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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Stücköfen.
der Schmelzung jedesmal ausgebrochen wurde, auch geblasen wurde.
Die Ursache hierfür lag an der Stellung der Öfen zu den Wasserrädern.
Man hatte bei diesen Stückhütten nur ein Wasserrad, welches die Bälge
in Bewegung setzte, dagegen kein zweites, wie in den Deutschhämmern,
um einen Hammer zu treiben, da ein solcher überhaupt nicht vor-
handen war. Die Bälge mussten bei jedem Aufbrechen abgehoben
und auf die Seite gerückt werden, damit sie beim Ausziehen der
Luppe durch die Glut nicht verbrannten. Das Ausziehen der schweren
Luppe konnte nicht, wie bei den kleineren Öfen, mit Haken geschehen,
sondern geschah durch ein Ziehwerk mittels einer schweren Zange,
die an einer Kette befestigt war. Diese Kette wurde ebenfalls von
der Wasserradwelle in Bewegung gesetzt. Das 13 bis 14 Zentner
schwere Stück konnte deshalb auch nicht, wie da, wo man sich eines
Wasserhammers bediente, in eine Anzahl von Luppenstücken, wie sie
zum Ausheizen und Verschmieden geschickt waren, zerteilt werden,
sondern zwei Arbeiter hieben sie erst mit Beilen bis auf die Hälfte
ein und teilten sie dann mit schweren Hämmern und Keilen völlig
in zwei Stücke (Halbmassen), von denen ein jedes also sechs bis sieben
Zentner wog und die so auf die Hammerwerke bei St. Gallen ge-
fahren wurden.

Swedenborg beschreibt den Betrieb der Stücköfen zu Vordern-
berg
, wie er sie um das Jahr 1710 gesehen hatte, von denen ihm
aber erzählt wurde, dass dieselben schon seit 800 Jahren im Gebrauch
seien 1). Es waren damals 16 solcher Öfen vorhanden, die alle einer
dicht neben dem andern an dem reissenden Fluss im Vordernberger
Thale gelegen waren. Ein jeder war mit einem Dach überbaut und
hatte sein besonderes Rösthaus.

"Die Höhe eines Ofens betrug 14 Fuss, der Durchmesser des
oberen Hohlraumes dicht über der Form (der Kohlensack) 4 Fuss, am
Boden aber 2 Fuss. Das Innere des Hohlraumes wurde auf das sorg-
fältigste mit Lehm ausgefugt und bestrichen.

Wenn das Erz geröstet werden sollte, so wurde zuerst eine Lage
von Kohlen und hierauf eine von Erz 1/2 Fuss dick ausgebreitet, hierauf
wieder eine Lage von Kohlen und darüber Erz und so in dreifacher
Folge; zuletzt wurde der Rest des erforderlichen Erzes in der Form
eines Scheiterhaufens aufgeschichtet; diese Rösthaufen hiessen Grametl.
Hierauf wurde Feuer untergelegt, welches drei Wochen erhalten
wurde, damit das Erz durch die langandauernde Röstung leichter zu

1) Siehe Swedenborgius, De ferro, p. 177 (§. XIX).

Stücköfen.
der Schmelzung jedesmal ausgebrochen wurde, auch geblasen wurde.
Die Ursache hierfür lag an der Stellung der Öfen zu den Wasserrädern.
Man hatte bei diesen Stückhütten nur ein Wasserrad, welches die Bälge
in Bewegung setzte, dagegen kein zweites, wie in den Deutschhämmern,
um einen Hammer zu treiben, da ein solcher überhaupt nicht vor-
handen war. Die Bälge muſsten bei jedem Aufbrechen abgehoben
und auf die Seite gerückt werden, damit sie beim Ausziehen der
Luppe durch die Glut nicht verbrannten. Das Ausziehen der schweren
Luppe konnte nicht, wie bei den kleineren Öfen, mit Haken geschehen,
sondern geschah durch ein Ziehwerk mittels einer schweren Zange,
die an einer Kette befestigt war. Diese Kette wurde ebenfalls von
der Wasserradwelle in Bewegung gesetzt. Das 13 bis 14 Zentner
schwere Stück konnte deshalb auch nicht, wie da, wo man sich eines
Wasserhammers bediente, in eine Anzahl von Luppenstücken, wie sie
zum Ausheizen und Verschmieden geschickt waren, zerteilt werden,
sondern zwei Arbeiter hieben sie erst mit Beilen bis auf die Hälfte
ein und teilten sie dann mit schweren Hämmern und Keilen völlig
in zwei Stücke (Halbmassen), von denen ein jedes also sechs bis sieben
Zentner wog und die so auf die Hammerwerke bei St. Gallen ge-
fahren wurden.

