesetzt und dementsprechend am 28. Juli 1644 eine Satzordnung be-
stätigt.
Durch alle diese Verordnungen wurden jedoch noch immer nicht
die verheerenden Einfälle der Schwertarbeiter beseitigt; dieselben
lehrten sogar unprivilegierten Arbeitern das Messermachen. Wieder
erhoben sich deshalb Streitigkeiten, welche am 21. Oktober 1653 zu
dem Vergleiche führten, worin alle früheren Satzordnungen und Privi-
legien bestätigt wurden und dem Schwertfegerhandwerk das Ver-
sprechen auferlegt wurde, den von ihm aufgenommenen fremden Per-
sonen nicht mehr das Messermachen zu lehren. Am 27. September
1658 wurden die Bedingungen des Meisterwerdens nochmals für alle
Handwerke in Erinnerung gebracht.
So hatte sich auch in dem Messermacher-Handwerk der streng
handwerksmäſsige Betrieb siegreich bis in die zweite Hälfte des
17. Jahrhunderts hinein behauptet. Noch war das Handwerk durch
die selbständigen Kleinmeister repräsentiert. In dieser Zeit begann
aber die Ausbildung der Hausindustrie, welche nach und nach die
Lohnarbeit zum herrschenden System machte. An Stelle der Kämpfe
der Meister untereinander beginnt jetzt der Kampf der Lohnarbeiter
gegen die Arbeitgeber: diesem gegenüber einigen sich die Meister aller
Handwerke.
Die Ursache dieses Umschwungs war der Handel. Kaufleute,
privilegierte und unprivilegierte, und reichgewordene Fertigmacher
waren es, welche aus der Hausindustrie Nutzen zogen, indem sie die
Herstellung einzelner Teile den zu Hause für Lohn arbeitenden Ge-
werbetreibenden übergaben und diese Teile dann selbst zur fertigen
Ware bereideten oder bereiden lieſsen. Der Meister war durch die
„Leibgebühr“, d. h. durch das vorgeschriebene wöchentliche Pro-
duktionsmaximum, sowie durch die gesetzliche Bestimmung, nur einen
Knecht und einen Jungen halten zu dürfen, zum Kleinbetrieb ver-
urteilt. Die Stellung des Meisters verlor dadurch an Ansehen gegen-
über der des Fertigmachers und des Kaufmanns, und das Streben
jedes tüchtigen Meisters ging dahin, selbst Fertigmacher zu werden.
In guten Zeiten zogen die Meister mit ihren Waren nun auch selbst
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1215>, abgerufen am 24.12.2024.
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