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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Stücköfen.
lichen Verhältnisse dieser Eisenhütten und Hämmer in Kärnten und
Krain werden wir später zurückkommen.

Ähnlich waren die Stücköfen in Ungarn, welche sich als "Slo-
wakenöfen" bis in die zweite Hälfte unseres Jahrhunderts in Ungarn
erhalten haben. Zu dieser Art gehörten auch die Stücköfen, welche
um das Jahr 1770 noch in der Wochein in Krain in Anwendung
waren. Da dieselben im Betriebe einige Absonderlichkeiten zeigen,
wollen wir sie hier kurz beschreiben 1).

Über die Wochein und den uralten Eisenhüttenbetrieb daselbst,
der namentlich zur Zeit der Römerherrschaft blühte, haben wir
bereits im ersten Bande berichtet 2). Es scheint, dass sich der alte
Betrieb in dem geschützten Thale ohne grosse Störungen und deshalb
auch ohne grosse Veränderungen durch viele Jahrhunderte erhalten
hat. Die Stücköfen, die hier gewöhnlich als Wolföfen bezeichnet
wurden, hatten ein viereckiges Rauhgemäuer von 8 Fuss Seiten-
länge und 11 Fuss Höhe, vom "Wolfbett" bis zum "Einsturz", d. h.
vom Boden bis zur Gicht, und waren aus gewöhnlichen Kalksteinen
aufgeführt. Das inwendige Futter wurde aus einem glimmerartigen
Sandsteine und schwarzem Thon hergestellt. Dieser Sandstein war
sehr feuerbeständig, ein wahrer "saxum fornaceum". Das Innere des
Ofens hatte kreisförmigen Querschnitt, zwei Fuss Durchmesser das
Wolfbett und einen Fuss der Einsturz, in der Mitte aber war der
Ofen weiter. In dem Rauhmauerwerk befanden sich zwei halbmond-
förmige Gewölbe von zwei bis drei Fuss Höhe, das eine führte zur
Ofenbrust, das andere zum Schlackenabstich. Die Öffnung für die
Brust war die wichtigste, denn diese war zugleich auch die Formseite.
Hier lagen die Bälge, welche den Wind in den Ofen trieben, und hier
wurde der Wolf ausgebrochen, wenn die Schmelzung beendet war.
Sie hatte zwei Fuss im Quadrat. Die Blasebälge lagen auf Walzen,
um sie leicht zurückschieben zu können, wenn der Ofen aufgemacht
wurde. Die Brust wurde nur mit Thon zugemacht; die Form war
ein einfaches rundes Loch, welches mit einem hölzernen Keil durch
denselben gestossen wurde. Die Ofenwand des andern Gewölbes war
dagegen mit Ziegeln vermauert, so dass in der Mitte nur ein Schlitz
blieb von vier bis sechs Zoll Breite und zwei Fuss Höhe. Dieser
wurde ebenfalls mit Thon zugemacht und bildete das Abstichloch für
die Schlacken, das leicht hoch oder niedrig geöffnet werden konnte.

1) Siehe Oryctographia Carniolica oder Physikalische Erdbeschreibung des
Herzogtums Krain, Istrien und zum Teil der benachbarten Länder. Leipzig 1778,
Bd. I, S. 20.
2) Siehe Bd. I, S. 507.

Stücköfen.
lichen Verhältnisse dieser Eisenhütten und Hämmer in Kärnten und
Krain werden wir später zurückkommen.

Ähnlich waren die Stücköfen in Ungarn, welche sich als „Slo-
wakenöfen“ bis in die zweite Hälfte unseres Jahrhunderts in Ungarn
erhalten haben. Zu dieser Art gehörten auch die Stücköfen, welche
um das Jahr 1770 noch in der Wochein in Krain in Anwendung
waren. Da dieselben im Betriebe einige Absonderlichkeiten zeigen,
wollen wir sie hier kurz beschreiben 1).