Swedenborg beschreibt den Betrieb der Stücköfen zu Vordern-
berg
, wie er sie um das Jahr 1710 gesehen hatte, von denen ihm
aber erzählt wurde, daſs dieselben schon seit 800 Jahren im Gebrauch
seien 1). Es waren damals 16 solcher Öfen vorhanden, die alle einer
dicht neben dem andern an dem reiſsenden Fluſs im Vordernberger
Thale gelegen waren. Ein jeder war mit einem Dach überbaut und
hatte sein besonderes Rösthaus.

„Die Höhe eines Ofens betrug 14 Fuſs, der Durchmesser des
oberen Hohlraumes dicht über der Form (der Kohlensack) 4 Fuſs, am
Boden aber 2 Fuſs. Das Innere des Hohlraumes wurde auf das sorg-
fältigste mit Lehm ausgefugt und bestrichen.

Wenn das Erz geröstet werden sollte, so wurde zuerst eine Lage
von Kohlen und hierauf eine von Erz ½ Fuſs dick ausgebreitet, hierauf
wieder eine Lage von Kohlen und darüber Erz und so in dreifacher
Folge; zuletzt wurde der Rest des erforderlichen Erzes in der Form
eines Scheiterhaufens aufgeschichtet; diese Rösthaufen hieſsen Grametl.
Hierauf wurde Feuer untergelegt, welches drei Wochen erhalten
wurde, damit das Erz durch die langandauernde Röstung leichter zu

1) Siehe Swedenborgius, De ferro, p. 177 (§. XIX).
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[169/0189] Stücköfen. der Schmelzung jedesmal ausgebrochen wurde, auch geblasen wurde. Die Ursache hierfür lag an der Stellung der Öfen zu den Wasserrädern. Man hatte bei diesen Stückhütten nur ein Wasserrad, welches die Bälge in Bewegung setzte, dagegen kein zweites, wie in den Deutschhämmern, um einen Hammer zu treiben, da ein solcher überhaupt nicht vor- handen war. Die Bälge muſsten bei jedem Aufbrechen abgehoben und auf die Seite gerückt werden, damit sie beim Ausziehen der Luppe durch die Glut nicht verbrannten. Das Ausziehen der schweren Luppe konnte nicht, wie bei den kleineren Öfen, mit Haken geschehen, sondern geschah durch ein Ziehwerk mittels einer schweren Zange, die an einer Kette befestigt war. Diese Kette wurde ebenfalls von der Wasserradwelle in Bewegung gesetzt. Das 13 bis 14 Zentner schwere Stück konnte deshalb auch nicht, wie da, wo man sich eines Wasserhammers bediente, in eine Anzahl von Luppenstücken, wie sie zum Ausheizen und Verschmieden geschickt waren, zerteilt werden, sondern zwei Arbeiter hieben sie erst mit Beilen bis auf die Hälfte ein und teilten sie dann mit schweren Hämmern und Keilen völlig in zwei Stücke (Halbmassen), von denen ein jedes also sechs bis sieben Zentner wog und die so auf die Hammerwerke bei St. Gallen ge- fahren wurden. Swedenborg beschreibt den Betrieb der Stücköfen zu Vordern- berg, wie er sie um das Jahr 1710 gesehen hatte, von denen ihm aber erzählt wurde, daſs dieselben schon seit 800 Jahren im Gebrauch seien 1). Es waren damals 16 solcher Öfen vorhanden, die alle einer dicht neben dem andern an dem reiſsenden Fluſs im Vordernberger Thale gelegen waren. Ein jeder war mit einem Dach überbaut und hatte sein besonderes Rösthaus. „Die Höhe eines Ofens betrug 14 Fuſs, der Durchmesser des oberen Hohlraumes dicht über der Form (der Kohlensack) 4 Fuſs, am Boden aber 2 Fuſs. Das Innere des Hohlraumes wurde auf das sorg- fältigste mit Lehm ausgefugt und bestrichen. Wenn das Erz geröstet werden sollte, so wurde zuerst eine Lage von Kohlen und hierauf eine von Erz ½ Fuſs dick ausgebreitet, hierauf wieder eine Lage von Kohlen und darüber Erz und so in dreifacher Folge; zuletzt wurde der Rest des erforderlichen Erzes in der Form eines Scheiterhaufens aufgeschichtet; diese Rösthaufen hieſsen Grametl. Hierauf wurde Feuer untergelegt, welches drei Wochen erhalten wurde, damit das Erz durch die langandauernde Röstung leichter zu 1) Siehe Swedenborgius, De ferro, p. 177 (§. XIX).

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/189>, abgerufen am 21.11.2024.