Über die Wochein und den uralten Eisenhüttenbetrieb daselbst,
der namentlich zur Zeit der Römerherrschaft blühte, haben wir
bereits im ersten Bande berichtet 2). Es scheint, daſs sich der alte
Betrieb in dem geschützten Thale ohne groſse Störungen und deshalb
auch ohne groſse Veränderungen durch viele Jahrhunderte erhalten
hat. Die Stücköfen, die hier gewöhnlich als Wolföfen bezeichnet
wurden, hatten ein viereckiges Rauhgemäuer von 8 Fuſs Seiten-
länge und 11 Fuſs Höhe, vom „Wolfbett“ bis zum „Einsturz“, d. h.
vom Boden bis zur Gicht, und waren aus gewöhnlichen Kalksteinen
aufgeführt. Das inwendige Futter wurde aus einem glimmerartigen
Sandsteine und schwarzem Thon hergestellt. Dieser Sandstein war
sehr feuerbeständig, ein wahrer „saxum fornaceum“. Das Innere des
Ofens hatte kreisförmigen Querschnitt, zwei Fuſs Durchmesser das
Wolfbett und einen Fuſs der Einsturz, in der Mitte aber war der
Ofen weiter. In dem Rauhmauerwerk befanden sich zwei halbmond-
förmige Gewölbe von zwei bis drei Fuſs Höhe, das eine führte zur
Ofenbrust, das andere zum Schlackenabstich. Die Öffnung für die
Brust war die wichtigste, denn diese war zugleich auch die Formseite.
Hier lagen die Bälge, welche den Wind in den Ofen trieben, und hier
wurde der Wolf ausgebrochen, wenn die Schmelzung beendet war.
Sie hatte zwei Fuſs im Quadrat. Die Blasebälge lagen auf Walzen,
um sie leicht zurückschieben zu können, wenn der Ofen aufgemacht
wurde. Die Brust wurde nur mit Thon zugemacht; die Form war
ein einfaches rundes Loch, welches mit einem hölzernen Keil durch
denselben gestoſsen wurde. Die Ofenwand des andern Gewölbes war
dagegen mit Ziegeln vermauert, so daſs in der Mitte nur ein Schlitz
blieb von vier bis sechs Zoll Breite und zwei Fuſs Höhe. Dieser
wurde ebenfalls mit Thon zugemacht und bildete das Abstichloch für
die Schlacken, das leicht hoch oder niedrig geöffnet werden konnte.

1) Siehe Oryctographia Carniolica oder Physikalische Erdbeschreibung des
Herzogtums Krain, Istrien und zum Teil der benachbarten Länder. Leipzig 1778,
Bd. I, S. 20.
2) Siehe Bd. I, S. 507.
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[166/0186] Stücköfen. lichen Verhältnisse dieser Eisenhütten und Hämmer in Kärnten und Krain werden wir später zurückkommen. Ähnlich waren die Stücköfen in Ungarn, welche sich als „Slo- wakenöfen“ bis in die zweite Hälfte unseres Jahrhunderts in Ungarn erhalten haben. Zu dieser Art gehörten auch die Stücköfen, welche um das Jahr 1770 noch in der Wochein in Krain in Anwendung waren. Da dieselben im Betriebe einige Absonderlichkeiten zeigen, wollen wir sie hier kurz beschreiben 1). Über die Wochein und den uralten Eisenhüttenbetrieb daselbst, der namentlich zur Zeit der Römerherrschaft blühte, haben wir bereits im ersten Bande berichtet 2). Es scheint, daſs sich der alte Betrieb in dem geschützten Thale ohne groſse Störungen und deshalb auch ohne groſse Veränderungen durch viele Jahrhunderte erhalten hat. Die Stücköfen, die hier gewöhnlich als Wolföfen bezeichnet wurden, hatten ein viereckiges Rauhgemäuer von 8 Fuſs Seiten- länge und 11 Fuſs Höhe, vom „Wolfbett“ bis zum „Einsturz“, d. h. vom Boden bis zur Gicht, und waren aus gewöhnlichen Kalksteinen aufgeführt. Das inwendige Futter wurde aus einem glimmerartigen Sandsteine und schwarzem Thon hergestellt. Dieser Sandstein war sehr feuerbeständig, ein wahrer „saxum fornaceum“. Das Innere des Ofens hatte kreisförmigen Querschnitt, zwei Fuſs Durchmesser das Wolfbett und einen Fuſs der Einsturz, in der Mitte aber war der Ofen weiter. In dem Rauhmauerwerk befanden sich zwei halbmond- förmige Gewölbe von zwei bis drei Fuſs Höhe, das eine führte zur Ofenbrust, das andere zum Schlackenabstich. Die Öffnung für die Brust war die wichtigste, denn diese war zugleich auch die Formseite. Hier lagen die Bälge, welche den Wind in den Ofen trieben, und hier wurde der Wolf ausgebrochen, wenn die Schmelzung beendet war. Sie hatte zwei Fuſs im Quadrat. Die Blasebälge lagen auf Walzen, um sie leicht zurückschieben zu können, wenn der Ofen aufgemacht wurde. Die Brust wurde nur mit Thon zugemacht; die Form war ein einfaches rundes Loch, welches mit einem hölzernen Keil durch denselben gestoſsen wurde. Die Ofenwand des andern Gewölbes war dagegen mit Ziegeln vermauert, so daſs in der Mitte nur ein Schlitz blieb von vier bis sechs Zoll Breite und zwei Fuſs Höhe. Dieser wurde ebenfalls mit Thon zugemacht und bildete das Abstichloch für die Schlacken, das leicht hoch oder niedrig geöffnet werden konnte. 1) Siehe Oryctographia Carniolica oder Physikalische Erdbeschreibung des Herzogtums Krain, Istrien und zum Teil der benachbarten Länder. Leipzig 1778, Bd. I, S. 20. 2) Siehe Bd. I, S. 507.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/186>, abgerufen am 21.11.2024.